Ein Portrait von Margarethe Honisch

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4. Apr 2024

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Gesellschaft

Reich in Rente – Interview mit Margarethe Honisch

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Foto: Marcus Witte

Margarethe Honisch vermittelt Frauen Finanzwissen und trifft damit einen Nerv. Denn wer jetzt gezielt investiert, wird auch im Alter gut leben können.

Vor sieben Jahren hast du Fortunalista, eine Finanzplattform für Frauen, gegründet. Dabei warst du vorher im Medienbereich tätig. Wie kams?

Ich habe mit 27 Jahren aus schlechtem Gewissen heraus angefangen mich mit dem Thema Geld zu beschäftigen und Kurse dazu zu belegen – wo ich immer die einzige Frau unter älteren, weißen Männern war! Ich habe begonnen zu investieren und gesehen, wie gut das funktioniert. So habe ich meinen Job gekündigt, um andere Frauen für dieses Thema zu begeistern.

Wie waren denn die ersten Reaktionen darauf?

Witzigerweise waren da echt große Unterschiede: Die Männer waren sehr interessiert und fanden die Idee cool. Doch als ich eines Abends mit meinen Freundinnen zusammensaß und über alle möglichen intimen Dinge gesprochen wurde, und ich irgendwann fragte, was eigentlich jede so mit ihrem Geld macht, da waren sie regelrecht schockiert! Mittlerweile sprechen wir viel öfter darüber. Doch es wird anders wahrgenommen, wenn eine Frau anstatt eines Mannes sagt, mir ist Geld wichtig, denn ich möchte finanzielle Sicherheit.

In deinem Bootcamp geht es im ersten Modul um das Mindset. Woran hapert es vorrangig beim finanziellen Mindset bei Frauen?

Vergleicht man Männer und Frauen, sieht man den größten Unterschied tatsächlich im Mindset, in der finanziellen Selbstwirksamkeit. Traue ich mir zu, Finanzwissen zu lernen, zu verstehen und auch umzusetzen? Finanzkompetenz besteht aus Wissen, Fähigkeiten und Selbstwirksamkeit. Oft zeigt sich bei Frauen eine grundsätzlich negative Einstellung zu Geld, manchmal auch die Befürchtung, durch Investments jemandem etwas wegzunehmen.

In Medizin und Jura sind Frauen an den Unis mittlerweile in der Überzahl, in Finanzplanung dagegen scheinen sie um Jahrzehnte zurückzuliegen. Was müssen wir Frauen vor allem lernen? Ich glaube, wir müssen bereits in den Schulen mit dem Thema anfangen. Denn wenn das Thema weder zuhause noch in der Schule angesprochen wird, wo soll man es denn überhaupt lernen? Wissen zu vermitteln ist das eine, doch wir brauchen auch Zugang zu dem Thema. Man merkt, dass es sehr lange in männlicher Hand war, dass viele für Frauen wichtige Punkte keine Erwähnung finden. Frauen wollen oft nachhaltig investieren und interessieren sich für soziale Aspekte. Diese Bedürfnisse wurden bisher oft vernachlässigt.

Der iShares Global Clean Energy ETF verlor jedoch im letzten Jahr ein Drittel seines Werts. Ist die Bevorzugung nachhaltiger ETFs jetzt ein frauenspezifisches Risiko?

Dieser Fonds ist ein sehr bekannter und beliebter ETF, es ist allerdings ein Themen-ETF, in dem die Top Ten der rund 100 gelisteten Aktien fast die Hälfte seines Volumens ausmachen. Das bedeutet ein hohes Klumpenrisiko. Als Anfänger sollte man davon die Finger lassen und sich lieber etwas breit diversifiziertes aussuchen, wo verschiedene Regionen, aber auch unterschiedliche Branchen enthalten sind. Auch wenn die Fünfjahresperformance dieses ETFs bei über 60 Prozent steht. Wer nachhaltig investieren will, kann auch einen Blick auf die Varianten des MSCI World werfen: In der ersten Abstufung (ESG) werden etwa 100 Unternehmen herausgefiltert, im SRI (Socially Responsible Index) verbleiben noch rund 400 der ursprünglichen 1.600 Unternehmen. Im Vergleich fällt die Rendite der nachhaltigen ETFs sogar höher aus, bei gleichbleibenden Kosten!

Investieren erfordert Mut. Wie können Frauen die Angst davor verlieren – und warum ist Investieren grundsätzlich besser als ein Sparbuch?

Auf Sparbuch oder Girokonto verliere ich Jahr für Jahr Geld, denn mit den derzeitigen Zinsen kann ich die Inflation nicht schlagen. Viele Frauen sind immer noch geschockt, wenn sie sehen, wie niedrig ihre zu erwartende gesetzliche Rente tatsächlich ausfällt. Sie sichert in keiner Weise den Lebensstandard. Geld zu investieren bedeutet hier wirklich Absicherung, nicht Spekulation! Und dazu ist es wichtig, den ersten Schritt zu machen.

