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11. Sep 2024

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Wirtschaft

Mehr Biodiversität im Ackerbau

Journalist: Julia Butz

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Foto: Palle Knudsen/unsplash

Eine der Grundlagen für das Funktionieren unseres Ökosystems ist Biodiversität. Wie aber kann die Artenvielfalt im Ackerbau gefördert werden?

Nach Bericht des Weltbiodiversitätsrates* verschlechtert sich der Zustand der Natur dramatisch. Bis zu eine Million Arten sind vom Aussterben bedroht, viele davon bereits in den nächsten Jahrzehnten. Infolgedessen führt die zunehmende Schädigung wertvoller Ökosysteme zum Verlust von Gütern, Leistungen und Werten für den Menschen. Eine hohe Artenvielfalt trägt dazu bei, Ökosysteme widerstandsfähiger gegen Umweltveränderungen zu machen. Gerade in intensiv bewirtschafteten Agrarlandschaften aber ist der Anteil an naturnahen Lebensräumen gering, immer größere Äcker und großflächigere Monokulturen verringern die biologische Vielfalt. Demnach ist die Art der Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Betriebe wesentlich für Erhalt und Förderung von Artenvielfalt.

Ein Ansatz für die Förderung von Biodiversität kann die Umstellung von Monokulturen auf viele kleinere Ackerflächen sein, um dort einem Mosaik ähnlich mehrere unterschiedliche Kulturarten anzubauen. Die Schaffung von Blühstreifen oder -flächen, die z. B. zwischen Waldrand und Acker angelegt werden und auf denen einheimische Wildblumen und Gräser wachsen, können zum Lebensraum für eine Vielzahl unterschiedlicher Pflanzenarten werden und einzelne Biotope miteinander verbinden. Die Pflanzen bieten Nahrung und Rückzugsraum für Insekten und andere Tiere und können dazu beitragen, die Bodenqualität zu verbessern. Auch die Förderung einer abwechslungsreichen Fruchtfolge und das Anpflanzen von Zwischenfrüchten helfen, den Nährstoffgehalts des Bodens zu verbessern, Schädlinge zu reduzieren und die Artenvielfalt zu erhöhen.

Hingegen wirkt sich ein zu hoher Einsatz von Energiepflanzen wie Mais, Raps oder Soja, z. B. für die Herstellung von Biokraftstoffen negativ auf Biodiversität aus. Denn für den Anbau von Energiepflanzen werden in der Regel große Flächen benötigt, was den Lebensraum für andere Nutzpflanzen und Wildtiere weiter verringert. Anstatt auf den großflächigen Anbau von Pflanzen zur Energieerzeugung zu setzen, können weniger landintensive Energiequellen wie Solar- und Windenergie oder der Einsatz von Biokraftstoffen, die aus Abfällen oder Reststoffen hergestellt werden, gefördert werden.

Auch Smart Farming unterstützt den Erhalt von Biodiversität, indem über den Einsatz modernster Technologien und Datenerfassung die Effizienz, Nachhaltigkeit und Produktivität verbessert werden. Die dabei in der sogenannten Präzisionslandwirtschaft eingesetzten Sensoren messen Feuchtigkeit, Nährstoffe und den pH-Wert präzise je Ackerfläche, um aufgrund der ermittelten Daten genau die Menge an Dünger, Pestiziden oder Bewässerung zu verwenden, die tatsächlich benötigt wird, um maximale Erträge zu erzielen. Die moderne Landtechnik sorgt dafür, dass sich auch die Düsen jeder Feldspritze einzeln steuern lassen, die jeweilige Feldbeschaffenheit berücksichtigt und Überspritzungen vermieden werden. Energie- und Wasserverbrauch, Düngemittel und Chemieeinsatz werden so gezielter und effizient eingesetzt, das Risiko von Überdüngung, Verschmutzung von Böden und Gewässern in der Folge reduziert und gleichzeitig Biodiversität gefördert.
* „Globalen Zustandsbericht zur Biodiversität“ Mai 2019 des Weltbiodiversitätsrat (IPBES).

Als Biodiversität bezeichnet die UN alle lebenden Organismen auf dem Land, im Wasser und in der Luft. In Deutschland gelten knapp ein Drittel aller Tier- und Pflanzenarten als gefährdet, darunter um 200 Blütenarten. Die Anzahl an Fluginsekten ist innerhalb von 30 Jahren um über 75 % zurückgegangen.

