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14. Okt 2020

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Wirtschaft

Nachhaltigkeit gibt’s nicht zum Nulltarif

Journalist: Dr. Christian Boetticher

Als Immanuel Kant 50 Jahre alt wurde, sollen ihn Rektor und Senat der Universität Königsberg in einer Feierstunde geehrt haben. Die Festrede begann mit den Worten: „Ehrwürdiger Greis…“. Heute würde eine solche Anrede wenig Freude beim Jubilar hervorrufen. Damals vor etwa 250 Jahren entsprach es der Lebenserwartung der Menschen. Seitdem ist viel passiert. Die Lebenserwartung hat sich dank ausreichender Ernährung und medizinischem Fortschritt zumindest in unseren Breiten erheblich gesteigert. Wir können von Glück sagen, dass wir uns seit dem Zweiten Weltkrieg in Europa nicht mehr mit der Frage nach ausreichend Nahrung auseinandersetzen mussten. Trotzdem wurde das Essverhalten in Deutschland noch lange von dieser Erfahrung geprägt. Allmählich unterliegt diese Prägung allerdings einem Wandel. Zunehmend bestimmen Fragen der Nachhaltigkeit unser Essverhalten. Lebensmittel sollen heute nicht nur satt machen und schmecken, sie müssen zudem auch umweltfreundlich und sozialverträglich produziert und der Gesundheit förderlich sein. 

Dr. Christian von Boetticher, Vorsitzender der  Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie e.V. (BVE), Foto: Peter Kölln

Mit rund 170.000 Produkten haben sich die Lebensmittelhersteller in Deutschland darauf eingestellt. Sie produzieren nicht nur für jeden Geschmack, sondern auch für jeden Lebensstil. Dabei sind Lösungen für mehr Nachhaltigkeit in der Herstellung von Lebensmitteln Alltag geworden. Unsere Unternehmen engagieren sich in Form zahlreicher Maßnahmen und Initiativen, die Stück für Stück weiter ausgebaut werden, um noch mehr Nachhaltigkeit gewährleisten zu können. Wir setzen schon heute auf die Verringerung des Verbrauchs an Energie, Wasser und Rohstoffen sowie eine Optimierung von Transport- und Logistikprozessen. Wir reduzieren vermeidbare Lebensmittelabfälle, um Ressourcen zu schonen, und sind bestrebt, den Einsatz von Verpackungsmaterialien sowie deren Wiederverwendung, Wiederverwertung und Sammlung zu optimieren und Innovationen in diesem Bereich voranzutreiben. Wir optimieren darüber hinaus den Nährstoffgehalt unserer Produkte und klären über Inhaltsstoffe und Nährwerte auf, um eine gesunde Ernährung zu ermöglichen. Und nicht zuletzt: Wir wahren Menschenrechte, Arbeitsstandards und eine faire Entlohnung entlang der Lieferkette. Die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte sind dabei für uns maßgeblich. So übernehmen wir Verantwortung für globale Lieferketten, Arbeitsplätze und Wertschöpfung.

Allerdings gibt es Nachhaltigkeit nicht zum Nulltarif. Maßnahmen für nachhaltiges Wirtschaften sind oft mit steigenden Kosten verbunden. Insbesondere kleine und mittlere Betriebe, die zu 90 Prozent die Lebensmittelproduktion in Deutschland sicherstellen, stellt das vor große Herausforderungen. Damit mehr Nachhaltigkeit gelingen kann, brauchen wir einen fairen Wettbewerb in der Lebensmittelkette und funktionierende Märkte. Auch die Verbraucherinnen und Verbraucher sind unverzichtbare Akteure auf dem gemeinsamen Weg zur Gestaltung nachhaltigerer Lebensmittelsysteme. Nur wenn sie bereit sind, ihrem Wunsch nach mehr Nachhaltigkeit auch an der Supermarktkasse Ausdruck zu verleihen, können Lebensmittelhersteller den eingeschlagenen Weg weitergehen. 

30. Apr 2025

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Wirtschaft

Bidirektionales Laden spart Milliarden , Elektroautos können viel mehr, als „nur“ leise und ohne Abgase zu fahren

Mit bidirektionaler Ladetechnologie (BiDi) können sie Strom speichern und ins Netz zurückspeisen. Eine aktuelle Studie von Transport & Environment (T&E) zeigt, dass dies für Europas Energieversorger und Autofahrer Einsparungen in Milliardenhöhe ermöglichen könnte. Die Einsparungen resultieren aus einer effizienteren Nutzung der Erzeugungskapazitäten und einem geringeren Kraftstoffverbrauch. Um das Potenzial dieser Technologie zu nutzen, sind jedoch geeignete regulatorische Rahmenbedingungen notwendig. Laut der T&E-Studie könnte das Einsparpotenzial für Energieversorger und Verbraucher in der EU bis zu 22 Milliarden Euro jährlich betragen, was etwa acht Prozent der Kosten für das EU-Energiesystem entspricht. Von 2030 bis 2040 könnte die BiDi-Technik EU-weit mehr als 100 Milliarden Euro einsparen, allein in Deutschland bis zu 8,4 Milliarden Euro jährlich. Ein Grund für die hohen Einsparungen ist die Möglichkeit, mehr Strom aus erneuerbaren Quellen, insbesondere Solarstrom, in das Energiesystem zu integrieren. Die Nutzung der Fahrzeugakkus könnte den Bedarf an teureren stationären Speichern in der EU um bis zu 92 Prozent senken und die installierte PV-Leistung um bis zu 40 Prozent steigern. Die Halter von Elektrofahrzeugen profitieren direkt vom bidirektionalen Laden, da sie mit geringeren Stromkosten rechnen können. Zudem dürfte die Lebensdauer der Fahrzeugakkus durch optimiertes Laden steigen. In Frankreich haben The Mobility House und Renault beispielsweise das erste Vehicle-to-Grid (V2G)-Angebot eingeführt. Besitzer eines V2G-fähigen Renault 5 können mit einer speziellen Wallbox kostenfrei laden und ihren Fahrzeugakku ins Energiesystem einspeisen. Dieses Angebot soll bald auch in Deutschland und dem Vereinigten Königreich verfügbar sein. Im deutschen Markt gibt es jedoch noch Herausforderungen, wie den langsamen Roll-out von Smart Metern und die Notwendigkeit, einen passenden rechtlichen Rahmen zu schaffen. Der zweite Europäische Gipfel für bidirektionales Laden hat klare Handlungsempfehlungen ausgesprochen, die nun umgesetzt werden müssen. Dazu gehört die Abschaffung der Doppelbelastung von zwischengespeichertem Strom durch Netzentgelte und die Sicherstellung, dass „grüner“ Strom seine Förderansprüche auch bei Zwischenspeicherung im Akku behält. Die Messe „The smarter E Europe“ 2025 wird dem Thema eine eigene Sonderschau widmen, um Chancen und Herausforderungen für die Mobilitäts- und Energiebranche aufzuzeigen. Die Veranstaltung findet vom 7. bis 9. Mai 2025 in München statt und vereint vier Fachmessen: Intersolar Europe, ees Europe, Power2Drive Europe und EM-Power Europe. Die Sonderschau auf „The smarter E Europe“ wird dabei Produkte und Lösungen für das bidirektionale Laden präsentieren und Raum für Austausch und Networking bieten. ## Factbox The smarter E Europe vereint als Europas größte Messeallianz für die Energiewirtschaft vier Fachmessen (Intersolar Europe, ees Europe, Power2Drive Europe und EM-Power Europe) und findet vom 7. bis 9. Mai 2025 auf der Messe München statt. https://www.powertodrive.de/home