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10. Jul 2023

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Wirtschaft

Mit „Newcycling“ können wir auch komplexe Kunststoffverpackungen zu sortenreinen Rezyklaten verarbeiten

Journalist: Jakob Bratsch

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Foto: Presse

Susanne Küppers, Vorständin der APK AG, und Maik Pusch, Director Corporate Development der APK AG, erklären, wie die neue Technologie von APK funktioniert.

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Susanne Küppers, Vorständin APK AG.          Maik Pusch, Director Corporate Development APK AG

Wie gut funktioniert das Recyceln von Kunststoffen in Deutschland?
Susanne Küppers:
In Deutschland haben wir ein gut etabliertes Sammelsystem – auch für Kunststoffabfälle – das deutlich ausgebaut wurde; europaweit werden die vorgeschriebenen Recyclingquoten erhöht. In Deutschland werden mittlerweile mehr als 60 Prozent der gesammelten Kunststoffabfälle recycelt und in unterschiedlichsten Anwendungen in der Industrie wieder eingesetzt. Deren Nachfrage nach hochwertigen Rezyklaten ist inzwischen größer als das Angebot von Recyclern wie der APK.

„Problematisch sind Mehrschichtverpackungen und stark eingefärbte Kunststoffverpackungen, da die meisten herkömmlichen mechanischen Recyclingverfahren mit diesen Kunststoffen Schwierigkeiten haben.“

Verbundstoffe wie z.B. Mehrschichtverpackungen oder stark eingefärbte Kunststoffverpackungen fallen jedoch aus dem Kreislauf heraus…
Susanne Küppers:
Problematisch sind Mehrschichtverpackungen und stark eingefärbte Kunststoffverpackungen, da die meisten herkömmlichen mechanischen Recyclingverfahren mit diesen Kunststoffen Schwierigkeiten haben. Deshalb landen diese Verpackungen oft in der Müllverbrennung. Wir brauchen also neue und gleichzeitig nachhaltige Verfahren, um diese Kunststoffe wieder in den Kunststoffkreislauf zurückzuführen. Mit „Newcycling“ hat die APK AG einen innovativen Recyclingprozess für Kunststoffe entwickelt, um im industriellen Maßstab komplexe Kunststoffverpackungen aus dem Haushaltsmüll zu hochqualitativen, sortenreinen Rezyklaten zu verwerten. Sie werden dann wieder in gleichwertigen Anwendungen eingesetzt. Damit ermöglichen wir den Kreislauf von Produkt zu Produkt.

Was bedeutet „Newcycling“?
Maik Pusch:
Newcycling ist ein eigens von APK entwickelter, lösemittelbasierter Recyclingprozess. Nach mechanischen Voraufbereitungsschritten wird ein gewünschtes Zielpolymer mit Hilfe eines Lösemittels selektiv aus gemischten Kunststoffabfällen herausgelöst und von Fremdstoffen, Verunreinigungen und Farben gereinigt. Anschließend wird es zu Rezyklaten (Granulaten) regranuliert. Die durch diesen Prozess gewonnenen Rezyklate weisen einen deutlich höheren Reinheitsgrad gegenüber Produkten aus dem traditionellen mechanischen Recycling auf. Auch das Lösemittel wird wiederverwendet, indem es nach dem Gebrauch im Prozess gereinigt und im Kreislauf verbleibend wieder eingesetzt wird.

Wie funktioniert Ihr lösemittelbasiertes Recycling im Vergleich zu chemischen Recycling?
Maik Pusch:
Der Unterschied zwischen unserem lösemittelbasierten und dem chemischen Recycling besteht darin, dass wir beim lösemittelbasierten Recycling die Polymerketten nicht aufbrechen und diese somit nicht in Monomere oder andere chemische Einheiten zerlegt werden. Die Polymerketten bleiben als Ganzes erhalten, was zu energetischen Vorteilen gegenüber dem chemischen Recycling führt. 

Wie schätzen Sie die Zukunft dieser speziellen Kreislaufwirtschaft ein?
Susanne Küppers:
Bis Ende 2025 plant APK neben dem Werk Merseburg den Bau zweier weiterer Newcycling-Werke in Deutschland. Ziel ist es, der Industrie in signifikanter Menge die komplexen Kunststoffabfälle aus den privaten Haushalten als hochwertige und entfärbte Granulate zuzuliefern. Mit unserer Technologie und den daraus entstehenden Produkten können wir einen entscheidenden Beitrag leisten, um mittels einer echten Kreislaufwirtschaft Ressourcen und Umwelt zu schützen sowie Klimaziele zu erreichen.

