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26. Sep 2025

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Business

Sicherheit trifft Compliance – mit Martin Kuppinger, Gründer und Principal Analyst der KuppingerCole Analysts AG.

Journalist: Silja Ahlemeyer

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Foto: Shutterstock, THALES

IAM beschäftigt sich mit der Verwaltung digitaler Identitäten und Zugriffsrechte. Für die Sicherheit und Zukunftsfähigkeit von Unternehmen ist es unverzichtbar.

THALES_Kuppinger_10245231 Online.jpg Martin Kuppinger, Gründer und Principal Analyst der KuppingerCole Analysts AG

Wie wichtig ist es beim Aufbau eines IAM-Frameworks, von Anfang an Vorgaben wie der GDPR und NIS2 zu beachten? Ich spreche lieber von regulatorischer Konformität als von Datenschutzvorgaben. Datenschutz, also GDPR, ist ein Teil davon. Hinzu kommen NIS2, DORA für die Finanzbranche oder nationale Regeln. Wir erwarten bald rund 29.500 Firmen in Deutschland, die unter NIS2 fallen. Hier ist ein sauberes IAM essenziell. Man sollte die Vorgaben aber nicht nur als Zwang ansehen. Denn sie zeigen ja auf, was man grundsätzlich tun muss, um sich vor Cyberangriffen zu schützen.

Wo sehen Sie die größten Risiken für Unternehmen, wenn sie IAM-Lösungen nicht regulatorisch sauber aufstellen? Zum einen finanzielle Sanktionen der Behörden und zum anderen Reputationsschäden bei Kunden. Bei Verletzung der GDPR drohen Bußgelder, bei NIS2 und in der Finanzaufsicht reichen die Mittel bis zu massivem Druck der Aufsicht, im theoretischen Extrem bis zum Entzug der Banklizenz. Oft aber ist der Imageschaden des Unternehmens teurer als die Strafe. Sicherheitsvorfälle kosten immer – operativ wie finanziell.

Wie können Firmen sicherstellen, dass sie auch zukünftige Regulierungen flexibel abbilden können? Vieles kommt ja von EU-Seite. Verordnungen wie die GDPR gelten direkt, Direktiven wie NIS2 müssen erst national umgesetzt werden. Wichtig ist, dass man nicht nur „Checklist-Compliance“ betreibt und sich mit dem Minimal-Aufwand zufriedenzugeben. Besser ist ein stabiler, methodischer Ansatz, der Auditschwerpunkte, neue Vorgaben und strenger werdende Auditoren aushält. Am besten, man bleibt immer einen Schritt vor dem Auditor – durch saubere, methodisch durchdachte Arbeit.

Sicherheitsvorfälle kosten immer – operativ wie finanziell.

Was ist die größte IAM-Baustelle in gewachsenen IT-Landschaften? Sicherlich ist das die Situation, wenn man Altsysteme ins IAM integrieren muss. Bei Access Management helfen Standards. Schwierig wird es in IGA (Identity Governance & Administration): Benutzer- und Berechtigungsmanagement verlangt tiefe Integration in heterogene Anwendungen. Altsysteme haben oft schlechte Schnittstellen. Wenn in Projekten mit hunderten anzubindenden Systemen nach Jahren nur wenige angebunden sind, sorgt das für Frust. Man muss priorisieren: erst riskante Systeme, dann ähnliche in Serie, wo es (erst einmal) nicht anders geht, manuelle Anbindung nur mit sauberen Prozessen. KI hilft, Schnittstellen schneller und effizienter zu bauen.

Was unterscheidet die Anbindung von Cloud-Anwendungen von der Integration klassischer On-Premise-Systeme auf eigenen Servern? Cloudsysteme lassen sich meist leichter anbinden, da sie offene Standards unterstützen, während ältere On-Premise-Systeme oft nur proprietäre Schnittstellen bieten. Beim Betrieb von IAM-Lösungen punkten Clouds mit geringerem Aufwand, stellen aber zugleich höhere Anforderungen bei der Integration solcher Altsysteme. Grundsätzlich geht die Entwicklung klar Richtung Cloud-IAM – wichtig ist dabei, Datenschutz, Betriebsort und Datentransfers korrekt zu regeln und IGA nicht hybrid zu fahren, um unnötige Komplexität zu vermeiden.

Welche Rolle spielen KI und Automatisierung im IAM-Universum? Eine stark wachsende. KI kann Schnittstellen schneller verstehen und Konnektoren bauen, Deployments werden hochautomatisiert. In den Prozessen brauchen wir mehr Automatik: Rechte werden zum Beispiel beantragt, aber selten entzogen. KI könnte hier Nutzungsmuster erkennen, etwa: „selten genutzt“, „nur im Jahresabschluss“ etc.; und zeitlich begrenzte Berechtigungen da vergeben, wo es Sinn macht – also dynamisch statt statisch. Das gilt erst recht für Non-Human Identities. Services und Bots verlangen immer mehr Zugriffsrechte, ihre wachsende Anzahl verlangt auch wachsende Automatisierung.

