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14. Nov 2024

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Wirtschaft

Smart Farming: Die Zukunft ernten – mit Marie Hoffmann

Journalist: Nadine Wagner

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Foto: Tom Finke, Taras Yasinski/pixabay

Landwirtin und Agrar-Influencerin Marie Hoffmann setzt auf digitale Lösungen, um ihren Hof effizienter und ökologischer zu bewirtschaften. Ein Gespräch über die moderne Landwirtschaft.

Marie Hoffmann (c) Tom Finke_online.jpeg Marie Hoffmann, Landwirtin & Influencerin

Smarte Geräte und Maschinen haben das Potenzial, landwirtschaftliche Betriebe kostensparend und zukunftssicher zu machen. Die Präzisionslandwirtschaft ist dabei ein Schlüssel zu effizientem Ressourceneinsatz und nachhaltigerem Wirtschaften: „Saatgut, Pflanzenschutz und Dünger können so exakt ausgebracht werden, wodurch im Falle des Düngers beispielsweise weder Über- noch Unterdüngung entsteht. Das schützt die Böden vor übermäßiger Nitratbelastung und spart teure Ressourcen. Letztlich eine Win-Win-Situation für Umwelt und Wirtschaftlichkeit.“

Innovative Ansätze in der Landwirtschaft sind längst nicht nur in Europa ein Thema. Auf einer Farm in Kalifornien lernte die Landwirtin zuletzt die intelligente Mikrobewässerung kennen: „So wird Wasser exakt in der Menge an die Pflanze gebracht, wie sie es benötigt. In wasserarmen Regionen ist das eine enorm wichtige Innovation.“ Die 27-Jährige investiert auf ihrem Hof viel in digitale Lösungen wie Robotik und Künstliche Intelligenz. Doch das ist nicht immer einfach: „Leider wurden viele staatliche Förderungen im neuen Bundeshaushalt gestrichen. Das ist frustrierend, weil von uns Landwirten mehr Effizienz und Umweltschutz gefordert wird.“ Eine Alternative könnte das Teilen und Leihen von Maschinen sein, doch auch hier gibt es Hürden: „Die Kosten von Lohnunternehmen sind stark gestiegen, und um eine Maschinengemeinschaft zu gründen, muss oft eine GbR ins Leben gerufen werden. Zudem ist es schwierig, in der Nähe Landwirte mit ähnlichem Technikbedarf zu finden.“ Besonders bei Sä- und Pflanzenschutzmaschinen sei das Zeitfenster für eine gemeinsame Nutzung oft zu eng.

Kein System kann alles, und der ständige Austausch mit dem technischen Support bedeutet unnötigen Aufwand.

Der Weg hin zu einer modernen Landwirtschaft ist also noch lang. So plant die junge Landwirtin beispielsweise seit über einem Jahr den Bau einer Agri-PV-Anlage, doch die Genehmigung fehlt – trotz Forschungscharakters. „Es ist ärgerlich, dass Freiflächenanlagen in Nähe zu Schienen oder Autobahnen ohne Mehrfachnutzung schneller genehmigt werden, dabei sollte die Doppelnutzung das eigentliche Ziel sein, damit wir keine wertvollen Flächen verlieren“, kritisiert sie. Ein weiteres Hindernis ist die mangelnde Kompatibilität zwischen Systemen verschiedener Hersteller. „Es gibt kaum standardisierte Datenformate, was es vielen Landwirten erschwert, in digitale Technologien zu investieren.“ Zwar gibt es Adapterlösungen, um ältere Maschinen zu vernetzen, doch die Vielzahl an Programmen überfordert oft. „Kein System kann alles, und der ständige Austausch mit dem technischen Support bedeutet unnötigen Aufwand“, so Hoffmann. Auch die Ausbildung junger Landwirte müsse sich stärker auf Digitalisierung und Automatisierung fokussieren. „Universitäten und Fachhochschulen sollten mehr Wert auf Themen wie Datenanalyse, Künstliche Intelligenz und Robotik legen. Diese Fähigkeiten werden in Zukunft entscheidend sein“, betont sie.

