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5. Dez 2022

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Business

Nur eine nachhaltige Wirtschaft ist zukunftsfähig

Journalist: Frank Thelen, europäischer Serien-Gründer und Technologie-Investor

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Foto: Presse

Startups und Mittelstand bilden zusammen den Innovationsmotor Deutschlands

Die Forderungen nach nachhaltigen Produkten und Prozessen werden immer lauter, die Dekarbonisierung immer dringender. Auch seitens der Politik werden zunehmend Maßnahmen ergriffen, um unsere Unternehmen zu nachhaltigen Investitionen zu bewegen. Dies ist nicht nur im Sinne unseres Planeten und der nachkommenden Generationen. Fakt ist: Nur nachhaltige Unternehmen sind zukunftsfähig. Endliche Ressourcen werden immer knapper, die Folgen der Erderwärmung immer fataler. Wir müssen dringend auf ein nachhaltiges Leben umstellen. Das umfasst nicht nur die Energiewende, sondern betrifft vor allem auch unsere Unternehmen und unsere Wirtschaft. Neben der Energieerzeugung ist unsere Industrie auf Platz 2 der Co₂-Verursacher in Deutschland, gefolgt von der Mobilität. 

Wenn wir diese historische Herausforderung bewältigen wollen, müssen Politik, Großkonzerne, Mittelstand und Startups zusammenarbeiten. Um die aussichtsreichsten Technologien zu identifizieren und die Chancen und Risiken richtig abschätzen zu können, braucht es auch in der Politik mehr Physiker, Chemiker und Biologen. Zu lange wurden die Grundgesetze der Natur von Politik und Wirtschaft ignoriert: First Principle Thinking muss der Standard sein. 

Anstatt die dringend notwendige Transformation hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft vor uns herzuschieben, sollten wir diese Herausforderung als Chance für unser Land begreifen, um neue Weltmarktführer zu entwickeln und unsere Wirtschaft nachhaltig zu stärken.

Die gute Nachricht ist: Die Technologien, die uns ein nachhaltiges Leben und nachhaltige Unternehmen ermöglichen, sind fertig entwickelt. In der Startup-Szene gibt es zahlreiche erfolgversprechende Ansätze für Lösungen im Bereich Transport, Ernährung und Gebäude. Aktuell fehlt es an mutigen Investoren, die aus diesen Konzepten relevante Unternehmen entstehen lassen. Hier sehe ich auch den Mittelstand in der Verantwortung, zukunftsorientiert zu handeln und in diese nachhaltigen Lösungen zu investieren. Gemeinsam können unsere Startup-Szene und unser Mittelstand den Innovationsmotor unseres Landes bilden und Deutschland zum Innovationsvorreiter in puncto Nachhaltigkeit machen. Durch die Förderung deutscher Startups kann der Mittelstand sich aktiv an deren Erfolg und Wachstum beteiligen und so dazu beitragen, dass einige der zentralen, nachhaltigen Zukunftstechnologien aus Deutschland kommen. 

Gleichzeitig können die Startups von den Erfahrungswerten des Mittelstands profitieren und ihre Lösungen an dessen spezifische Anforderungen anpassen. Frühzeitig auf die Lösungen junger Unternehmen zu setzen, lohnt sich also für Mittelständler gleich doppelt. In vielen Fällen ergeben sich hieraus spannende Partnerschaften und Joint Ventures. Als Investor konnte ich schon viele dieser Partnerschaften begleiten und kann aus Erfahrung sagen, dass in der Regel beide Seiten von solchen Partnerschaften profitieren. Handelt es sich bei dem Startup um ein nachhaltiges Unternehmen, gibt es noch einen dritten Gewinner: unseren Planeten.

27. Jun 2025

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Wirtschaft

Nachhaltig, transparent und partnerschaftlich – Im Interview mit Barbara Frenkel, Vorstandsmitglied Porsche AG

