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6. Aug 2020

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Wirtschaft

Nachhaltiges Bauen ist auf dem Vormarsch

Die Digitalisierung fördert Nachhaltigkeit – und das nicht nur im Bereich Umweltschutz, sagt Experte Sascha Bahlau.

Sascha Bahlau, Geschäftsführer LIST Digital  

Spüren Sie ein stärkeres Interesse an Nachhaltigkeit bei Bauprojekten?

Nachhaltigkeit im Sinne von Umweltschutz wird bei Bauprojekten aller Assetklassen immer mehr zum Thema. Zum einen wird sie in der Projektentwicklung vorangetrieben. Bei den Generalunternehmen unserer Gruppe kommt das Thema darüber hinaus gerade besonders im Bereich Logistik auf. Einige Auftraggeber fordern im GU-Vertrag schon nachhaltige Lösungen. Für uns gehört zur Nachhaltigkeit jedoch nicht nur Umweltschutz – sondern auch ökonomisch und soziokulturell kluges Handeln. 

Und wie sehen Sie selbst das? Sind Bauen und Nachhaltigkeit zwei Seiten einer Medaille?

Bauen und Nachhaltigkeit müssen sich nicht mehr ausschließen. Wir als Gruppe machen uns auf den Weg und berücksichtigen das Thema Nachhaltigkeit in allen Projektphasen des Entstehungsprozesses. Als Projektentwickler fordern wir sie ein, als Ingenieurdienstleister planen wir innovative Konzepte und mit unseren Generalunternehmern setzen wir nachhaltige Ansätze um. Beispielsweise nutzen unsere Generalunternehmen für viele Dachtragwerke in Logistikhallen Holzleimbinder anstelle von Beton oder Stahl, was einiges an CO2 spart. 

Inwieweit ist es möglich, Gebäude heute völlig klimaneutral zu bauen?

Konzepte dafür gibt es bereits. Dennoch ist es derzeit schwierig, klimaneutral zu bauen. Wir können in der Praxis endliche Ressourcen, wie Sand, noch nicht vollständig ersetzen. Ganz anders sieht es aber für den Betrieb eines Gebäudes aus – deswegen setzen wir auf effiziente Gebäudetechnik. 

Um zwei Beispiele zu nennen: In Köln hat intecplan eine Geothermieanlage verwirklicht, die mehr Energie produziert, als die Immobilie benötigt. In einem anderen Projekt planen die LIST Ingenieure eine Lösung, bei der die Abwärme eines Supermarktes für das Heizen von Wohnungen genutzt wird. Aber auch an weiteren Stellen gibt es Einsparpotenzial – zum Beispiel in puncto Flächenverbrauch. Unsere Projektentwickler planen seit Jahren flexible Flächen, die auf eine Mehrfachnutzung ausgelegt sind. Und unsere Gesellschaft LIST BiB erschließt gar keine neuen Flächen. Ihr Kerngeschäft ist die Sanierung und der Umbau von Bestandsgebäuden. 

Wie hängt die Digitalisierung der Baubranche mit Fortschritten bei Nachhaltigkeit und Umweltschutz zusammen? 

Beide Themen sind eng miteinander verbunden. Mit der digitalen Methode BIM können wir komplexe Themen, wie unterschiedliche Nachhaltigkeitsanforderungen, in der Planung berücksichtigen. So finden wir heraus, was sich wirklich lohnt. Diese Vorgehensweise spart nicht nur Rohstoffe, sondern auch Zeit und Geld. Außerdem erhält der Endinvestor eine bessere Steuerungsmöglichkeit für seine Immobilie. Wir von LIST Digital greifen den Kollegen und unseren Kunden bei diesem Projektprozess unter die Arme und befähigen sie, BIM im Planungs- und Bauprozess und darüber hinaus effektiv nutzen zu können.

In welchen Phasen des Lebenszyklus von Gebäuden nützen digitale Instrumente?

In allen. Mit BIM kann ich die Bedarfsplanung und Anforderungskonzepte datenbasiert abbilden, vor dem Bau mit intelligenten Modellen planen und die Qualität der Realisierung lückenlos sicherstellen. Für Betreiber ist das Gebäude voll transparent und beim Abriss weiß ich, wie das Gebäude aufgebaut und ausgestattet ist. Es gibt zudem Instrumente, die in einer bestimmten Phase besonders weiterhelfen. LIST Bau Nordhorn testet zum Beispiel derzeit die Nutzung von Drohnen für die Aufnahme von Grundstücken sowie die Überprüfung des Bauablaufs. Diese zahlreichen Möglichkeiten der Digitalisierung sollten wir nutzen, um Themen wie Nachhaltigkeit noch weiter voranzutreiben. Hier dürfen unsere Partner aus der Wirtschaft und der öffentlichen Hand noch mutiger werden. Wir sollten innovative Planungs- und Bauausführungsmethoden noch stärker fördern.