4. Jul 2025

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Wirtschaft

Chancen für die Zukunft der Versorgung – mit Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus & Dr. Johannes Danckert

![Dr_Johannes_Danckert_Copyright_Kevin_Kuka_Vivantes_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Dr_Johannes_Danckert_Copyright_Kevin_Kuka_Vivantes_online_6e3b6d01f5.jpg) ``` Dr. Johannes Danckert, Vorsitzender der Geschäftsführung, Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH ``` **Dr. Johannes Danckert, Vorsitzender der Geschäftsführung, Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH** Digitalisierung kann die Patientenversorgung schneller, besser und sicherer machen. Immer öfter werden dabei auch die traditionellen Grenzen zwischen ambulanten und stationären Bereichen sowie einzelnen Versorgungseinrichtungen abgebaut. So kann die ‚Patient Journey‘, also der gesamte Behandlungsweg eines Patienten von Diagnose bis Nachsorge, zu einer vernetzten Gesundheitsregion verbunden werden. Trotz deutlicher digitaler Fortschritte haben deutsche Krankenhäuser allerdings weiterhin erheblichen Entwicklungsbedarf, bedingt vor allem durch kleinteilige Strukturen und unzureichende Finanzierung. Denn die Implementierung innovativer Lösungen setzt bereits einen hohen Digitalisierungsgrad voraus. Bei Vivantes wurden zentrale Prozesse wie die Patientenkurve, Medikation, Pflegeprozesssteuerung sowie Anforderungs- und Befundungsprozesse digitalisiert. Auch große Teile der Medizintechnik sind eingebunden. KI-gestützte Systeme helfen uns, Frakturen und Embolien schneller zu erkennen oder warnen vor Komplikationen wie Delir oder Nierenversagen. Künstliche Intelligenz unterstützt uns auch dabei, Patientendaten direkt aus dem Rettungswagen in das Klinik-Informationssystem (KIS) zu übertragen, sodass die Krankenakte bei Ankunft bereits angelegt ist. Eine von uns entwickelte, interoperable Datenplattform ermöglicht zudem den automatisierten Datenaustausch von inzwischen 15 Klinikträgern in der Region Berlin-Brandenburg. Damit entstehen telemedizinische Versorgungskonzepte weit über Berlin hinaus. ![prof.dr.dr.jurgendebus_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/prof_dr_dr_jurgendebus_online_d7f732ea04.jpg) ``` Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus, Vorstandsvorsitzender und Leitender Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Heidelberg ``` **Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus, Vorstandsvorsitzender und Leitender Ärztlicher Direktor Universitätsklinikum Heidelberg** Smarte Technologien und eine optimale Datennutzung verbessern den Klinikalltag und die Patientenversorgung. Das zukünftige Herzzentrum am Universitätsklinikum Heidelberg planen wir als Smart Hospital: Dort werden z. B. OPs gefilmt und das KI-System warnt automatisch bei Veränderungen des Patienten oder ungewöhnlichen Vorgängen. So werden Risiken früh erkannt und die Sicherheit erhöht. Dank verknüpfter Patientendaten und digitalem Terminmanagement läuft auch die Vorbereitung auf Eingriffe effizienter, da benötigte Ressourcen wie CT-Termine frühzeitig ersichtlich sind. Ein smartes Entlassmanagement stellt relevante Dokumente für den Patienten automatisch bereit und koordiniert Sozialdienst, Pflege und Medikamentenbedarf, sodass der Übergang in die weitere Versorgung optimal organisiert ist. In all diesen Algorithmen und Systemen steckt das gebündelte Wissen von Ärztinnen und Ärzten, Pflegepersonal und Forschenden. Die meisten KI-Anwendungen basieren auf maschinellen Lernmodellen, die mit Patientendaten trainiert werden, um Muster zu erkennen. Je größer der verfügbare Datensatz, desto exakter fallen Diagnosen und Prognosen aus – ein wichtiger Faktor angesichts des steigenden Versorgungsbedarfs bei gleichzeitig sinkender Zahl an Fachkräften. Smarte Technologien helfen, diese Lücke zu schließen und die Versorgung weiterhin auf hohem Niveau zu gewährleisten. Damit es nicht bei Insellösungen bleibt, treiben wir die übergreifende Datenintegration voran, ähnlich wie sie in der internationalen Forschung etabliert ist.

