29. Mär 2022
|
Wirtschaft
Journalist: Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes
|
Foto: DBV/Breloer
Unsere Landwirtinnen und Landwirte erzeugen nicht nur gesunde und sichere Lebensmittel, sie engagieren sich gleichzeitig stark im Umwelt-, Klima- und Artenschutz. Aber unsere Bauernfamilien sind noch lange nicht am Ziel: Sie wollen noch mehr Tierwohl in die Ställe bringen und noch umweltverträglicher und ressourcenschonender wirtschaften. Der Klimawandel ist für uns Bauern zunehmend spürbar und wird in den kommenden Jahren die wohl größte Herausforderung für die Landwirtschaft sein. Vegetationsperioden sind länger geworden und Extremwetterereignisse nehmen zu. Für die brennenden Fragen des Klimawandels brauchen wir Lösungen – die Landwirtschaft ist Teil der Lösung.
Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes
In der Praxis setzen unsere Landwirtinnen und Landwirte bereits auf vielfältige Fruchtfolgen und Zwischenfrüchte, schonende Bodenbearbeitung und wassersparende Anbauverfahren. So wirtschaften sie schon jetzt effizienter – und damit klimafreundlicher und nachhaltiger. Auch „Carbon-Farming“, die Speicherung von CO2 durch gezielten Humusaufbau in Böden, nimmt für unsere Bauern an Bedeutung zu. Den Ausbau von Wind- und Solarenergie treiben Landwirte seit Jahren voran. Und insbesondere mit Biogasanlagen tragen sie zu einer stabilen Stromversorgung bei. Wir als Deutscher Bauernverband wollen hier weiter voran gehen und mit einer neuen Klimastrategie 3.0 noch ambitioniertere Maßstäbe und Klimaschutzziele setzen.
Ein weiterer Schlüssel hin zu mehr Nachhaltigkeit ist die Digitalisierung. Landwirte sind hier bereits Vorreiter. Auf vielen Betrieben gehören Hightech-Applikationen auf dem Feld, im Stall und im Management zum Alltag. Mit GPS-gesteuerten, teilweise autonom fahrenden Landmaschinen werden Pflanzenschutz- und Düngemittel präzise dort ausgebracht, wo sie benötigt werden. Drohnen und Datenmanagementsysteme helfen, Ernteverfahren zu optimieren und Erträge zu steigern. In den Ställen unterstützen moderne Sensortechniken dabei, die Tiergesundheit zu überwachen und das Tierwohl kontinuierlich zu verbessern.
Aber es bedarf weiterer praxisorientierter Lösungen, wenn wir trotz klimatischer Veränderungen unsere Ernährung sichern wollen. Hier ist neben wissenschaftlicher Begleitung vor allem die Politik gefragt. Wir brauchen resilientere Pflanzen – und Offenheit der Politik gegenüber modernen Züchtungsmethoden wie CRISPR/Cas. Auch muss die Politik verhindern, dass unsere nachhaltige heimische Erzeugung in Länder mit geringeren Standards verlagert wird. Dafür braucht es einen CO2-Grenzausgleichsmechanismus nicht nur für Industriegüter, sondern auch für Agrarerzeugnisse.
Unsere Bauernfamilien sind bereit, ihren Teil der Verantwortung zu übernehmen. Die junge Generation an top ausgebildeten und innovativen Landwirtinnen und Landwirten wird zeigen, wie Landwirtschaft noch nachhaltiger gestaltet und Ökonomie und Ökologie unter einen Hut gebracht werden kann. Doch dafür braucht sie wirtschaftliche Perspektiven: Planungssicherheit und Verlässlichkeit seitens der Politik, aber auch die Bereitschaft der Gesellschaft heimische, qualitativ hochwertige und nachhaltige Lebensmittel entsprechend zu bezahlen. Denn eines ist klar: Die Zukunft kann nur mit uns Landwirten gestaltet werden.