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19. Jun 2024

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Wirtschaft

Nachhaltig in die Zukunft – mit Prof. Dr. Christian Berg

Journalist: Julia Butz

Im Gespräch mit Prof. Dr. Christian Berg, Redner, Autor, Keynote-Speaker und Vizepräsident des Club of Rome Deutschland.

Herr Prof. Dr. Berg, welches sind die wichtigsten Technologien für das Gelingen der Energiewende?

Beim Thema Energie geht es um drei Dinge: die Bereitstellung, die Verteilung und die Speicherung. Und bei allen müssen wir den gesamten Werkzeugkasten von Maßnahmen und Technologien nutzen. Ganz zu Anfang aber steht die Effizienz. Denn die Energie, die wir gar nicht benötigen, ist die beste.

Wind und Sonne sind schon heute die günstigsten Energieformen und ihre Kostendegression schreitet weiter voran. Weiterer Vorteil: Wind- und Solarenergie können dezentral erzeugt werden. Bestenfalls werden sie noch gleich vor Ort genutzt, das entlastet die Netze. Wenn dann das intelligente Management der Nachfrage (Demand-Side-Management) hinzukommt, ist viel gewonnen. Bei der Speicherung ist der Zeithorizont sehr wichtig. Für Stunden bis Tage sind Batteriespeicher super. Für längere Zeiträume bietet es sich an, mechanische oder chemische Energie zu speichern. Z. B. durch Pumpspeicherwerke oder Wasserstoffspeicher. Und hier kommen die Netze ins Spiel: je größer das Netz, desto geringer die Kosten. Weil dort gespeichert werden kann, wo das relativ günstig ist, z. B. in Norwegen.

Welche grünen innovativen Lösungen sollten mehr unterstützt werden?

Die Nutzung biogenen Methangases aus Reststoffen hat meines Erachtens bislang zu wenig Beachtung gefunden: Mittelfristig könnten bis zu 100 TWh (Terrawattstunden) Biomethan aus Reststoffen erzeugt werden, das entspricht etwa einem Drittel des heutigen privaten Gasverbrauchs in Deutschland – ohne zusätzliche Flächeninanspruchnahme*. Auch Tiefengeothermie ist mittelfristig eine sehr interessante Option. Denn das Erdinnere hat eine schier unerschöpfliche Menge an Energie vorrätig, die genauso kostenlos verfügbar ist wie Sonne und Wind. Biomethan hätte den Vorteil, sehr gut gespeichert werden zu können und kurzfristige Defizite beim Strom ausgleichen zu können. Und Tiefengeothermie wäre grundlastfähig.

Wie steht es um die Innovationsfreudigkeit in Deutschland?

Wir waren recht gut darin, Technologien wie die Solarenergie zu skalieren. Sowohl ihr Aufstieg als auch der Niedergang ist aber recht klar politischem Handeln zuzuordnen. Das ist suboptimal. Wir müssen innovationsfreundlicher werden. Und brauchen dazu klare, attraktive politische Rahmenbedingungen, in denen sich Innovationen mit echtem Zukunftspotenzial entwickeln können. Um Innovationsfähigkeit zu verbessern, müssen wir überall ansetzen: Beim Zugang zu Kapital, bei einer schlanken Bürokratie, einem florierenden Arbeitsmarkt mit Top-Fachkräften und einer Kultur, die auch Fehler verzeiht. Hier gibt es wohl noch Luft nach oben …

Positive Beispiele sind einzelne Kommunen, die einen ambitionierten Stufenplan für Klimaneutralität schon bis 2035 vorsehen.

In einigen Kommunen passiert schon viel mehr als man in der Öffentlichkeit mitbekommt.

