30. Apr 2021
|
Lifestyle
Journalist: Chan Sidki-Lundius
Kathrin Heckmann ist Fräulein Draußen, Deutschlands bekannteste wandernde Bloggerin.
Dass sie erst so richtig glücklich ist, wenn sie in einer menschen-leeren Landschaft wandert und von ihrem Zelt aus das Meeresrauschen hört oder den Sonnenuntergang betrachten kann, das war Kathrin lange Zeit nicht bewusst. Aber als sie ihr Zelt zum ersten Mal auf einem einsamen schottischen Hügel aufschlug und die Abendsonne genoss, war es um sie geschehen. Ihre Leidenschaft fürs Wandern und Rad-fahren füllte sie eines Tages so aus, dass sie ihren Job als Marketing-Managerin aufgab und beschloss, das Unterwegssein zu ihrem Beruf und Alltag zu machen. Seitdem ist die 33-Jährige, die ursprüng-lich aus München kommt und heute in den Niederlanden lebt, ständig unterwegs: ob auf einer 1.000-Kilometer-Fernwanderung in Australien, einem Solo-Roadtrip durch Alaska oder einer kurzen Mehrtagestour durch Brandenburg. Ihre Reiseerlebnisse teilt sie seit 2013 auf ihrem Blog. Dass sie damit einmal ihren Lebensunter-halt bestreiten würde, daran hätte sie im Traum nicht gedacht. Wir haben mit der sympathischen Bloggerin gesprochen.
Wandern ist für mich die vielleicht schönste Art, diese Welt zu entdecken. Man ist langsam unterwegs, ganz nah an allem dran, sieht und erlebt so viele Dinge, die man sonst verpassen würde. Gleichzeitig bedeutet Wandern aber natürlich auch Herausforderung, körperlich und auch mental, sowie eine große Portion Abenteuer. Für mich ist das die ideale Mischung.
Ich musste 2020 einige Reisen absagen bzw. verschieben. Mein großes Herzensprojekt konnte ich aber zum Glück trotz Corona umsetzen. Ich bin im letzten Sommer zwei Monate lang mit dem Rad und meinem Zelt durch Schweden und Norwegen gefahren. Daneben habe ich vor allem kleinere Ausflüge in der näheren Umgebung unternommen – ausgedehnte Tagestouren mit dem Rad oder kürzere Mehrtagestouren zu Fuß. Wie vermutlich viele andere Menschen habe auch ich diese Art von „kleineren“ Abenteuern nochmal ganz neu zu schätzen gelernt.
Da gab es natürlich unzählige, aber eine meiner tollsten und prägendsten Reisen war meine dreimonatige Fernwanderung durch Großbritannien. Loszugehen und zu wissen, dass man für lange Zeit nichts anderes tun muss, als einen Fuß vor den anderen zu setzen, ist eine ganz besondere Erfahrung.
Unerfreuliche auf jeden Fall so einige. Die hatten meistens mit schlechtem Wetter oder zur Neige gehenden Schokoladenvorräten zu tun. Wirklich brenzlige Situationen aber eigentlich nicht, und wenn, dann fanden die eher in meinem Kopf statt. Als ich zum Beispiel zum ersten Mal allein in Grizzly-Gebiet gewandert bin, war das schon ziemlich aufregend. Obwohl ich mich gut informiert hatte und genau wusste, dass Bären in aller Regel einfach nur das Weite suchen, wenn man ihnen begegnet.
Ja, Wandern und andere Outdoor-Aktivitäten liegen im Trend. Ich glaube aber nicht, dass es die Menschen nur deswegen verstärkt nach draußen zieht, weil sie irgendwelche Bilder auf Instagram gesehen haben. Diese Sehnsucht nach Natur und nach Abenteuer schlummert, so glaube ich, einfach in vielen (allen?) von uns. Das wird nur allzu leicht verdrängt in der modernen Welt, in der wir leben.
Einfach machen! Und langsam herantasten, wenn man sich unsicher fühlt. Als ich mit dem Wandern begonnen habe, wusste ich auch nicht so wirklich, was ich da tue. Zu Beginn habe ich mich auf kleine Tageswanderungen begeben, irgendwann kam die erste Mehrtagestour, die erste Nacht allein im Zelt, die erste Fernwanderung... Man muss nicht zwingend gleich alles auf einmal machen und direkt die große Wildnistour planen.
Es gibt natürlich ein paar Basics, die auf keiner Tour fehlen dürfen: eine Regenjacke zum Beispiel und das Nötigste in Sachen Erste Hilfe. Viel wichtiger und schwieriger zu beantworten ist die Frage: Was sollte man nicht dabeihaben? Immer-hin muss man beim Wandern alles auf dem Rücken tragen, und da gilt definitiv: Weniger ist mehr.
Ziemlich wichtig. Man kann die Natur nicht lieben, ohne sie auch schützen zu wollen. Ich fliege beispielsweise mittler-weile deutlich weniger als früher, generelles Verteufeln von Flugreisen halte ich aber für falsch. Gerade in Sachen Natur- und Artenschutz bewirkt das Reisen auch Gutes: Sehr viele Naturschutzgebiete würde es ohne Touristen zum Beispiel überhaupt nicht geben. Von den Menschen vor Ort, die direkt vom Tourismus abhängig sind, mal ganz abgesehen. Ein Freiflugschein soll das aber nicht sein. Ich finde es wichtig, dass wir bewusst reisen und dass ein Umdenken speziell auch bezüglich des Fliegens stattfindet. Weniger, bewusster und mit Sinn zu fliegen ist für mich das Mittel der Wahl.
Ich hege schon seit längerem den Wunsch, endlich mal mehr von meinem Heimatland Deutschland zu entdecken. Dafür habe ich einige spannende Pläne geschmiedet, wobei selbst die natürlich aktuell schwer konkret planbar sind. Alles in allem werde ich versuchen, flexibel zu bleiben und das Jahr soweit möglich auf mich zukommen zu lassen.
„Wie ich unterwegs das Große in den kleinen Dingen fand“ lautet das lesenswerte Buch von Kathrin Heckmann (Ullstein Paperback). Es hat 256 Seiten und kostet 14,99 Euro. ISBN: 978-3864931055, mittlerweile ist das Buch auch als Hörbuch bei Audible erschienen.