Hier steht ein Lastenfahrrad auf einem Parkplatz in einer Fußgängerzone

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19. Jun 2024

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Wirtschaft

Pedal Power in der City – mit Dr. Tom Assmann

Journalist: Thomas Soltau

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Foto: Marek Lumi/unsplash

Grüne Wege in die Zukunft: Immer mehr Lastenräder werden in der Logistikbranche und im Handwerk eingesetzt. Wie Radlogistik die Effizienz der Lieferkette steigert und was sie verspricht, weiß Dr. Tom Assmann, Vorsitzender des Radlogistikverbands Deutschland e. V.

Tom_Assmann.jpg Dr. Tom Assmann, Vorsitzender des Radlogistikverbands Deutschland e. V.

Herr Assmann, für welche Branchen lohnt sich der Einsatz von Lastenrädern besonders?

Lastenfahrräder eignen sich besonders gut für Transporte in städtischen Räumen mit kleineren Lasten. Sie werden häufig für die Zustellung von Paketen, Expresssendungen, Lebensmittellieferungen, Postzustellung und teilweise Stückgut verwendet. Auch im Handwerk, bei Pflegediensten, Grünflächenpflege und Entsorgungslogistik finden sie Anwendung. Das ist ein großer Bereich, wo überall Lastenfahrräder oder Lastenanhänger sinnvoll eingesetzt werden können.

Welchen Anteil hat die letzte Meile an der Gesamt-Supply-Chain und wie beeinflusst sie die Effizienz des gesamten Logistikprozesses?

Die letzte Meile ist logistisch betrachtet oder auf der Strecke der Supply Chain eigentlich fast vernachlässigbar, insbesondere wenn man sich anschaut, wo Produkte herkommen. Aber wenn wir uns das Ganze auf der Ebene von Produktkosten und Emissionen pro Produkt anschauen, ändert sich das Bild. Obwohl die letzte Meile in Bezug auf die Gesamtstrecke der Supply Chain also kurz ist, können hier bis zu 50 Prozent der Logistikkosten und CO2-Emissionen entstehen, was die Effizienz beeinträchtigt.

Wie können die Herausforderungen bei der Bewältigung der letzten Meile in der heutigen Logistiklandschaft beschrieben werden?

Die Bewältigung der letzten Meile in städtischen Gebieten bringt hohe Kosten und Kundenerwartungen mit sich. Der steigende Kostendruck, die Erwartungen an pünktliche Lieferungen und die Notwendigkeit nachhaltiger Lösungen machen die Logistik in der Stadt zu einer großen Herausforderung. Es ist bereits ein Trend zu erkennen, dass Logistikunternehmen ihre Logistikzentren näher an die Stadt verlagern. Die Standorte rücken so an die Endkunden heran, um die letzte Meile effizienter zu gestalten und die Kundenanforderungen besser zu erfüllen.

Was sind die Vorteile von Fahrrädern für die Logistik im Vergleich zu herkömmlichen Transportmitteln?

Lastenfahrräder haben in der Stadt unglaublich viele Vorteile. Zum Beispiel, dass sie auf den Kilometer gerechnet nur zehn Prozent der Emissionen eines vergleichbaren Fahrzeuges verursachen. Elektrische Lastenfahrräder benötigen nicht nur weniger Energie, sie ermöglichen es auch, direkt vor der Haustür zu parken – und tragen zur Verkehrsberuhigung bei. Studien zeigen, dass Lastenfahrräder bei Entfernungen von bis zu drei Kilometern genauso schnell am Ziel sind wie ein konventionelles Kraftfahrzeug.

Wie sieht die Zukunft der Radlogistik aus?

Die Zukunft der Radlogistik wird von einem verkehrsberuhigten, grünen städtischen Raum geprägt sein, in dem Lastenfahrräder eine normale und weit verbreitete Transportmethode sind. Im Laufe der Zeit werden immer mehr Unternehmen auf Lastenfahrräder umstellen, angeregt durch private Erfahrungen und die wachsende Nutzung von E-Bikes. Mein Appell an Interessierte: Einfach mal Lastenfahrräder beim Händler Probe fahren. Auf der “IAA Transportation” im September wird es in Kooperation zwischen Radlogistikverband und VDA, einen Cargo Bike Parcours geben. Wir werden dort auch unsere Radlogistikkonferenz durchführen. Da kann man alles rund ums Lastenrad erfahren. Auf der inhaltlichen Ebene und natürlich ganz praktisch auf dem Sattel.

1. Okt 2025

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Wirtschaft

Die nächsten 24 Monate entscheiden: Deutschland im Transformationsfenster – Ein Beitrag von Prof. Dr. Henning Wilts