Es gibt zum Beispiel eine EU-Initiative für 100 klimaneutrale Städte bis 2030, an der auch sehr viele deutsche Großstädte teilnehmen. Ganz vorne dabei ist Mannheim, wo schon vor diesem Programm umfassend am Klimaneutralitätsziel 2030 gearbeitet wurde. Beeindruckend auch der Landkreis Haßberge in Unterfranken, der auf gutem Weg ist, bis 2030 bilanziell klimaneutral zu werden. Es geht also, wenn man will – selbst in Bayern!

In Ihrem Buch „Ist Nachhaltigkeit utopisch“ von 2020 beschreiben Sie die Barrieren, die uns im Weg stehen. Konnten wir seitdem Fortschritte erzielen?

Um ehrlich zu sein, nicht wirklich. Denn zum einen drängen die derzeitigen multiplen Krisen die Themen in den Hintergrund, die eminent wichtig sind – bei denen das Nicht-Handeln aber (zumindest noch) nicht unmittelbar sichtbar wird. Zum anderen hat mich manch politische Debatte doch sehr ernüchtert. Ich plädiere für einen integrativen Ansatz, der auch den wichtigen Zusammenhang von ökologischen und sozialen Fragen viel mehr Aufmerksamkeit zukommen lässt.

Ihr Vorschlag in diesem Zusammenhang?

Um die Transformation sozial ausgewogen zu erreichen, ist das Klimageld die einfachste und gerechteste Möglichkeit. Ein satter CO2-Preis, der an jeden Verbraucher zurückgezahlt wird, und zwar vollständig. Das würde Einkommensschwächeren sehr viel stärker zugutekommen, als Kaufanreize von PV-Anlage bis Wallbox für Besserverdiener mit staatlichem Geld zu schüren.

*Quelle: Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW)

Interessanter Fakt:

Christian Berg setzt sich auf vielen Ebenen von Wirtschaft bis Lehre für Nachhaltigkeit ein. In seiner Freizeit geht der norddeutsche Sustainability-Coach gern in die Natur – zum Wandern, Radfahren, Windsurfen oder SUP-Fahren.

