Hier sieht man eine Gruppe protestieren

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9. Apr 2024

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Wirtschaft

Resilienz ist mehr als Krisenmanagement – Ein Beitrag von Tanja Kruse-Jones

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Foto: Presse, Kajetan Sumila/unsplash

Seit einigen Jahren werden Unternehmen durch multiple Krisen herausgefordert: Naturkatastrophen, kriegerische Auseinandersetzungen, Klimawandel, politische und gesellschaftliche Veränderungen, zunehmende Regulatorik, die ökonomischen Herausforderungen eines angespannten Marktes sowie disruptive Technologien. Insbesondere Unternehmen mit komplexer Wertschöpfung und globalen, hochvernetzten Lieferketten setzen sich mit den Erkenntnissen erlebter Krisen auseinander und wenden diese für Strategien und Maßnahmen für aktuelle Herausforderungen an.

Tanja Kruse-Jones_ISG.png Tanja Kruse-Jones leitet das Team Supplier Ecosystem Management in Europa beim führenden globalen Technologieforschungs- und Beratungsunternehmen Information Services Group (ISG) und kümmert sich insbesondere um die Themen Risikomanagement, Compliance und Nachhaltigkeit.

Resilienz ist dabei sehr viel mehr als Krisenmanagement: Es geht nicht nur um die Vorbereitung für das Abrufen von Notfallplänen, sondern mindestens ebenso sehr um präventive Maßnahmen, um Gefährdungen nach Möglichkeit zu vermeiden oder zu mindern. Erst das Verständnis möglicher Risiken und Abhängigkeiten ist die Voraussetzung für Resilienz.

Dazu müssen die jeweiligen Auswirkungen identifiziert sowie entsprechende Strategien entwickelt und Ressourcenbedarfe ermittelt werden. Dabei ist das Zusammenwirken relevanter Unternehmensbereiche, die von Risiken betroffen wären bzw. an mitigierenden oder vorbeugenden Maßnahmen beteiligt sein müssen, entscheidend. Denkt man beispielsweise an die Möglichkeit eines Unfalls in der Produktionsstätte eines Lieferanten, so kann dies von Personenschäden über rechtsrelevante Auswirkungen und Compliance-Verstöße aufgrund fehlender Arbeitsschutzmaßnahmen bis hin zu einer Beeinträchtigung der Bereitstellung von Produkten sowie Reputationsschäden nach sich ziehen. Risikomanagement in der Lieferkette – Compliance – Nachhaltigkeit – dieses Dreigestirn ist nur ein Exempel der miteinander verzahnten Unternehmensfunktionen, die in ihrer Risikostrategie und ihrem Zusammenarbeitsmodell eng verknüpft sein müssen.

Eine resiliente Unternehmensführung nutzt die enormen Herausforderungen notwendiger Vorbereitungen als Chance. Gerade die zunehmende Regulatorik ist in diesem Zusammenhang trotz der mit ihr verbundenen Aufwände zur Erfüllung vielschichtiger Berichtspflichten auch ein Antrieb, sich mit verschiedenen Risiken und Chancen für das Unternehmen auseinanderzusetzen, Transparenz herzustellen, informierte Entscheidungen zu treffen und Ressourcen zu allokieren.

Technologie ist dabei einer der wesentlichen Treiber. Daten schaffen auf strategischer und operativer Ebene Transparenz über Risiken und Chancen; KI modelliert Risikoszenarien und unterstützt Prozesse; IT-Lösungen standardisieren und automatisieren Aktivitäten und unterstützen die bereichsübergreifende Zusammenarbeit. Je komplexer die Wertschöpfungskette ist, desto größer ist der Nutzen von Technologie. Doch erst das Risikobewusstsein und eine entsprechende Kultur im Unternehmen, das Vorhandensein einer Risikostrategie und klarer Kommunikationswege und Entscheidungsmandate und die Einbindung der Expertise von Mitarbeitenden der verschiedenen Unternehmensbereiche stellen sicher, dass Risiken ganzheitlich betrachtet und erfolgreich gemanagt werden können.

30. Jun 2025

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Wirtschaft

Krise als Chance: Wie KI und strategisches Supply Chain Management Europas Rolle stärken können – Ein Beitrag von Dr. Lars Kleeberg, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands für Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME)

