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5. Sep 2024

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Business

Neue Standards für nachhaltige Berichterstattung

Journalist: Nadine Wagner

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Foto: Photomix Company / Pexels

Mit der Einführung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und den dazugehörigen European Sustainability Reporting Standards (ESRS) steht Unternehmen eine neue Ära der ESG-Berichterstattung bevor. Diese Entwicklung markiert einen Wendepunkt für Unternehmen in der EU, die sich zunehmend mit den Anforderungen an Nachhaltigkeit und verantwortungsbewusstes Wirtschaften auseinandersetzen müssen.

Die politische Einigung zur CSRD verändert das ESG-Reporting grundlegend. Seit Beginn des Jahres sind bereits jene Unternehmen betroffen, die bislang unter die Non-Financial Reporting Directive (NFRD) fielen. Neu ist, dass sie nun ein Sustainability Statement im Lagebericht integrieren müssen. Ab 2025 erweitert sich der Anwendungskreis jedoch erheblich: Alle großen Unternehmen – unabhängig von ihrer Kapitalmarktorientierung – werden zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet. Dies betrifft kapitalmarktorientierte und nicht-kapitalmarktorientierte Unternehmen sowie Konzerne in der gesamten EU.

Der Kern dieser neuen Richtlinie liegt in der verpflichtenden Integration von ESG-Themen – also Umwelt (Environmental), Soziales (Social) und Unternehmensführung (Governance) – in die Unternehmensberichterstattung. Unternehmen müssen nach den ESRS berichten, die spezifische Anforderungen an die Offenlegung von Nachhaltigkeitsinformationen festlegen. Diese Standards bieten eine klare Struktur für die Berichterstattung und erhöhen die Transparenz gegenüber Stakeholdern.

Unternehmen müssen nach den ESRS berichten, die spezifische Anforderungen an die Offenlegung von Nachhaltigkeitsinformationen festlegen.

ESG-Strategien sind hierbei von zentraler Bedeutung, denn sie unterstützen Unternehmen dabei, konkrete Maßnahmen auf dem Weg zu Net Zero zu entwickeln und umzusetzen. Während Unternehmen die Flexibilität haben, die für sie relevanten ESG-Aspekte zu priorisieren, schaffen etablierte Standards wie die GRI und das ISSB die notwendige Basis für vergleichbare Berichte. Unternehmen müssen sich nun intensiver mit den neuen Anforderungen auseinandersetzen, um den zukünftigen gesetzlichen Verpflichtungen gerecht zu werden und ihre Position im Wettbewerb zu stärken.

Während Unternehmen die Flexibilität haben, die für sie relevanten ESG-Aspekte zu priorisieren, schaffen etablierte Standards wie die GRI und das ISSB die notwendige Basis für vergleichbare Berichte.

Fakten

Ab 2026 sind neben großen Konzernen auch kleine und mittlere Unternehmen sowie kleine und nicht-komplexe Kreditinstitute zur Berichterstattung verpflichtet. Für diese Unternehmen sind die Berichte dann im Jahr 2027 fällig.

27. Jun 2025

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Wirtschaft

Nachhaltig, transparent und partnerschaftlich – Im Interview mit Barbara Frenkel, Vorstandsmitglied Porsche AG