14. Nov 2024

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Wirtschaft

Tierfutter im Überblick

**Bio für weniger Rückstände** Biofutter wird aus biologisch erzeugten Zutaten und Inhaltsstoffen hergestellt. Aufgrund der Richtlinien für biologische Landwirtschaft werden dabei keine bzw. weniger synthetische Pestizide, chemische Düngemittel oder genetisch veränderte Organismen eingesetzt. Von Vorteil ist hierbei vor allem, dass dadurch weniger Rückstände, beispielsweise von Antibiotika im Futter enthalten sind. Gut zu wissen: Antibiotikarückstände in Fleisch sind enorm schlecht verträglich und können sogar zu Krankheiten führen. Auch wird bei Biofutter auf eine nachhaltige und artgerechte Tierhaltung Wert gelegt, was dem Schutz der Umwelt dient und die Lebensqualität der Tiere steigert. Häufig ist Biofutter gut geeignet für empfindliche Tiere, aufgrund der hochwertigen und natürlichen Inhaltsstoffe. Wenn Tiere beispielsweise Unverträglichkeiten haben, vertragen sie Biofutter meist besser. Ein Nachteil von Biofutter ist allerdings der Preis, welcher meist teurer ist als herkömmliches Futter. Allerdings ermöglicht der höhere Preis den Bio-Bauern ein nachhaltiges und angemessenes landwirtschaften. ![pexels-rdne-7782871.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/pexels_rdne_7782871_6a7a305874.jpg) **Probiotika und Zusatzfutter** Häufig bekommen Tiere mit einer empfindlichen Verdauung Probiotika oder Zusatzfutter verabreicht. Probiotika sind Futterzusätze, die aus lebenden Mikroorganismen bestehen und auch bei Menschen eine positive Wirkung auf das gesamte Verdauungssystem haben. Auch das Immunsystem kann durch die Einnahme von Probiotika gestärkt werden. Ein dritter positiver Aspekt von Probiotika: Das Wohlbefinden in Stresssituationen kann gesteigert werden. Bei Tieren ist dies beispielsweise der Tierarztbesuch. In Zusatzfutter allgemein sind auch häufig Vitamine, Mineralien oder andere Ergänzungen enthalten, abhängig von den Gesundheitszielen der Tiere. Durch die gezielte Zugabe bestimmter Zusatzstoffe im Futter können Mangelerscheinungen behoben und gesundheitliche Probleme gelindert werden. Hierzu zählen meist auch Allergien. Es sollte immer evaluiert werden, welches Tier welches Futter und gegebenenfalls welche Zusatzstoffe benötigt. Die Wirkung kann unterschiedlich ausfallen und nicht bei jedem Tier ist die Gabe von Probiotika gleichermaßen effektiv. Ein Nachteil ist – ähnlich wie beim Biofutter –, dass hochwertige probiotische Zusätze und Ergänzungen im Zusatzfutter meist teuer sind. ![pexels-mohd-adnan-khan-78969656-14965274.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/pexels_mohd_adnan_khan_78969656_14965274_1e096f4b04.jpg) **Performancefutter für aktive Tiere** Unter Performancefutter versteht man spezielles Futter, um den erhöhten Nährstoffbedarf von aktiven, arbeitenden oder sportlichen Tieren zu decken. Meist enthält Performancefutter einen erhöhten Anteil an Proteinen, Fetten und Energie. Vorteile dieses speziellen Futters sind die höhere Leistungsfähigkeit der Tiere, da das Futter auf den gesteigerten Energiebedarf angepasst ist. Insbesondere auch bei intensiver Bewegung wird gewährleistet, dass genügend Nährstoffe aufgenommen werden und die Tiere weiterhin Leistungsfähig bleiben. Auch enthält Performancefutter oft zusätzliche Nährstoffe, die Muskulatur, Gelenke und die allgemeine Fitness unterstützen. Hierzu zählen vor allem Omega-3-Fettsäuren. Diese tragen auch zu einer schnelleren Regeneration nach intensiver Aktivität bei. Es gilt zu beachten, dass dieses spezielle Futter nur für sehr aktive Tiere geeignet ist, da es ansonsten zu Übergewicht führen kann. Wie auch Zusatzfutter und Biofutter, ist bei Performancefutter aufgrund der speziellen und hochwertigen Inhaltsstoffe meist ein teurerer Preis zu erwarten. ![GemaesteteLarven_und_Junglarven.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Gemaestete_Larven_und_Junglarven_5eda974d54.jpg) **Insekten als Umweltretter** Larven der Schwarzen Soldatenfliege oder Mehlwürmer werden häufig aufgrund ihres Proteingehalts als Basis von Insektenfutter genutzt. Klingt erstmal überraschend? Futter aus Insekten ist der neueste Trend in der Landwirtschaft und auch im privaten Bereich. Es wird als umweltfreundliche Alternative zu herkömmlichen tierischen Proteinen wie Huhn oder Rind gesehen. Insektenprotein hat einen deutlich geringeren ökologischen Fußabdruck als die Fleischproduktion: weniger Wasserverbrauch bei der Erzeugung und deutlich weniger CO2-Emissionen. Auch für Tiere mit Allergien oder Unverträglichkeiten kann Insektenprotein eine gute Alternative gegenüber herkömmlichen Proteinquellen darstellen, da Insekten bei vielen Tieren zum natürlichen Nahrungsmittelspektrum zählen. Außerdem ist das Futter enorm nährstoffreich: Insekten bestehen aus einem großen Proteinanteil, essenziellen Aminosäuren und gesunden Fettsäuren. Da insektenbasiertes Tierfutter gerade erst etabliert wird, ist es meist noch etwas teurer und nicht so verbreitet wie herkömmliches Futter. Auch kann es vorkommen, dass Tiere und Tierhalter sich erst einmal an Insektenfutter gewöhnen und es akzeptieren müssen.