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3. Sep 2025

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Gesellschaft

ÖPNV ohne Fahrer: Chance für alle?

Journalist: Thomas Soltau

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Foto: Phuoc Anh Dang/unsplash

Autonom fahrende Shuttles könnten bald die Lücken im Nahverkehr schließen. Sie ergänzen Bus und Bahn dort, wo heute vieles nur mit dem Auto erreichbar ist – und machen Mobilität flexibler, bequemer und klimafreundlicher.

Nahverkehr mit Lücken ist in Deutschland leider der Dauerzustand und keine Ausnahme. Viele Menschen kennen das Problem: Der Zug bringt einen zügig in die nächste Stadt, doch vom Bahnhof bis nach Hause dauert es ewig. Auf dem Land oder am Stadtrand fährt der Bus nur selten, besonders abends. Nach Angaben der DB-Tochter ioki haben etwa 55 Millionen Deutsche nur eingeschränkten Zugang zum öffentlichen Nahverkehr – oft kommt höchstens einmal pro Stunde ein Bus. Zugleich verschärft sich der Personalmangel: Bis 2030 geht rund ein Drittel der Fahrer in Rente. Die Folge: Viele bleiben mangels Optionen beim eigenen Auto, und der Umstieg auf Bus und Bahn bleibt unattraktiv.

Autonome Shuttles schließen die Lücke

Die Lösung könnte in selbstfahrenden Kleinbussen liegen. Solche autonomen Shuttles lassen sich per App rufen und bringen Fahrgäste bei Bedarf von Tür zu Tür oder zumindest bis zur nächsten Station. Sie ergänzen den Linienverkehr und überbrücken die „erste und letzte Meile“ zwischen Haustür und Haltestelle. Dabei sammeln sie weitere Fahrgäste ein. Ein Algorithmus berechnet laufend die optimale Route. So entsteht ein flexibler Rufbus-Service, der individuelle Mobilität mit dem ÖPNV verknüpft. Im Unterschied zu Robotaxis, die dem ÖPNV Konkurrenz machen, sind diese Shuttles voll integriert. Sie fahren in Abstimmung mit Bussen und Bahnen und sollen ins Tarifsystem passen – idealerweise gilt auch das Deutschlandticket. Fahrerlose Minibusse sind zudem rund um die Uhr einsetzbar. Sie können entlegene Gegenden günstig bedienen, weil kein Fahrer bezahlt werden muss. Vor allem nachts oder auf dem Land wären solche Vehikel Gold wert. Für Fahrgäste heißt das: mehr Angebot, weniger Warten und der Anschluss kommt fast bis vor die Haustür.

Fahrerlose Minibusse sind zudem rund um die Uhr einsetzbar. Sie können entlegene Gegenden günstig bedienen, weil kein Fahrer bezahlt werden muss.

Praxis in Deutschland und Europa

Was nach Zukunftsmusik klingt, wird in ersten Pilotprojekten bereits erprobt. In Hamburg rollte im Projekt HEAT bis 2021 ein autonomer Shuttle-Bus mit Tempo 50 durch die HafenCity – ohne Fahrer am Lenkrad. In Bad Birnbach in Niederbayern hat die Deutsche Bahn schon 2017 einen selbstfahrenden Minibus auf die Straße geschickt. Dort können Reisende direkt vom Zug in einen geräuscharmen Shuttle umsteigen, der sie ins Ortszentrum bringt. Auch international tut sich viel. Oslo, Genf und die deutsche Stadt Herford starten im EU-Projekt ULTIMO eine Flotte autonomer Shuttles, um den fahrerlosen Linienverkehr im Alltag zu erproben.

Die Politik macht also den Weg frei: Seit 2021 sind hochautomatisierte Fahrzeuge gesetzlich im Straßenverkehr erlaubt. Ende 2024 stellte Ex-Verkehrsminister Volker Wissing eine Strategie vor, um autonome Shuttles schnell in den Regelbetrieb zu bringen. Er bezeichnete autonomes Fahren als „Schlüsseltechnologie für innovative, saubere, barrierefreie und bezahlbare Mobilität“. Bis 2030 soll es zum festen Bestandteil eines vernetzten Verkehrssystems werden. Noch fährt meist ein Sicherheitsfahrer mit. Doch Schritt für Schritt rückt der vollautonome Betrieb näher. Fachleute sind zuversichtlich, dass solche Shuttles bald selbstverständlich zum Straßenbild gehören. Vielleicht kommt dann die Bahn nicht mehr allein – ihr Anschluss fährt gleich mit, ganz ohne Fahrer.