Smarte Geräte und Maschinen haben das Potenzial, landwirtschaftliche Betriebe kostensparend und zukunftssicher zu machen.

Und wie sieht für sie persönlich die Landwirtschaft der Zukunft aus? „Resilient, digital und nachhaltig. Dafür müssen jedoch alternative Anbaumethoden und Innovationen stärker gefördert und Genehmigungsprozesse beschleunigt werden, anstatt zunehmend mit Verboten zu arbeiten, um die EU-Ziele zu erreichen.“

Fakten:

Mehr als 1,3 Millionen Menschen folgen Marie Hoffmann auf Social Media, davon allein mehr als 800.000 auf Instagram. Ihr Ziel: Aufklärung über die Landwirtschaft. Sie informiert über den aktuellen Stand, technologische Innovationen, Umweltschutz und räumt mit Vorurteilen gegenüber Landwirtinnen und Landwirten auf.

30. Jun 2025

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Wirtschaft

Krise als Chance: Wie KI und strategisches Supply Chain Management Europas Rolle stärken können – Ein Beitrag von Dr. Lars Kleeberg, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands für Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME)

Globale Lieferketten stehen unter massivem Druck. Handelskonflikte, Protektionismus und geopolitische Krisen haben die Weltwirtschaft grundlegend verändert – mit direkten Auswirkungen auf Produktion, Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit. Seit Trumps Zoll-Eskalationen ist klar: Lieferketten sind keine stille Infrastruktur im Hintergrund mehr – sie sind kritische Erfolgsfaktoren für Unternehmen und Volkswirtschaften. Just-in-time ist out, just-in-case-Konzepte sind jetzt notwendig. Es ist höchste Zeit, dass Deutschland und Europa ihre Abhängigkeiten hinterfragen und ihre Versorgungssicherheit neu denken. Politik und Wirtschaft sind gleichermaßen gefordert, die Schlüsselrolle von Einkauf, Logistik und Supply Chain Management strategisch anzuerkennen und aktiv zu stärken. Gerade Deutschland als Exportnation ist in besonderem Maße auf stabile, resiliente Lieferketten angewiesen. Steigende regulatorische Anforderungen wie CSRD, CSDDD, EUDR oder REACH verschärfen den Druck auf die Unternehmen zusätzlich: Einkauf, Supply Chain Management und Logistik müssen heute ökologische, soziale und wirtschaftliche Ziele gleichzeitig erfüllen – ein Spagat, der die Komplexität erheblich erhöht und insbesondere den Mittelstand herausfordert. In diesem Spannungsfeld wächst die Bedeutung von Künstlicher Intelligenz. Mithilfe von KI können Supply Chain-Manager Transparenz entlang globaler Lieferketten herstellen, Risiken frühzeitig erkennen, Compliance-Anforderungen effizienter erfüllen und Prozesse automatisieren. Doch trotz des enormen Potenzials sind KI- Anwendungen heute oft noch Pilotprojekte – gehemmt durch mangelnde Integration, rechtliche Unsicherheiten und zögerliche Entscheidungen in der Unternehmensführung. Es braucht deshalb eine klare Haltung in den Vorstandsetagen: Der strategische Einsatz von KI muss Chefsache werden. Nur, wer Technologie gezielt integriert und daraus neue Fähigkeiten entwickelt, sichert sich langfristige Wettbewerbsvorteile. Gleichzeitig müssen die politischen Entscheidungsträger in Berlin und Brüssel an einem Strang ziehen. Angesichts geopolitischer Spannungen, zunehmenden Protektionismus und wirtschaftlicher Entkopplung muss die EU mit einer Stimme zentrale Handelsabkommen und strategische Partnerschaften vorantreiben. Die neue Bundesregierung muss zügig die wirtschaftliche Resilienz unserer Unternehmen durch ein neues Außenwirtschaftsgesetz stärken und die versprochene Expertenkommission zur Risikoanalyse globaler Abhängigkeiten einsetzen. Europa kann gestärkt aus dieser Krise hervorgehen, wenn es gelingt, strategische Rohstoffe zu sichern, Handelsbeziehungen auf Augenhöhe auszubauen und ein level playing field – insbesondere im Verhältnis zu China – durchzusetzen. Ein strategischer Wandel ist unumgänglich. Insbesondere für Deutschland und Europa gilt: Versorgungssicherheit, Innovationsfähigkeit und wirtschaftliche Souveränität sind untrennbar mit robusten Lieferketten verbunden. Supply Chain Management, Einkauf und Logistik sind längst keine operativen Randfunktionen mehr – sie sind zentrale Erfolgsfaktoren in einer zunehmend fragmentierten Weltwirtschaft. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit Europas entscheidet sich nicht in der nächsten Krise – sie entscheidet sich jetzt. >Angesichts geopolitischer Spannungen, zunehmenden Protektionismus und wirtschaftlicher Entkopplung muss die EU mit einer Stimme zentrale Handelsabkommen und strategische Partnerschaften vorantreiben.