**Warum bekommt die Beschaffung oft so wenig Aufmerksamkeit – obwohl so viel von ihr abhängt?** Weil Beschaffung meist im Hintergrund läuft – und erst dann in den Blickpunkt rückt, wenn etwas fehlt. Das kennt jeder aus dem Alltag: Fehlt beim Kochen eine Zutat oder beim Möbelaufbau eine Schraube, steht meist alles still. Im industriellen Maßstab kann das bedeuten: keine Teile, kein Auto. Unsere Lieferketten sind heute hochgradig komplex, global und auf Effizienz ausgelegt. Fällt ein einziges Teil aus, sei es durch eine Naturkatastrophe, einen Cyberangriff oder geopolitische Spannungen, kann dies die Produktion gefährden. Deshalb denken wir bei Porsche Beschaffung heute anders: vorausschauender, vernetzter und deutlich resilienter. **Welche Strategie verfolgen Sie, um Lieferketten auch in Krisenzeiten stabil und widerstandsfähig zu halten?** Entscheidend ist die Transparenz in der gesamten Lieferkette – also über unsere direkten Lieferanten hinaus. Uns interessiert: Wer sind die Partner dahinter? Wo haben sie ihre Standorte und welchen Risiken sind sie ausgesetzt? Dabei simulieren wir beispielsweise Wetterereignisse oder Cyberattacken. Wir bewerten globale Rohstoffverfügbarkeiten und identifizieren Single-Source-Situationen. Über allem steht die Frage: Wo könnte ein möglicher Ausfall besonders kritisch für uns sein? **Und welche konkreten Maßnahmen ergreifen Sie, um Risiken zu minimieren?** Hier braucht es ein ganzes Maßnahmenbündel. Als vergleichsweise kleiner Hersteller können wir nicht überall auf eine Zwei-Lieferanten-Strategie setzen. Stattdessen überlegen wir uns etwa, wo wir bei kritischen Materialien gezielt Lagerbestände in Werksnähe aufbauen. Oder wir beauftragen zusätzliche Werkzeugsätze, die bei Bedarf schnell aktiviert werden können. **Wie wählen Sie Lieferanten aus, welche Kriterien sind dabei besonders wichtig?** Die Auswahl unserer Lieferanten ist immer Teamwork. Beschaffung, Entwicklung und Produktion arbeiten eng zusammen. Häufig entwickeln wir die Lösungen gemeinsam mit unseren Lieferanten. Hierbei spielt die technische Bewertung in enger Abstimmung mit unserer Entwicklung eine wichtige Rolle. Die Produktion wiederum achtet sehr stark auf die Logistik. Jeder potenzielle Partner durchläuft ein umfassendes Auditverfahren. Dabei geht es um Qualitäts- und Machbarkeitsaudits. Aber auch um eine umfassende Risikoanalyse. Ein fester Bestandteil bei der Auswahl sind zudem Kriterien bei der Nachhaltigkeit. Also rechtliche, ethische und ökologische Standards. >Viele unserer Fahrzeuge sind stark individualisiert – das erfordert flexible, anpassungsfähige Partner. Viele Mittelständler aus Deutschland bieten genau diese Qualität. **Wie wichtig ist Ihnen die Einbindung mittelständischer Lieferanten in Ihrer Lieferkette?** Viele unserer Fahrzeuge sind stark individualisiert – das erfordert flexible, anpassungsfähige Partner. Viele Mittelständler aus Deutschland bieten genau diese Qualität. Vor allem, wenn sie sich in unmittelbarer Werksnähe befinden. Vorteile sind kurze Wege und schnelle Reaktionszeiten. Als in Deutschland verwurzeltes Unternehmen ist uns zudem daran gelegen, die heimische und europäische Lieferkette zu stärken. **Sie haben die Nachhaltigkeit bereits angesprochen. Nochmals konkret: Wie integrieren Sie diese Kriterien in den Beschaffungsprozess?** Wie gesagt, wir denken hier ganzheitlich und in drei Dimensionen: ökologisch, sozial und ethisch. Im ökologischen Bereich legen wir besonderen Wert auf den CO₂-Fußabdruck in der Lieferkette. Hier entscheiden der Energiemix, die verwendeten Rohstoffe und der Anteil an recyceltem Material. Auch der Wasserverbrauch wird immer wichtiger. Soziale und ethische Aspekte sind ebenfalls von Bedeutung. Wir erwarten, dass internationale Arbeitsstandards eingehalten und faire Löhne gezahlt werden. **Wie haben Sie Einkaufprozesse bzw. das Lieferantenmanagement erfolgreich verbessert?** Rund 80 Prozent der Wertschöpfung entsteht bei uns in der Lieferkette. Entsprechend hoch ist die Bedeutung eines effizienten und partnerschaftlich ausgerichteten Lieferantenmanagements. Deshalb setzen wir bewusst früh an: Bereits in der Entwicklungsphase binden wir Lieferanten eng in unsere Prozesse ein. Gemeinsam können wir Kosten optimieren, die Umsetzung garantieren und verlässliche Qualität reproduzieren. Über diesen engen Austausch entstehen belastbare Partnerschaften – von Anfang an. **Wie reagieren Sie auf regionale Marktanforderungen?** Angesichts fragmentierter Märkte gewinnt die regionale Verankerung an Bedeu-tung. In China arbeiten wir beispielsweise gezielt mit starken lokalen Partnern zusammen. Mit dem Ziel, marktgerechte Lösungen zu entwickeln – etwa beim Infotainment. Auch regulatorische Anforderungen erfordern spezifische Lösungen, das Aufspüren innovativer Technologien und innovativer Partner. Immer mehr handelt es sich dabei auch um Start-ups aus branchenfremden Bereichen, etwa beim autonomen Fahren, der Konnektivität oder Software. >Bereits in der Entwicklungsphase binden wir Lieferanten eng in unsere Prozesse ein. Gemeinsam können wir Kosten optimieren, die Umsetzung garantieren und verlässliche Qualität reproduzieren. ## Infos zur Person Barbara Frenkel: Als Kind wollte sie Astronautin werden. Heute leitet Barbara Frenkel das Vorstandsressort Beschaffung der Porsche AG. Frenkel war die erste Frau im Vorstand des Sportwagenherstellers. Sie blickt auf eine mehr als 20-jährige Managementkarriere bei Porsche zurück. Zuvor war sie bei verschiedenen Automobilzulieferern tätig. Barbara Frenkel (62) scheidet zum 19. August 2025 auf eigenen Wunsch aus dem Porsche-Vorstand aus und übergibt ihre Verantwortung an Joachim Schar-nagl (49), der ihre Nachfolge antritt. Privat genießt sie Ausfahrten mit ihrem Oldtimer, einem 911 G-Modell. Sie ist begeisterte Taucherin und unternimmt gerne Ausflüge mit ihrem Hund in die Natur.