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23. Mär 2023

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Wirtschaft

Mehr Sicherheit in der Lieferkette

Journalist: Chan Sidki-Lundius

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Foto: Elevate/pexels

Die jüngste Vergangenheit hat gezeigt, wie vulnerabel Lieferketten sind und wie leicht Lieferengpässe entstehen können.

Die Corona-Pandemie und der russische Angriff auf die Ukraine haben auf die Lieferketten vieler Unternehmen erhebliche Auswirkungen. Vor allem die Lieferung von Produkten aus dem Ausland war und ist teilweise nicht mehr gewährleistet. Die Folge: Viele Betriebe haben noch immer mit leeren Regalen, Lieferschwierigkeiten und Produktionsausfällen zu kämpfen – teilweise sogar mit dem vollständigen Stillstand der Produktion. Umsatzverluste oder beendete Kundenbeziehungen belasten die Wirtschaft, querbeet durch nahezu alle Branchen.
Mittlerweile setzt sich in den Chefetagen betroffener Unternehmen immer mehr die Erkenntnis durch, dass das Business rund um die Lieferkette in Zukunft nicht mehr ohne die Investition in neue Technologien zur besseren Nutzung von Daten – von digitalen Zwillingen und Analysen bis zu Lieferketten-Kontrollinstanzen –auskommen wird. Der Cloud kommt dabei eine wichtige Bedeutung zu. Die teilweise drastischen Erfahrungen der letzten Monate führen zunehmend auch zu der Erkenntnis, dass es spätestens jetzt an der Zeit ist, zu diversifizieren. Zum Beispiel, indem man seinen Lieferantenpool ausbaut. Dies ermöglicht nicht nur eine bessere Vergleichbarkeit von Dienstleistungen und Preisen, sondern reduziert auch die Abhängigkeit von einzelnen Bezugsquellen. Darüber hinaus kann es Sinn machen, auf mehrere Produktionsstandorte zu setzen. Denn Krisen tauchen zumeist nicht zu denselben Zeiten an denselben Orten auf. Andererseits kann es auch hilfreich sein, die Produktion näher an den Ort des Konsums heranzuführen. Das verkürzt Lieferketten und spart Transportkosten. Und schließlich kann eine Optimierung der Lagerstrategie dabei helfen, sich gegen drohende Lieferengpässe abzusichern. Experten sind sich darin einig, dass die Lösung der Lieferkettenprobleme auch für die Wettbewerbsfähigkeit und das Wachstum Europas entscheidend sein wird. Gemäß der Accenture-Studie „From Disruption to Reinvention - The future of supply chain in Europe“ hängen bis zu 30 Prozent der gesamten Wertschöpfung in der Eurozone von funktionierenden grenzüberschreitenden Lieferketten ab, ob zur Materialbeschaffung oder als Zielort für die Produktion. Die Studie legt nahe, dass Lieferketten neu erfunden werden müssen, um einem Paradigmenwechsel gerecht zu werden. Entsprechend formuliert die Studie drei Schlüsselbereiche: Widerstandsfähigkeit, Relevanz und Nachhaltigkeit. So sollten Lieferketten in der Lage sein, Störungen zu absorbieren, sich an diese anzupassen und sich von ihnen zu erholen, wann und wo immer Störungen auftreten. Relevanz beschreibt die Tatsache, dass Lieferketten kundenorientiert und flexibel sein müssen, damit sie sich schnell und kosteneffizient an Veränderungen der Nachfrage anpassen können. Neue Datensätze, einschließlich Echtzeitdaten, innerhalb und außerhalb des Unternehmens über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg zu erfassen, wird dabei entscheidend sein. Und schließlich sollten moderne Lieferketten auch die Nachhaltigkeitsziele von Unternehmen unterstützen, im besten sogar sogar deren Erreichung beschleunigen. Das kommt uns und unserem Planeten dann ebenfalls zugute!