An den Begriff „Kreislaufwirtschaft“ haben die meisten Unternehmen lange Zeit einen gedanklichen Haken gemacht: Die eigenen Abfälle werden fachmännisch entsorgt, man hatte seine Hausaufgaben gemacht. Mit der Zeitenwende als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg und seitdem völlig veränderten geopolitischen Rahmenbedingungen hat sich jedoch auch das Verständnis von Kreislaufwirtschaft fundamental verändert: Von „Nice-to-have“ zur Schlüsselherausforderung eines auch mittel- und langfristig wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstandorts, der sich schlagartig bewusst wurde, wie abhängig man doch ist von Rohstoffimporten – und der Bereitschaft vieler Länder, den Zugang zu diesen als strategisches Druckmittel zu nutzen. Dementsprechend gewinnen auch zirkuläre Geschäftsmodelle zunehmend an Bedeutung, die von Anfang an mitdenken, wie die Produkte – und damit auch die darin enthaltenen Rohstoffe – am Ende der Nutzungsphase wieder zurückkommen. Immer mehr Unternehmen experimentieren daher mit Pfandsystemen oder Leasingkonzepten – getrieben von der Idee, damit die Resilienz ihrer Rohstoffversorgung zu verbessern. Ein weiterer wichtiger Treiber sind die gesetzlichen Verpflichtungen der Unternehmen, ihre Prozesse klimaneutral aufzustellen – hier ist der Einsatz recycelter Rohstoffe natürlich nicht zum Nulltarif zu haben; auf lange Sicht sind die dafür notwendigen Technologien aber schon deutlich ausgereifter und die Kosten pro eingesparter Tonne CO2 bei entsprechender Skalierung niedriger. Aber obwohl das Thema Kreislaufwirtschaft damit immer stärker auch in den Strategieabteilungen der Unternehmen ankommt, faktisch fehlt es an einer selbsttragenden Innovationsdynamik. Noch immer beträgt das Verhältnis von recycelten Rohstoffen und Gesamtrohstoffbedarf gerade mal 13 Prozent; rechnerisch sind also 87 Prozent aller Rohstoffe noch immer Primärmaterial. Die dafür von vielen genannten Gründe sind einerseits rational: In wirtschaftlich schwierigen Zeiten fehlt es an finanziellen Ressourcen, um ausreichend in die Transformation zur zirkulären Wertschöpfung zu investieren. Gleichzeitig ist den meisten sehr bewusst, dass Deutschland damit droht, seine eigentliche hervorragende Ausgangsbedingungen in diesem zentralen Zukunftsmarkt zu verspielen. Die Bundesregierung hat vor diesem Hintergrund im Dezember 2024 ihre „Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie“ (NKWS) verabschiedet. Erklärtes Ziel ist es, die Transformation zur Kreislaufwirtschaft zu beschleunigen. Dafür benennt die Strategie ambitionierte Ziele, beispielsweise die faktische Halbierung des Bedarfs an primären Rohstoffen; im Kern aber vor allem über 130 konkrete Maßnahmen. Diese gehen weit über Abfallwirtschaft hinaus, sondern betreffen z. B. die fokussierte Digitalisierung im Recyclingsektor, innovative Finanzierungsmechanismen oder auch Mindestrezyklatquoten, um so einen sicheren Absatzmarkt für hochwertige Sekundärrohstoffe zu schaffen. Aber natürlich ist Papier geduldig und die eigentliche Herausforderung liegt in der jetzt anstehenden Umsetzung. Ein zentraler Schlüssel wird dabei sein, Allianzen zu schaffen – zwischen all den Akteuren, die in einer Kreislaufwirtschaft profitieren wollen von den erhofften positiven Effekten für Klimaschutz, einheimische Beschäftigung, Aufträgen für den Maschinenbau usw. Die in der NKWS angekündigte Plattform muss es daher schaffen, genau solche Allianzen zu bilden und sich nicht in endlosen Debatten über die 100 Prozent perfekte Lösung zu verlieren – denn die internationale Konkurrenz schläft nicht und es ist überhaupt nicht gegeben, dass die erhofften Vorteile tatsächlich am Standort Deutschland realisiert werden. Die nächsten 24 Monate werden daher maßgeblich darüber entscheiden, ob Deutschland am Ende zu den Gewinnern oder den Verlierern der zirkulären Transformation gehören wird.

1. Okt 2025

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Wirtschaft

Rohstoffkreisläufe für Umreifungsbänder schließen – mit Jürgen Scheiblehner, Geschäftsführer von Strapping Solutions bei Teufelberger, weltweit größter, systemunabhängiger Hersteller von High-Performance-Umreifungsbändern

![Scheiblehner_Jürgen_bettercollect2 ONLINE.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Scheiblehner_Juergen_bettercollect2_ONLINE_a360744382.jpg) ```Jürgen Scheiblehner, Geschäftsführer von Strapping Solutions bei Teufelberger, weltweit größter, systemunabhängiger Hersteller von High-Performance-Umreifungsbändern.``` Mit better.collect haben wir den Kreis zwischen Sammlung, Aufbereitung und Wiederverwertung von Umreifungsbänder geschlossen. Es ist ein bereits funktionierender Kreislauf – und eine Einladung an die gesamte Industrie, sich dieser Win-Win-Situation anzuschließen. Unsere Erfahrung der letzten fünf Jahre zeigt klar: Die eigene Abholung und Sammlung bei einzelnen Unternehmen ist weder wirtschaftlich noch ökologisch sinnvoll. Nur durch die Nutzung bestehender Entsorger-Logistik, die für die anderen Materialströme ohnehin regelmäßig zahlreiche Firmen anfahren, kann der Rohstoffkreislauf für Umreifungsbänder effizient geschlossen werden. Unser Ziel ist es, diesen Closed Loop gemeinsam zu etablieren und damit einen Standard für verantwortungsvollen Materialeinsatz zu setzen. Mein Appell an die gesamte Branche, einschließlich Wettbewerbender: Nutzen wir diese Synergien. Allein ist dieser Weg weder kosteneffizient noch nachhaltig darstellbar. Gemeinsam aber wird er zu einer starken Lösung für Unternehmen und Umwelt. >Nur durch die Nutzung bestehender Entsorger-Logistik, die für die anderen Materialströme ohnehin regelmäßig zahlreiche Firmen anfahren, kann der Rohstoffkreislauf für Umreifungsbänder effizient geschlossen werden.