23. Dez 2025

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Gesellschaft

Warum es so wichtig ist, konsequent nachhaltig zu bauen – Ein Beitrag von Dr. Christine Lemaitre, Geschäftsführender Vorstand DGNB e.V.

Nachhaltiges Bauen bedeutet weit mehr als energieeffiziente Gebäude oder den Einsatz ökologischer Materialien. Es beschreibt einen ganzheitlichen Ansatz, bei dem Gebäude über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg betrachtet werden: von der Planung über den Bau und die Nutzung bis hin zu Umbaumaßnahmen oder den Rückbau. Ziel ist es, Umweltbelastungen zu minimieren, Ressourcen zu schonen, Menschen gesunde und lebenswerte Räume zu bieten und gleichzeitig wirtschaftlich sinnvolle Lösungen zu schaffen. Stand heute ist der Bausektor nach wie vor für einen erheblichen Teil der globalen CO2-Emissionen, den Verbrauch natürlicher Ressourcen und den zunehmenden Verlust der Biodiversität verantwortlich. Gleichzeitig verbringen wir den Großteil unseres Lebens in geschlossenen Räumen, die unser Wohlbefinden stärken sollen, ohne dabei die Zukunft unseres Planeten zu gefährden. Zudem leben immer mehr Menschen in der Stadt. Der Bedarf an attraktiven und dazu noch klimaresilient gestalteten Freiräumen wächst. Nachhaltige Architektur bietet einen ganzheitlichen Ansatz, um die Klimakrise zu bekämpfen, soziale Gerechtigkeit zu fördern und langfristige wirtschaftliche Stabilität zu gewährleisten. Wie ein Perspektivwechsel in diese Richtung gelingen kann, zeigen wir noch bis zum 28. Januar 2026 mit der ersten DGNB Ausstellung „What If: A Change of Perspective“ in der Berliner Architekturgalerie Aedes. Die Ausstellung fordert Besucherinnen und Besucher dazu auf, gewohnte Denkmuster zu hinterfragen und die Themenvielfalt des nachhaltigen Bauens neu und unvoreingenommen auf sich wirken zu lassen. >Nachhaltige Architektur bietet einen ganzheitlichen Ansatz, um die Klimakrise zu bekämpfen, soziale Gerechtigkeit zu fördern und langfristige wirtschaftliche Stabilität zu gewährleisten. Anhand gebauter Beispiele wird deutlich, dass viele Lösungen bereits existieren. So erfährt der Besuchende anschaulich, wie Gebäude klima- und ressourcenschonend geplant werden können, indem Materialien im Kreislauf geführt, Energie effizient genutzt oder sogar erzeugt wird und der gesamte Lebenszyklus eines Gebäudes berücksichtigt bleibt. Ebenso thematisiert werden Klimaanpassung und Resilienz: durch kluge Gestaltung, Begrünung und Freiräume können Gebäude und Städte besser mit Hitze, Starkregen oder Trockenperioden umgehen. Ein weiterer Fokus liegt auf dem Menschen. Nachhaltiges Bauen stellt das Wohlbefinden, die Gesundheit und das soziale Miteinander in den Mittelpunkt. Architektur kann Begegnung fördern, Identität stiften und bezahlbaren Wohnraum schaffen, ohne dabei die Umwelt aus dem Blick zu verlieren. Auch der verantwortungsvolle Umgang mit bestehenden Gebäuden spielt eine zentrale Rolle. Sanieren, Umnutzen und Weiterbauen im Bestand werden als Strategien gezeigt, um Flächen zu schützen und Ressourcen zu sparen. Nicht zuletzt wird klar, dass Nachhaltigkeit keine Kostenspirale sein muss. Ganzheitlich geplante Gebäude sind oft wirtschaftlicher, weil sie langfristig Betriebskosten senken, Risiken minimieren und ihren Wert erhalten oder steigern. Nachhaltiges Bauen ist kein abstraktes Expertenthema und schon gar keine Zukunftsvision, sondern eine konkrete Chance. Für lebenswerte Städte, für gesunde Räume und für eine gebaute Umwelt, die den Herausforderungen unserer Zeit gewachsen ist. Als inhaltlich getriebener Non-Profit-Verein begreifen wir das nachhaltige Bauen seit unserer Gründung vor 18 Jahren als gesellschaftliche Aufgabe, nach der wir unser Handeln ausrichten. Mit der Ausstellung laden wir jeden einzelnen ein, genauer hinzusehen, weiterzudenken und selbst Teil des Wandels zu werden. Weitere Informationen gibt es unter www.dgnb.de/aedes