23. Dez 2025

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Gesellschaft

Warum es so wichtig ist, konsequent nachhaltig zu bauen – Ein Beitrag von Dr. Christine Lemaitre, Geschäftsführender Vorstand DGNB e.V.

Nachhaltiges Bauen bedeutet weit mehr als energieeffiziente Gebäude oder den Einsatz ökologischer Materialien. Es beschreibt einen ganzheitlichen Ansatz, bei dem Gebäude über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg betrachtet werden: von der Planung über den Bau und die Nutzung bis hin zu Umbaumaßnahmen oder den Rückbau. Ziel ist es, Umweltbelastungen zu minimieren, Ressourcen zu schonen, Menschen gesunde und lebenswerte Räume zu bieten und gleichzeitig wirtschaftlich sinnvolle Lösungen zu schaffen. Stand heute ist der Bausektor nach wie vor für einen erheblichen Teil der globalen CO2-Emissionen, den Verbrauch natürlicher Ressourcen und den zunehmenden Verlust der Biodiversität verantwortlich. Gleichzeitig verbringen wir den Großteil unseres Lebens in geschlossenen Räumen, die unser Wohlbefinden stärken sollen, ohne dabei die Zukunft unseres Planeten zu gefährden. Zudem leben immer mehr Menschen in der Stadt. Der Bedarf an attraktiven und dazu noch klimaresilient gestalteten Freiräumen wächst. Nachhaltige Architektur bietet einen ganzheitlichen Ansatz, um die Klimakrise zu bekämpfen, soziale Gerechtigkeit zu fördern und langfristige wirtschaftliche Stabilität zu gewährleisten. Wie ein Perspektivwechsel in diese Richtung gelingen kann, zeigen wir noch bis zum 28. Januar 2026 mit der ersten DGNB Ausstellung „What If: A Change of Perspective“ in der Berliner Architekturgalerie Aedes. Die Ausstellung fordert Besucherinnen und Besucher dazu auf, gewohnte Denkmuster zu hinterfragen und die Themenvielfalt des nachhaltigen Bauens neu und unvoreingenommen auf sich wirken zu lassen. >Nachhaltige Architektur bietet einen ganzheitlichen Ansatz, um die Klimakrise zu bekämpfen, soziale Gerechtigkeit zu fördern und langfristige wirtschaftliche Stabilität zu gewährleisten. Anhand gebauter Beispiele wird deutlich, dass viele Lösungen bereits existieren. So erfährt der Besuchende anschaulich, wie Gebäude klima- und ressourcenschonend geplant werden können, indem Materialien im Kreislauf geführt, Energie effizient genutzt oder sogar erzeugt wird und der gesamte Lebenszyklus eines Gebäudes berücksichtigt bleibt. Ebenso thematisiert werden Klimaanpassung und Resilienz: durch kluge Gestaltung, Begrünung und Freiräume können Gebäude und Städte besser mit Hitze, Starkregen oder Trockenperioden umgehen. Ein weiterer Fokus liegt auf dem Menschen. Nachhaltiges Bauen stellt das Wohlbefinden, die Gesundheit und das soziale Miteinander in den Mittelpunkt. Architektur kann Begegnung fördern, Identität stiften und bezahlbaren Wohnraum schaffen, ohne dabei die Umwelt aus dem Blick zu verlieren. Auch der verantwortungsvolle Umgang mit bestehenden Gebäuden spielt eine zentrale Rolle. Sanieren, Umnutzen und Weiterbauen im Bestand werden als Strategien gezeigt, um Flächen zu schützen und Ressourcen zu sparen. Nicht zuletzt wird klar, dass Nachhaltigkeit keine Kostenspirale sein muss. Ganzheitlich geplante Gebäude sind oft wirtschaftlicher, weil sie langfristig Betriebskosten senken, Risiken minimieren und ihren Wert erhalten oder steigern. Nachhaltiges Bauen ist kein abstraktes Expertenthema und schon gar keine Zukunftsvision, sondern eine konkrete Chance. Für lebenswerte Städte, für gesunde Räume und für eine gebaute Umwelt, die den Herausforderungen unserer Zeit gewachsen ist. Als inhaltlich getriebener Non-Profit-Verein begreifen wir das nachhaltige Bauen seit unserer Gründung vor 18 Jahren als gesellschaftliche Aufgabe, nach der wir unser Handeln ausrichten. Mit der Ausstellung laden wir jeden einzelnen ein, genauer hinzusehen, weiterzudenken und selbst Teil des Wandels zu werden. Weitere Informationen gibt es unter www.dgnb.de/aedes