4. Jul 2025

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Wirtschaft

Chancen für die Zukunft der Versorgung – mit Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus & Dr. Johannes Danckert

![Dr_Johannes_Danckert_Copyright_Kevin_Kuka_Vivantes_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Dr_Johannes_Danckert_Copyright_Kevin_Kuka_Vivantes_online_6e3b6d01f5.jpg) ``` Dr. Johannes Danckert, Vorsitzender der Geschäftsführung, Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH ``` **Dr. Johannes Danckert, Vorsitzender der Geschäftsführung, Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH** Digitalisierung kann die Patientenversorgung schneller, besser und sicherer machen. Immer öfter werden dabei auch die traditionellen Grenzen zwischen ambulanten und stationären Bereichen sowie einzelnen Versorgungseinrichtungen abgebaut. So kann die ‚Patient Journey‘, also der gesamte Behandlungsweg eines Patienten von Diagnose bis Nachsorge, zu einer vernetzten Gesundheitsregion verbunden werden. Trotz deutlicher digitaler Fortschritte haben deutsche Krankenhäuser allerdings weiterhin erheblichen Entwicklungsbedarf, bedingt vor allem durch kleinteilige Strukturen und unzureichende Finanzierung. Denn die Implementierung innovativer Lösungen setzt bereits einen hohen Digitalisierungsgrad voraus. Bei Vivantes wurden zentrale Prozesse wie die Patientenkurve, Medikation, Pflegeprozesssteuerung sowie Anforderungs- und Befundungsprozesse digitalisiert. Auch große Teile der Medizintechnik sind eingebunden. KI-gestützte Systeme helfen uns, Frakturen und Embolien schneller zu erkennen oder warnen vor Komplikationen wie Delir oder Nierenversagen. Künstliche Intelligenz unterstützt uns auch dabei, Patientendaten direkt aus dem Rettungswagen in das Klinik-Informationssystem (KIS) zu übertragen, sodass die Krankenakte bei Ankunft bereits angelegt ist. Eine von uns entwickelte, interoperable Datenplattform ermöglicht zudem den automatisierten Datenaustausch von inzwischen 15 Klinikträgern in der Region Berlin-Brandenburg. Damit entstehen telemedizinische Versorgungskonzepte weit über Berlin hinaus. ![prof.dr.dr.jurgendebus_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/prof_dr_dr_jurgendebus_online_d7f732ea04.jpg) ``` Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus, Vorstandsvorsitzender und Leitender Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Heidelberg ``` **Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus, Vorstandsvorsitzender und Leitender Ärztlicher Direktor Universitätsklinikum Heidelberg** Smarte Technologien und eine optimale Datennutzung verbessern den Klinikalltag und die Patientenversorgung. Das zukünftige Herzzentrum am Universitätsklinikum Heidelberg planen wir als Smart Hospital: Dort werden z. B. OPs gefilmt und das KI-System warnt automatisch bei Veränderungen des Patienten oder ungewöhnlichen Vorgängen. So werden Risiken früh erkannt und die Sicherheit erhöht. Dank verknüpfter Patientendaten und digitalem Terminmanagement läuft auch die Vorbereitung auf Eingriffe effizienter, da benötigte Ressourcen wie CT-Termine frühzeitig ersichtlich sind. Ein smartes Entlassmanagement stellt relevante Dokumente für den Patienten automatisch bereit und koordiniert Sozialdienst, Pflege und Medikamentenbedarf, sodass der Übergang in die weitere Versorgung optimal organisiert ist. In all diesen Algorithmen und Systemen steckt das gebündelte Wissen von Ärztinnen und Ärzten, Pflegepersonal und Forschenden. Die meisten KI-Anwendungen basieren auf maschinellen Lernmodellen, die mit Patientendaten trainiert werden, um Muster zu erkennen. Je größer der verfügbare Datensatz, desto exakter fallen Diagnosen und Prognosen aus – ein wichtiger Faktor angesichts des steigenden Versorgungsbedarfs bei gleichzeitig sinkender Zahl an Fachkräften. Smarte Technologien helfen, diese Lücke zu schließen und die Versorgung weiterhin auf hohem Niveau zu gewährleisten. Damit es nicht bei Insellösungen bleibt, treiben wir die übergreifende Datenintegration voran, ähnlich wie sie in der internationalen Forschung etabliert ist.

