24. Dez 2021
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Gesundheit
Journalist: Kirsten Schwieger
Symptome, Ursachen, Krankeitsverlauf und Behandlungsmöglichkeiten des Lipödem. Plus: Warum Gewichtsreduktion eine gewichtige Rolle spielt.
Voluminöse Oberschenkel und Po bei schlanker Taille und Füßen können ein erster Hinweis auf eine krankhafte Fettverteilungsstörung sein. Wenn die „Fettpolster“ zudem schmerzen und weder durch Diäten noch Sport verschwinden, dann lautet die Diagnose mittlerweile immer häufiger Lipödem. Rund 3,8 Millionen Menschen leiden deutschlandweit unter krankhaft vermehrtem Unterhautfettgewebe, und zwar ausschließlich Frauen. Wobei Experten von einer viel höheren Dunkelziffer ausgehen, da viele Betroffene nicht zum Arzt gehen. Zudem erkennt auch nicht jeder Mediziner zweifelsfrei ein Lipödem. Oft wird das Krankheitsbild aufgrund des ähnlichen Beschwerdebildes auch mit Adipositas (Fettleibigkeit) verwechselt. Tatsächlich hat auch jede zweite Betroffene einen Body Mass Index über 30, die offizielle Definition für adipös.
Meist im Rahmen der Pubertät oder einer Schwangerschaft, manchmal aber auch erst in den Wechseljahren oder nach einem traumatischen Erlebnis. Oft, aber nicht zwingend, wird eine familiäre Häufung des Lipödems festgestellt, weswegen genetische und hormonelle Ursachen vermutet werden. Eindeutig bewiesen sind die ursächlichen Zusammenhänge der chronischen Funktionsstörung allerdings bis heute nicht. Interessanterweise ist das Lipödem unter Asiatinnen so gut wie unbekannt.
Um einer Verschlimmerung entgegenzuwirken, ist es elementar, sein Gewicht zu reduzieren beziehungsweise zu halten. Denn unbehandelt schreitet die Krankheit immer weiter fort und durchläuft dabei drei verschiedene Stadien. Im fort-geschrittenen Stadium entstehen zusätzlich Wassereinlagerungen (Ödeme), die das Lymphgefäßsystem schädigen und zu einem Lipo-Lymphödem führen können. In diesem Stadium III verhärtet sich das Gewebe und es entstehen Fettwülste (Wammen), die das Gehen stark behindern. Schmerzhaft ist das Lipödem aber in jedem Stadium. Hitze verschlimmert die Beschwerden, genauso wie langes Stehen und Flugreisen.
Da die Ursache des Lipödems nicht bekannt ist, kann es auch nicht ursächlich behandelt und damit nicht wirklich geheilt werden. Die Krankheit ist also chronisch, lässt sich in ihrem Verlauf jedoch abmildern. Um Schmerzen zu lindern und eine Fortschreitung aufzuhalten, kommt hierzulande am häufigsten die konservative Therapie in Form von Physiotherapie zum Einsatz. Zuständige Fachärzte für Diagnose und Therapie-Verordnungen sind Hautärzte, Venenfachärzte (Phlebologen) oder Lymphfachärzte (Lymphologen). Manuelle Lymphdrainage und maßangefertigte Kompressionsstrümpfe werden in einem gewissen Umfang von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.
All diese Maßnahmen können das krankhaft vermehrte Fettgewebe jedoch nicht wirklich reduzieren. Das schafft nur eine operative Fettabsaugung (Liposuktion). In schweren Fällen, also im Stadium III, übernehmen die Krankenkassen seit An-fang 2020 die Kosten des Eingriffs. Bei Patientinnen, die an einem Lipödem im Stadium I oder II leiden, wird eine Fettabsaugung nur in Ausnahmefällen bewilligt. Dabei haben verschiedene Studien gezeigt, dass der Eingriff die Symptome des Lipödems deutlich bessert, bis hin zur Beschwerdefreiheit – und das meist für viele Jahre.