Fachleute sind zuversichtlich, dass solche Shuttles bald selbstverständlich zum Straßenbild gehören.

9. Jul 2025

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Gesellschaft

Die Herausforderungen des Wohnens heute und morgen – ein Beitrag vin Dr. Christine Lemaitre

Kaum ein Bereich des Lebens ist so individuell und emotional behaftet wie das Wohnen. Die Gestaltung des eigenen Zuhauses spiegelt unsere Persönlichkeit wider, zeigt, worauf wir Wert legen und was wir bereits erlebt haben. Die eigenen vier Wände bieten Sicherheit und sind Orte der Entspannung. Nun rückt das Thema Wohnen in der aktuellen Debatte immer wieder in den Fokus. Es herrscht ein Mangel insbesondere an bezahlbarem Wohnraum und das in allen Schichten der Gesellschaft. Gründe dafür gibt es viele, darunter der Bevölkerungswachstum, Binnenwanderung und gestiegene Baukosten. Lösungsansätze sind vorhanden, die nicht nur angesichts der politischen Klimaziele im Einklang mit Nachhaltigkeit und Klimaschutz umgesetzt werden müssen. Denn die Auswirkungen des Klimawandels sind längst spürbar. Die Baubranche steht als einer der Hauptverursacher klar in der Pflicht, Gebäude und Außenräume wieder für den Menschen zu planen und auf eine langfristige, qualitätsvolle Nutzung auszulegen. Das größte Potenzial, um Ressourcen und CO2 einzusparen, bieten der Erhalt und bei Bedarf die Umnutzung bestehender Gebäude, wodurch auch gleich die baukulturelle Identität des Ortes bewahrt wird. Gerade in Städten, wo der Wohnraum besonders knapp ist, stehen Flächen leer deren ursprünglich vorgesehene Nutzung nicht mehr benötigt wird. Durch Offenheit und Mut kann hier etwas ganz Besonderes entstehen. Nachhaltige Strategien wie Suffizienz und Lowtech bieten sowohl im Neubau als auch im Bestand reizvolles Innovationspotenzial. Mit dem Suffizienz-Gedanken geht die Frage einher, wie viel genug ist. Sie sollte immer wieder gestellt werden, um abzuwägen, was bezüglich Fläche, Material und Gebäudetechnik wirklich gebraucht wird. Wer hier einspart, übernimmt Verantwortung. Das gesparte Geld lässt sich an anderer Stelle beispielsweise zugunsten einer hohen Qualität und guter Gestaltung sinnvoll investieren. Ein weiterer wichtiger Punkt ist Flexibilität, um auf sich ändernde Lebenssituationen reagieren zu können. Diese Ansätze sind wie geschaffen für einen neuen, zukunftsweisenden Trend beim Planen, Bauen und Erhalten von Gebäuden. Hilfestellung zur Umsetzung kann das speziell für kleine Wohngebäude entwickelte Zertifizierungssystem der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen geben. Neben Klimaschutz, Kreislauf- und Zukunftsfähigkeit stehen bei der Planung, beim Bau und bei der Sanierung nachhaltiger Wohngebäude der akustische, thermische und visuelle Komfort, sprich die Wohnqualität und das Wohlbefinden der Nutzenden im Mittelpunkt. Neben dem ganz eigenen, individuellen Rückzugsraum, bestückt mit liebgewonnenen Möbelstücken und Accessoires, entsteht dadurch ein besonderer Wert, nämlich der der körperlichen und geistigen Gesundheit. >Neben Klimaschutz, Kreislauf- und Zukunftsfähigkeit stehen bei der Planung, beim Bau und bei der Sanierung nachhaltiger Wohngebäude der akustische, thermische und visuelle Komfort, sprich die Wohnqualität und das Wohlbefinden der Nutzenden im Mittelpunkt. Als Non-Profit-Verein setzen wir uns bei der DGNB für die nachhaltige Transformation der Bau- und Immobilienwirtschaft ein. Wir klären auf, leisten Hilfestellung und sensibilisieren für ein verantwortungs- und qualitätvolles Bauen und Betreiben von Gebäuden. Das DGNB-Zertifizierungssystem verhilft dabei allen am Bau Beteiligten zu einem gemeinsamen Verständnis darüber, welche Möglich- aber auch Notwendigkeiten das nachhaltige Bauen mit sich bringt, um einen positiven Beitrag für Mensch, Umwelt und Wirtschaftlichkeit zu leisten.