30. Jun 2025

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Wirtschaft

Krise als Chance: Wie KI und strategisches Supply Chain Management Europas Rolle stärken können – Ein Beitrag von Dr. Lars Kleeberg, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands für Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME)

Globale Lieferketten stehen unter massivem Druck. Handelskonflikte, Protektionismus und geopolitische Krisen haben die Weltwirtschaft grundlegend verändert – mit direkten Auswirkungen auf Produktion, Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit. Seit Trumps Zoll-Eskalationen ist klar: Lieferketten sind keine stille Infrastruktur im Hintergrund mehr – sie sind kritische Erfolgsfaktoren für Unternehmen und Volkswirtschaften. Just-in-time ist out, just-in-case-Konzepte sind jetzt notwendig. Es ist höchste Zeit, dass Deutschland und Europa ihre Abhängigkeiten hinterfragen und ihre Versorgungssicherheit neu denken. Politik und Wirtschaft sind gleichermaßen gefordert, die Schlüsselrolle von Einkauf, Logistik und Supply Chain Management strategisch anzuerkennen und aktiv zu stärken. Gerade Deutschland als Exportnation ist in besonderem Maße auf stabile, resiliente Lieferketten angewiesen. Steigende regulatorische Anforderungen wie CSRD, CSDDD, EUDR oder REACH verschärfen den Druck auf die Unternehmen zusätzlich: Einkauf, Supply Chain Management und Logistik müssen heute ökologische, soziale und wirtschaftliche Ziele gleichzeitig erfüllen – ein Spagat, der die Komplexität erheblich erhöht und insbesondere den Mittelstand herausfordert. In diesem Spannungsfeld wächst die Bedeutung von Künstlicher Intelligenz. Mithilfe von KI können Supply Chain-Manager Transparenz entlang globaler Lieferketten herstellen, Risiken frühzeitig erkennen, Compliance-Anforderungen effizienter erfüllen und Prozesse automatisieren. Doch trotz des enormen Potenzials sind KI- Anwendungen heute oft noch Pilotprojekte – gehemmt durch mangelnde Integration, rechtliche Unsicherheiten und zögerliche Entscheidungen in der Unternehmensführung. Es braucht deshalb eine klare Haltung in den Vorstandsetagen: Der strategische Einsatz von KI muss Chefsache werden. Nur, wer Technologie gezielt integriert und daraus neue Fähigkeiten entwickelt, sichert sich langfristige Wettbewerbsvorteile. Gleichzeitig müssen die politischen Entscheidungsträger in Berlin und Brüssel an einem Strang ziehen. Angesichts geopolitischer Spannungen, zunehmenden Protektionismus und wirtschaftlicher Entkopplung muss die EU mit einer Stimme zentrale Handelsabkommen und strategische Partnerschaften vorantreiben. Die neue Bundesregierung muss zügig die wirtschaftliche Resilienz unserer Unternehmen durch ein neues Außenwirtschaftsgesetz stärken und die versprochene Expertenkommission zur Risikoanalyse globaler Abhängigkeiten einsetzen. Europa kann gestärkt aus dieser Krise hervorgehen, wenn es gelingt, strategische Rohstoffe zu sichern, Handelsbeziehungen auf Augenhöhe auszubauen und ein level playing field – insbesondere im Verhältnis zu China – durchzusetzen. Ein strategischer Wandel ist unumgänglich. Insbesondere für Deutschland und Europa gilt: Versorgungssicherheit, Innovationsfähigkeit und wirtschaftliche Souveränität sind untrennbar mit robusten Lieferketten verbunden. Supply Chain Management, Einkauf und Logistik sind längst keine operativen Randfunktionen mehr – sie sind zentrale Erfolgsfaktoren in einer zunehmend fragmentierten Weltwirtschaft. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit Europas entscheidet sich nicht in der nächsten Krise – sie entscheidet sich jetzt. >Angesichts geopolitischer Spannungen, zunehmenden Protektionismus und wirtschaftlicher Entkopplung muss die EU mit einer Stimme zentrale Handelsabkommen und strategische Partnerschaften vorantreiben.