Wie viele Stunden pro Woche sollten wir uns mit unserem Geld beschäftigen?

Bei uns liegt der Anfangsaufwand im Fortunalista Bootcamp bei etwa fünf Stunden die Woche, danach reicht es aus, wenn ich mich einmal im Jahr damit beschäftige und darauf achte, gegebenenfalls meine ursprüngliche Anlagestrategie wieder herzustellen.

Wie teilt man seine Investitionen am besten auf?

Das ist absolut individuell. Je älter ich bin desto mehr muss ich auf Sicherheit achten. Eine Hauptformel lautet: 100 minus Lebensalter. Dieser Anteil sollte in Aktien investiert werden. Bin ich 30 Jahre alt, sollte ich also 70 Prozent Aktien im Depot haben. Allerdings greifen solche Faustformeln oft zu kurz. Ich sollte auch meine finanzielle Situation und meine Ziele dabei berücksichtigen. Grundsätzlich gilt: Wenn ich mit 20 Jahren zu investieren anfange, habe ich noch 47 Jahre bis zur Rente! Da kann ich mit wenig Geld wirklich viel erreichen. Aber auch wenn ich 50 bin, bleiben noch 17 Jahre Zeit und das ist viel. Nur brauche ich mehr Geld und muss vorsichtiger sein.

Wohin investierst du am liebsten?

Ich bin eher eine risikoreiche Anlegerin. Ich besitze ETFs, aber auch Einzelaktien und Kryptowährungen, und investiere seit ein paar Jahren in andere Unternehmen. Kryptowährungen würde ich aber niemandem empfehlen, da sie viel zu risikoreich sind! Aber mir macht das wirklich Spaß.

Interessanter Fakt:

Margarethe Honisch ist Frühaufsteherin und startet meist mit einem Matcha Latte in den Tag. Sie versucht seit Jahren, ihre Zimmerpflanzen genauso erfolgreich zum Wachsen zu bringen wie ihr Vermögen. Bisher aber recht erfolglos.

23. Okt 2025

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Gesellschaft

„Bewusst Anlegen!“ – Ein Beitrag von Margarethe Honisch, Gründerin der Finanzplattform Fortunalista, Speakerin, Spiegel-Bestseller-Autorin und Finanzkomlumnistin

Die deutsche Anlagekultur könnte kaum vielfältiger sein. Während die Frage nach finanzieller Vorsorge drängender wird als je zuvor, klaffen die Herangehensweisen der Generationen weit auseinander. Generation Z zeigt sich offen, neugierig und digital. Sie informiert sich auf Social Media, tauscht sich auf Plattformen aus und wagt mutig erste Schritte in Richtung Investments, allerdings oft spontan und ohne langfristige Strategie. Die Boomer-Generation hingegen bleibt zögerlich. Viele scheuen das Risiko, vertrauen weiterhin auf altbewährte Sparmodelle oder haben Berührungsängste mit modernen Finanzthemen. Was jetzt zählt, ist ein neues, generationenübergreifendes Money Mindset. Ein Mindset, das nicht nur den Weg zur bewussten Geldanlage ebnet, sondern das Investieren selbst zur Normalität macht. Gerade junge Menschen zeigen dabei, dass Interessen und Hobbys auch ein Schlüssel zu klugen Investitionen sein können. E-Sports und Gaming sind längst keine Randerscheinung mehr, sondern ein globaler Wachstumsmarkt. Wer ohnehin Zeit mit Spielen, Streams oder Turnieren verbringt, kennt die großen Player, die Trends und die Dynamik. Dieses Wissen lässt sich nutzen, um bewusst zu investieren: Welche Hersteller haben die Marktmacht? Wo entwickelt sich der Markt hin? Wer hier reflektiert Entscheidungen trifft, verbindet Freizeit mit Vermögensaufbau und zeigt, dass Investieren dort beginnt, wo man sich auskennt. >Finanzielle Bildung darf kein Luxus sein und Geldanlage kein Thema für wenige Insider bleiben. Es braucht transparente Informationen, Aufklärung und den offenen Dialog, um Investieren für alle zugänglich zu machen. Doch das ist nur ein Beispiel. Die Realität ist: Finanzielle Bildung darf kein Luxus sein und Geldanlage kein Thema für wenige Insider bleiben. Es braucht transparente Informationen, Aufklärung und den offenen Dialog, um Investieren für alle zugänglich zu machen. Denn nur wer lernt, mit Geld reflektiert und strategisch umzugehen, kann echte finanzielle Unabhängigkeit erreichen – bewusst, nachhaltig und generationenübergreifend. Genau gilt es, Wissen zu teilen, Ängste abzubauen und Mut zu machen, den ersten Schritt zu gehen. Denn finanzielle Unabhängigkeit ist kein unerreichbares Ideal, sondern das Ergebnis vieler kleiner, bewusster Entscheidungen. Jede und jeder kann lernen, Verantwortung zu übernehmen für die eigene Zukunft und für die Gestaltung einer neuen, offenen Anlagekultur. Finanzen dürfen kein Tabuthema mehr sein. Wer heute beginnt, bewusst anzulegen, verändert nicht nur das eigene Leben, sondern auch die Perspektiven der nächsten Generation.