**Warum bekommt die Beschaffung oft so wenig Aufmerksamkeit – obwohl so viel von ihr abhängt?** Weil Beschaffung meist im Hintergrund läuft – und erst dann in den Blickpunkt rückt, wenn etwas fehlt. Das kennt jeder aus dem Alltag: Fehlt beim Kochen eine Zutat oder beim Möbelaufbau eine Schraube, steht meist alles still. Im industriellen Maßstab kann das bedeuten: keine Teile, kein Auto. Unsere Lieferketten sind heute hochgradig komplex, global und auf Effizienz ausgelegt. Fällt ein einziges Teil aus, sei es durch eine Naturkatastrophe, einen Cyberangriff oder geopolitische Spannungen, kann dies die Produktion gefährden. Deshalb denken wir bei Porsche Beschaffung heute anders: vorausschauender, vernetzter und deutlich resilienter. **Welche Strategie verfolgen Sie, um Lieferketten auch in Krisenzeiten stabil und widerstandsfähig zu halten?** Entscheidend ist die Transparenz in der gesamten Lieferkette – also über unsere direkten Lieferanten hinaus. Uns interessiert: Wer sind die Partner dahinter? Wo haben sie ihre Standorte und welchen Risiken sind sie ausgesetzt? Dabei simulieren wir beispielsweise Wetterereignisse oder Cyberattacken. Wir bewerten globale Rohstoffverfügbarkeiten und identifizieren Single-Source-Situationen. Über allem steht die Frage: Wo könnte ein möglicher Ausfall besonders kritisch für uns sein? **Und welche konkreten Maßnahmen ergreifen Sie, um Risiken zu minimieren?** Hier braucht es ein ganzes Maßnahmenbündel. Als vergleichsweise kleiner Hersteller können wir nicht überall auf eine Zwei-Lieferanten-Strategie setzen. Stattdessen überlegen wir uns etwa, wo wir bei kritischen Materialien gezielt Lagerbestände in Werksnähe aufbauen. Oder wir beauftragen zusätzliche Werkzeugsätze, die bei Bedarf schnell aktiviert werden können. **Wie wählen Sie Lieferanten aus, welche Kriterien sind dabei besonders wichtig?** Die Auswahl unserer Lieferanten ist immer Teamwork. Beschaffung, Entwicklung und Produktion arbeiten eng zusammen. Häufig entwickeln wir die Lösungen gemeinsam mit unseren Lieferanten. Hierbei spielt die technische Bewertung in enger Abstimmung mit unserer Entwicklung eine wichtige Rolle. Die Produktion wiederum achtet sehr stark auf die Logistik. Jeder potenzielle Partner durchläuft ein umfassendes Auditverfahren. Dabei geht es um Qualitäts- und Machbarkeitsaudits. Aber auch um eine umfassende Risikoanalyse. Ein fester Bestandteil bei der Auswahl sind zudem Kriterien bei der Nachhaltigkeit. Also rechtliche, ethische und ökologische Standards. >Viele unserer Fahrzeuge sind stark individualisiert – das erfordert flexible, anpassungsfähige Partner. Viele Mittelständler aus Deutschland bieten genau diese Qualität. **Wie wichtig ist Ihnen die Einbindung mittelständischer Lieferanten in Ihrer Lieferkette?** Viele unserer Fahrzeuge sind stark individualisiert – das erfordert flexible, anpassungsfähige Partner. Viele Mittelständler aus Deutschland bieten genau diese Qualität. Vor allem, wenn sie sich in unmittelbarer Werksnähe befinden. Vorteile sind kurze Wege und schnelle Reaktionszeiten. Als in Deutschland verwurzeltes Unternehmen ist uns zudem daran gelegen, die heimische und europäische Lieferkette zu stärken. **Sie haben die Nachhaltigkeit bereits angesprochen. Nochmals konkret: Wie integrieren Sie diese Kriterien in den Beschaffungsprozess?** Wie gesagt, wir denken hier ganzheitlich und in drei Dimensionen: ökologisch, sozial und ethisch. Im ökologischen Bereich legen wir besonderen Wert auf den CO₂-Fußabdruck in der Lieferkette. Hier entscheiden der Energiemix, die verwendeten Rohstoffe und der Anteil an recyceltem Material. Auch der Wasserverbrauch wird immer wichtiger. Soziale und ethische Aspekte sind ebenfalls von Bedeutung. Wir erwarten, dass internationale Arbeitsstandards eingehalten und faire Löhne gezahlt werden. **Wie haben Sie Einkaufprozesse bzw. das Lieferantenmanagement erfolgreich verbessert?** Rund 80 Prozent der Wertschöpfung entsteht bei uns in der Lieferkette. Entsprechend hoch ist die Bedeutung eines effizienten und partnerschaftlich ausgerichteten Lieferantenmanagements. Deshalb setzen wir bewusst früh an: Bereits in der Entwicklungsphase binden wir Lieferanten eng in unsere Prozesse ein. Gemeinsam können wir Kosten optimieren, die Umsetzung garantieren und verlässliche Qualität reproduzieren. Über diesen engen Austausch entstehen belastbare Partnerschaften – von Anfang an. **Wie reagieren Sie auf regionale Marktanforderungen?** Angesichts fragmentierter Märkte gewinnt die regionale Verankerung an Bedeu-tung. In China arbeiten wir beispielsweise gezielt mit starken lokalen Partnern zusammen. Mit dem Ziel, marktgerechte Lösungen zu entwickeln – etwa beim Infotainment. Auch regulatorische Anforderungen erfordern spezifische Lösungen, das Aufspüren innovativer Technologien und innovativer Partner. Immer mehr handelt es sich dabei auch um Start-ups aus branchenfremden Bereichen, etwa beim autonomen Fahren, der Konnektivität oder Software. >Bereits in der Entwicklungsphase binden wir Lieferanten eng in unsere Prozesse ein. Gemeinsam können wir Kosten optimieren, die Umsetzung garantieren und verlässliche Qualität reproduzieren. ## Infos zur Person Barbara Frenkel: Als Kind wollte sie Astronautin werden. Heute leitet Barbara Frenkel das Vorstandsressort Beschaffung der Porsche AG. Frenkel war die erste Frau im Vorstand des Sportwagenherstellers. Sie blickt auf eine mehr als 20-jährige Managementkarriere bei Porsche zurück. Zuvor war sie bei verschiedenen Automobilzulieferern tätig. Barbara Frenkel (62) scheidet zum 19. August 2025 auf eigenen Wunsch aus dem Porsche-Vorstand aus und übergibt ihre Verantwortung an Joachim Schar-nagl (49), der ihre Nachfolge antritt. Privat genießt sie Ausfahrten mit ihrem Oldtimer, einem 911 G-Modell. Sie ist begeisterte Taucherin und unternimmt gerne Ausflüge mit ihrem Hund in die Natur.