Globale Lieferketten stehen unter massivem Druck. Handelskonflikte, Protektionismus und geopolitische Krisen haben die Weltwirtschaft grundlegend verändert – mit direkten Auswirkungen auf Produktion, Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit. Seit Trumps Zoll-Eskalationen ist klar: Lieferketten sind keine stille Infrastruktur im Hintergrund mehr – sie sind kritische Erfolgsfaktoren für Unternehmen und Volkswirtschaften. Just-in-time ist out, just-in-case-Konzepte sind jetzt notwendig. Es ist höchste Zeit, dass Deutschland und Europa ihre Abhängigkeiten hinterfragen und ihre Versorgungssicherheit neu denken. Politik und Wirtschaft sind gleichermaßen gefordert, die Schlüsselrolle von Einkauf, Logistik und Supply Chain Management strategisch anzuerkennen und aktiv zu stärken. Gerade Deutschland als Exportnation ist in besonderem Maße auf stabile, resiliente Lieferketten angewiesen. Steigende regulatorische Anforderungen wie CSRD, CSDDD, EUDR oder REACH verschärfen den Druck auf die Unternehmen zusätzlich: Einkauf, Supply Chain Management und Logistik müssen heute ökologische, soziale und wirtschaftliche Ziele gleichzeitig erfüllen – ein Spagat, der die Komplexität erheblich erhöht und insbesondere den Mittelstand herausfordert. In diesem Spannungsfeld wächst die Bedeutung von Künstlicher Intelligenz. Mithilfe von KI können Supply Chain-Manager Transparenz entlang globaler Lieferketten herstellen, Risiken frühzeitig erkennen, Compliance-Anforderungen effizienter erfüllen und Prozesse automatisieren. Doch trotz des enormen Potenzials sind KI- Anwendungen heute oft noch Pilotprojekte – gehemmt durch mangelnde Integration, rechtliche Unsicherheiten und zögerliche Entscheidungen in der Unternehmensführung. Es braucht deshalb eine klare Haltung in den Vorstandsetagen: Der strategische Einsatz von KI muss Chefsache werden. Nur, wer Technologie gezielt integriert und daraus neue Fähigkeiten entwickelt, sichert sich langfristige Wettbewerbsvorteile. Gleichzeitig müssen die politischen Entscheidungsträger in Berlin und Brüssel an einem Strang ziehen. Angesichts geopolitischer Spannungen, zunehmenden Protektionismus und wirtschaftlicher Entkopplung muss die EU mit einer Stimme zentrale Handelsabkommen und strategische Partnerschaften vorantreiben. Die neue Bundesregierung muss zügig die wirtschaftliche Resilienz unserer Unternehmen durch ein neues Außenwirtschaftsgesetz stärken und die versprochene Expertenkommission zur Risikoanalyse globaler Abhängigkeiten einsetzen. Europa kann gestärkt aus dieser Krise hervorgehen, wenn es gelingt, strategische Rohstoffe zu sichern, Handelsbeziehungen auf Augenhöhe auszubauen und ein level playing field – insbesondere im Verhältnis zu China – durchzusetzen. Ein strategischer Wandel ist unumgänglich. Insbesondere für Deutschland und Europa gilt: Versorgungssicherheit, Innovationsfähigkeit und wirtschaftliche Souveränität sind untrennbar mit robusten Lieferketten verbunden. Supply Chain Management, Einkauf und Logistik sind längst keine operativen Randfunktionen mehr – sie sind zentrale Erfolgsfaktoren in einer zunehmend fragmentierten Weltwirtschaft. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit Europas entscheidet sich nicht in der nächsten Krise – sie entscheidet sich jetzt. >Angesichts geopolitischer Spannungen, zunehmenden Protektionismus und wirtschaftlicher Entkopplung muss die EU mit einer Stimme zentrale Handelsabkommen und strategische Partnerschaften vorantreiben.

27. Jun 2025

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Wirtschaft

Warum deutsche Gründlichkeit KI nicht killt, sondern krönt – mit Markus Willems, Geschäftsführer der wibocon GmbH

![Markus Willems-2025 Online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Markus_Willems_2025_Online_14a23ae24b.jpg) ``` Markus Willems, Geschäftsführer der wibocon GmbH ``` Die Integration von Künstlicher Intelligenz in die deutsche Wirtschaft erfordert einen strategischen Balanceakt. Unternehmen müssen robuste Dateninfrastrukturen schaffen, in Fachkräfte investieren und eine Innovationskultur etablieren, die KI als Werkzeug versteht, nicht als Bedrohung. Die Absicherung von KI-Modellen gegen Angriffe wie Model oder Data Poisoning verlangt einen ganzheitlichen Ansatz: kontinuierliches Monitoring, regelmäßige Audits und die Implementierung des „Security-by-Design”-Prinzips. Besonders wichtig ist die Nachvollziehbarkeit von KI-Systemen durch transparente Dokumentation der Trainingsverfahren und Datenquellen. „Trustworthy AI” bedeutet im Cybersicherheitskontext konkret: Robustheit gegen Manipulationen, Transparenz in Entscheidungsprozessen und nachvollziehbare Compliance-Mechanismen. Deutschland kann hier durch die Verbindung seiner traditionellen Stärken in Qualitätssicherung mit innovativen KI-Ansätzen Standards setzen – nicht durch übermäßige Regulierung, sondern durch praxisnahe Zertifizierungsverfahren und Best Practice-Richtlinien. Die Cybersicherheitsanforderungen werden zur Chance, wenn sie sich als Qualitätsmerkmal „Made in Germany” etablieren lassen. Deutsche Unternehmen können durch vertrauenswürdige KI-Lösungen internationale Wettbewerbsvorteile erzielen – vorausgesetzt, Sicherheitsanforderungen werden nicht als Innovationshemmer, sondern als Qualitätstreiber verstanden. Dabei lässt sich die technologische Abhängigkeit von Cloud-Anbietern durch hybride Ansätze reduzieren: Kritische Prozesse können in europäischen Cloud-Infrastrukturen verbleiben, während standardisierte Schnittstellen die Interoperabilität sicherstellen. Entscheidend ist stets die Entwicklung souveräner Kompetenzen für Datenverarbeitung und -analyse, ohne sich vom globalen Innovationsökosystem abzukoppeln. Letztlich wird erfolgreiche KI-Integration in Deutschland davon abhängen, ob es gelingt, Sicherheit nicht als Gegenpol zu Innovation zu begreifen, sondern als deren Fundament. >Deutsche Unternehmen können durch vertrauenswürdige KI-Lösungen internationale Wettbewerbsvorteile erzielen – vorausgesetzt, Sicherheitsanforderungen werden nicht als Innovationshemmer, sondern als Qualitätstreiber verstanden.