Beim Betrieb von IAM-Lösungen punkten Clouds mit geringerem Aufwand, stellen aber zugleich höhere Anforderungen bei der Integration solcher Altsysteme.

Wie hält man die Balance zwischen Sicherheit und Nutzerfreundlichkeit? Na ja, das ist ja keine Waage, bei der mehr Sicherheit weniger Usability bedeutet oder umgekehrt. Beides muss miteinander verbunden werden. Moderne Ansätze erhöhen beide Komponenten gleichzeitig. Das gelingt beispielsweise durch kennwortlose oder gar passive Authentifizierung, etwa durch Verhalten oder Kontext, anstelle eines nutzerunfreundlichen Passwortschutzes. Für besonders kritische Aktionen gibt es dann zusätzliche Faktoren.

Ihr Blick nach vorn – was verändert sich im Audit- und KI-Zeitalter? Dynamische Berechtigungen werden zunehmen. Auch wird es viel mehr KI-basierte Entscheidungen geben. Da braucht es Kontrolle und Transparenz. Bei KI-Agenten und Protokollen entstehen neue Identitäts- und Rechteketten („in wessen Kontext agiert der Agent?“). Das muss früh adressiert werden. Das Problem dabei ist, dass die Sicherheit der Innovation, wie in der Historie schon immer, hinterherhinkt.

Was raten Sie Unternehmen, die heute ganz am Anfang ihrer IAM-Reise stehen? Sie sollten nicht mit der Suche nach dem richtigen Tool beginnen, sondern erst einmal klären: Welche Fähigkeiten brauche ich? Wie muss die Identity Fabric beschaffen sein, um zu analysieren, was nötig ist? Insgesamt sollte man das Thema IAM sehr methodisch angehen. Diese Projekte sind meistens lang und teuer, von daher müssen sie vorher umso besser durchdacht werden. Und wenn der Auditor kommt: Bitte nicht in den „Headless-Chicken-Mode“ verfallen. Planvolles, durchdachtes Handeln überzeugt auch hier. Und das ist am Ende immer günstiger und sicherer.

FACTBOX

Herzlichen Glückwunsch: Martin Kuppinger feiert heute, am 26.9.2025, seinen 60. Geburtstag! Er hält sich mit Yoga und Rennrad fahren fit. Zudem steht er gern in der Küche, um etwas Leckeres zu kochen.

27. Nov 2025

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Wirtschaft

Landmaschinen-Hersteller: „In 10 Jahren ist KI auf dem Acker“ – mit Philipp Horsch, Geschäftsführer des Landmaschinen-Herstellers Horsch mit Sitz in Schwandorf bei Regensburg

![Philipp Horsch 2023 (2) ONLINE.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Philipp_Horsch_2023_2_ONLINE_6f2ac62a0a.jpg) ``` Philipp Horsch, Geschäftsführer des Landmaschinen-Herstellers Horsch mit Sitz in Schwandorf bei Regensburg ``` **Wo steht deutsche Landmaschinen-Technik im internationalen Vergleich?** Deutschland ist da führend. Wir haben im Gegensatz zu anderen Ländern eine sehr exportfreudige Industriekultur. Trotzdem macht uns die geopolitische Situation Sorgen. **Sie meinen die US-Zölle?** Ja, unter anderem. Zum Glück sind die USA für uns nur ein kleiner Markt. Wir machen dort nur ca. fünf Prozent unseres Umsatzes. **Wann kommt denn die KI auf den Acker?** Ich schätze, dass wir in 5-10 Jahren soweit sind. Die Situation auf dem Acker ist erheblich komplexer als auf der Straße. Sie wissen z. B. nie genau, wann es wie viel regnen wird. Der Boden verändert sich ständig. Davon hängt aber z. B. ab, wie tief das Saatgut eingebracht werden muss. Hinzu kommen Einflüsse im Bereich der Oberfläche wie organische Rückstände oder Steine. Trotzdem wird schon heute automatisiert gefahren, d. h.: Die Maschine fährt autonom, der Fahrer überwacht sie nur noch. **Was wird später mal aus Ihrem Familienunternehmen?** Der Generationswechsel ist eines der wichtigsten Themen eines jeden Unternehmens. Bei uns sieht es gut aus: Wir sind vier Gesellschafterfamilien mit 13 Kindern in der nächsten Generation. Wahrscheinlich die Hälfte davon tendiert in unsere Firma, vier davon sind schon operativ im Unternehmen tätig.