2. Okt 2025

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Gesellschaft

Lebensmittel sind weit mehr als bloße Konsumgüter – Ein Beitrag von René Püchner, Präsident Lebensmittelverband Deutschland

Sie sind Kultur, Identität, Genuss und Spiegel gesellschaftlicher Vielfalt. Sie vereinen jahrhundertealtes Handwerk mit modernster Technik, globale Lieferketten mit regionalem Bewusstsein, individuelle Lebensstile mit kollektiver Verantwortung. Wer über Lebensmittel spricht, spricht über auch über die Art und Weise, wie wir leben, genießen und gestalten wollen. Unsere aktuellen Umfragedaten zeigen eindrücklich: Eine überwältigende Mehrheit der Bevölkerung hält Lebensmittelvielfalt für wichtig. Zwischen dem 15. und 18. Juli 2025 befragte das Meinungsforschungsinstitut forsa im Auftrag unseres Verbandes 1.037 Menschen bundesweit. Das Ergebnis: 76 Prozent beurteilen Vielfalt als „wichtig“ oder „sehr wichtig“. Besonders deutlich ist die Haltung bei Jüngeren: 94 Prozent der 18- bis 29-Jährigen betonen, wie essenziell Vielfalt für sie ist. Für 81 Prozent ist sie Ausdruck kultureller Vielfalt, für 78 Prozent integraler Bestandteil moderner Ernährung. Und 77 Prozent probieren gern Gerichte aus anderen Kulturen – ein Ausdruck von Neugier und kulinarischer Offenheit. Diese Zahlen belegen eindrucksvoll: Vielfalt ist kein Luxus, sondern eine Erwartung. Ein Grundbedürfnis in einer dynamischen, global vernetzten Gesellschaft. Die Lebensmittelwirtschaft trägt Verantwortung, diese Erwartungen nicht nur zu erfüllen, sondern aktiv zu gestalten – durch Transparenz, Qualität und Innovation. >Der Wunsch nach gezielter Ernährung – sei es vegetarisch, proteinreich, bio oder funktional – wächst. Digitalisierung und Künstliche Intelligenz eröffnen neue Möglichkeiten, beispielweise mit Blick auf Lieferketten, Rückverfolgbarkeit und der Vermeidung von Lebensmittelverlusten. Mit Blick auf soziale Teilhabe und Integration richtet sich unser Blick auch auf strukturelle Vielfalt. So hat der Lebensmittelverband gemeinsam mit der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie das „What the Food“-Forum: Diversity in the Food Industry initiiert, das am 18. September 2025 in Berlin stattfand. Unter anderem unter dem Motto „Migration als Erfolgsfaktor in der Lebensmittelbranche“ beleuchteten wir Beiträge von Menschen mit Migrationsgeschichte, diskutierten Chancengleichheit und kulturelle Sensibilität und zeigten, wie Vielfalt gelebt wird und Mehrwert schafft. Die Herausforderungen, vor denen wir in der Lebensmittelwirtschaft stehen, sind durchaus komplex: Klimawandel und Ressourcenschutz erfordern neue Wege in Produktion, Logistik und Verpackung. Der Wunsch nach gezielter Ernährung – sei es vegetarisch, proteinreich, bio oder funktional – wächst. Digitalisierung und Künstliche Intelligenz eröffnen neue Möglichkeiten, beispielweise mit Blick auf Lieferketten, Rückverfolgbarkeit und der Vermeidung von Lebensmittelverlusten. Verbraucherinnen und Verbraucher erwarten Transparenz, verlässliche Qualität, klare Informationen. Zugleich wünschen sie Vielfalt, Inspiration und genussvolle Erfahrungen. Diesen hohen Anspruch erfüllen wir. Wir setzen in Produktion, Entwicklung und Kommunikation auf qualitativ hochwertige Zutaten, klimafreundliche Verfahren, ressourcenschonende Verpackungen und kultursensible Ansätze. Als Lebensmittelverband Deutschland verstehen wir uns als Brücke: Zwischen Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Wir bieten Orientierung durch fundiertes Wissen, begleiten Trends faktenbasiert und fördern den Dialog über die Ernährung von morgen.