30. Jun 2025

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Wirtschaft

Krise als Chance: Wie KI und strategisches Supply Chain Management Europas Rolle stärken können – Ein Beitrag von Dr. Lars Kleeberg, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands für Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME)

Globale Lieferketten stehen unter massivem Druck. Handelskonflikte, Protektionismus und geopolitische Krisen haben die Weltwirtschaft grundlegend verändert – mit direkten Auswirkungen auf Produktion, Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit. Seit Trumps Zoll-Eskalationen ist klar: Lieferketten sind keine stille Infrastruktur im Hintergrund mehr – sie sind kritische Erfolgsfaktoren für Unternehmen und Volkswirtschaften. Just-in-time ist out, just-in-case-Konzepte sind jetzt notwendig. Es ist höchste Zeit, dass Deutschland und Europa ihre Abhängigkeiten hinterfragen und ihre Versorgungssicherheit neu denken. Politik und Wirtschaft sind gleichermaßen gefordert, die Schlüsselrolle von Einkauf, Logistik und Supply Chain Management strategisch anzuerkennen und aktiv zu stärken. Gerade Deutschland als Exportnation ist in besonderem Maße auf stabile, resiliente Lieferketten angewiesen. Steigende regulatorische Anforderungen wie CSRD, CSDDD, EUDR oder REACH verschärfen den Druck auf die Unternehmen zusätzlich: Einkauf, Supply Chain Management und Logistik müssen heute ökologische, soziale und wirtschaftliche Ziele gleichzeitig erfüllen – ein Spagat, der die Komplexität erheblich erhöht und insbesondere den Mittelstand herausfordert. In diesem Spannungsfeld wächst die Bedeutung von Künstlicher Intelligenz. Mithilfe von KI können Supply Chain-Manager Transparenz entlang globaler Lieferketten herstellen, Risiken frühzeitig erkennen, Compliance-Anforderungen effizienter erfüllen und Prozesse automatisieren. Doch trotz des enormen Potenzials sind KI- Anwendungen heute oft noch Pilotprojekte – gehemmt durch mangelnde Integration, rechtliche Unsicherheiten und zögerliche Entscheidungen in der Unternehmensführung. Es braucht deshalb eine klare Haltung in den Vorstandsetagen: Der strategische Einsatz von KI muss Chefsache werden. Nur, wer Technologie gezielt integriert und daraus neue Fähigkeiten entwickelt, sichert sich langfristige Wettbewerbsvorteile. Gleichzeitig müssen die politischen Entscheidungsträger in Berlin und Brüssel an einem Strang ziehen. Angesichts geopolitischer Spannungen, zunehmenden Protektionismus und wirtschaftlicher Entkopplung muss die EU mit einer Stimme zentrale Handelsabkommen und strategische Partnerschaften vorantreiben. Die neue Bundesregierung muss zügig die wirtschaftliche Resilienz unserer Unternehmen durch ein neues Außenwirtschaftsgesetz stärken und die versprochene Expertenkommission zur Risikoanalyse globaler Abhängigkeiten einsetzen. Europa kann gestärkt aus dieser Krise hervorgehen, wenn es gelingt, strategische Rohstoffe zu sichern, Handelsbeziehungen auf Augenhöhe auszubauen und ein level playing field – insbesondere im Verhältnis zu China – durchzusetzen. Ein strategischer Wandel ist unumgänglich. Insbesondere für Deutschland und Europa gilt: Versorgungssicherheit, Innovationsfähigkeit und wirtschaftliche Souveränität sind untrennbar mit robusten Lieferketten verbunden. Supply Chain Management, Einkauf und Logistik sind längst keine operativen Randfunktionen mehr – sie sind zentrale Erfolgsfaktoren in einer zunehmend fragmentierten Weltwirtschaft. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit Europas entscheidet sich nicht in der nächsten Krise – sie entscheidet sich jetzt. >Angesichts geopolitischer Spannungen, zunehmenden Protektionismus und wirtschaftlicher Entkopplung muss die EU mit einer Stimme zentrale Handelsabkommen und strategische Partnerschaften vorantreiben.