23. Okt 2025

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Wirtschaft

Auf dem richtigen Weg – Ein Beitrag von Felix Falk, Geschäftsführer des game – Verband der deutschen Games-Branche

Ende August schlug das Herz der gesamten Games-Welt wieder in Deutschland: Die gamescom, das weltweit größte Games-Event, schloss mit beeindruckenden Rekorden. Damit ging von der gamescom 2025 ein besonders positives Signal für die Games-Branche in Deutschland und weltweit aus. Nach zwei herausfordernden Jahren für die Branche inmitten einer globalen Konsolidierungswelle und angespannter Weltwirtschaftslage konnte man regelrecht spüren, wie sich die Stimmung verbessert. Der große Erfolg der gamescom unterstreicht den lang erwarteten Aufwärtstrend. Auch mit Blick auf die deutsche Games-Branche stimmen mehrere Entwicklungen der vergangenen Monate positiv: Nachdem die Games-Unternehmen viele Jahre unterschätzt wurden und durch schlechte Rahmenbedingungen im internationalen Vergleich bis zu 30 Prozent Kostennachteile hatten, ging es seit 2020 in diesen Punkten zwar endlich aufwärts. Die anhaltenden Probleme und Antragsstopps bei der Games-Förderung des Bundes hatten jedoch zuletzt zahlreiche Games-Unternehmen vor große Herausforderungen gestellt und Deutschland im internationalen Vergleich wieder aus dem Rennen um die besten Games-Standorte geworfen. Die Folge war nach vielen Jahren des Wachstums ein Rückgang bei der Anzahl der Games-Unternehmen und -Beschäftigten. Doch mit dem Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD kam endlich wieder ein wichtiger Impuls. Die schwarz-rote Koalition würdigt darin nicht nur die umfassenden Potenziale und Vorreiterrolle der Games-Branche. Sie schreibt die Notwendigkeit fest, die internationale Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Games-Standortes zu erhöhen. Keine 100 Tage nach Amtsantritt lässt die neue Bundesregierung, allen voran Games-Ministerin Dorothee Bär, Taten folgen: So sollen die Mittel der Games-Förderung für 2025 auf insgesamt 88 Millionen Euro erhöht werden – ab 2026 jährlich sogar auf 125 Millionen Euro. Diese Erhöhung orientiert sich endlich viel stärker am tatsächlichen Förderbedarf als die bisherige Summe von 50 Millionen Euro, bei der es wiederholt zu mehrmonatigen Antragsstopps gekommen war. Anfang August wurde zudem endlich auch der letzte Förderantragsstopp wieder aufgehoben und damit der Start von mehr neuen Spieleentwicklungen ermöglicht. Der angekündigte Aufbau eines eigenständigen Games-Referats im Forschungsministerium von Dorothee Bär soll zudem wieder die notwendige Handlungsfähigkeit für Games-Projekte innerhalb der Regierung stärken. >Der Games-Markt bleibt wirtschaftlich dynamisch. Investitionen sind daher auch nach einigen holprigen Jahren langfristig attraktiv – zumal weltweit bislang erst etwas mehr als 3 Milliarden Menschen spielen. Auch beim E-Sport wurden wichtige Knoten nach jahrelangem Hin und Her durchschlagen: Ab Anfang 2026 sollen E-Sport-Vereine endlich als gemeinnützig behandelt werden. Vor dem Hintergrund der enormen Popularität von E-Sport und der angekündigten Olympischen E-Sport-Spiele ist diese gesellschaftspolitische Würdigung ein wichtiges Signal für den deutschen E-Sport und die vielen Menschen, die sich bisher schon in diesem Bereich engagiert haben. Der Games-Standort Deutschland ist also wieder auf der richtigen Spur. Die vielen positiven Schritte der vergangenen Wochen und Monate ebnen den Weg bis zur Umsetzung der zusätzlichen steuerlichen Games-Förderung, die den weltweiten Standard darstellt und im internationalen Wettbewerb erfolgsentscheidend ist. Nicht nur wird diese den deutschen Games-Unternehmen mehr Planungssicherheit geben und für sie endlich konkurrenzfähige Rahmenbedingungen wie in erfolgreichen Ländern wie Kanada oder Frankreich schaffen. Wichtig ist die steuerliche Förderung auch für den gesamten Wirtschaftsstandort und sogar den Fiskus. Denn für jeden Förder-Euro entstehen zusätzliche 3,40 Euro an Steuern und Sozialabgaben, 4,80 Euro an zusätzlichen Investitionen sowie 8,70 Euro an Bruttowertschöpfung. Jeder Euro, der in die Games-Förderung fließt, sorgt also für zusätzliche Einnahmen für Deutschland. Jetzt muss es nur noch schnell in die Umsetzung gehen, damit wir dieses enorme Potenzial der Games-Branche auch am Digital- und Wirtschaftsstandort Deutschland nachhaltig nutzen können und den positiven Zukunftsaussichten für Games auch hierzulande nachkommen. Die Rekorde der gamescom, die positiven Weichenstellungen in der deutschen Games-Politik und viele optimistische Wachstumsprognosen zeigen: Der Games-Markt bleibt wirtschaftlich dynamisch. Investitionen sind daher auch nach einigen holprigen Jahren langfristig attraktiv – zumal weltweit bislang erst etwas mehr als 3 Milliarden Menschen spielen. Das wirtschaftliche Potenzial der Games-Branche ist daher noch längst nicht ausgeschöpft, wie wir insbesondere in wachstumsstarken Regionen wie Südostasien und Südamerika mit unseren Formaten gamescom asia und gamescom latam selbst Jahr für Jahr sehen.