27. Jun 2025

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Wirtschaft

Warum deutsche Gründlichkeit KI nicht killt, sondern krönt – mit Markus Willems, Geschäftsführer der wibocon GmbH

![Markus Willems-2025 Online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Markus_Willems_2025_Online_14a23ae24b.jpg) ``` Markus Willems, Geschäftsführer der wibocon GmbH ``` Die Integration von Künstlicher Intelligenz in die deutsche Wirtschaft erfordert einen strategischen Balanceakt. Unternehmen müssen robuste Dateninfrastrukturen schaffen, in Fachkräfte investieren und eine Innovationskultur etablieren, die KI als Werkzeug versteht, nicht als Bedrohung. Die Absicherung von KI-Modellen gegen Angriffe wie Model oder Data Poisoning verlangt einen ganzheitlichen Ansatz: kontinuierliches Monitoring, regelmäßige Audits und die Implementierung des „Security-by-Design”-Prinzips. Besonders wichtig ist die Nachvollziehbarkeit von KI-Systemen durch transparente Dokumentation der Trainingsverfahren und Datenquellen. „Trustworthy AI” bedeutet im Cybersicherheitskontext konkret: Robustheit gegen Manipulationen, Transparenz in Entscheidungsprozessen und nachvollziehbare Compliance-Mechanismen. Deutschland kann hier durch die Verbindung seiner traditionellen Stärken in Qualitätssicherung mit innovativen KI-Ansätzen Standards setzen – nicht durch übermäßige Regulierung, sondern durch praxisnahe Zertifizierungsverfahren und Best Practice-Richtlinien. Die Cybersicherheitsanforderungen werden zur Chance, wenn sie sich als Qualitätsmerkmal „Made in Germany” etablieren lassen. Deutsche Unternehmen können durch vertrauenswürdige KI-Lösungen internationale Wettbewerbsvorteile erzielen – vorausgesetzt, Sicherheitsanforderungen werden nicht als Innovationshemmer, sondern als Qualitätstreiber verstanden. Dabei lässt sich die technologische Abhängigkeit von Cloud-Anbietern durch hybride Ansätze reduzieren: Kritische Prozesse können in europäischen Cloud-Infrastrukturen verbleiben, während standardisierte Schnittstellen die Interoperabilität sicherstellen. Entscheidend ist stets die Entwicklung souveräner Kompetenzen für Datenverarbeitung und -analyse, ohne sich vom globalen Innovationsökosystem abzukoppeln. Letztlich wird erfolgreiche KI-Integration in Deutschland davon abhängen, ob es gelingt, Sicherheit nicht als Gegenpol zu Innovation zu begreifen, sondern als deren Fundament. >Deutsche Unternehmen können durch vertrauenswürdige KI-Lösungen internationale Wettbewerbsvorteile erzielen – vorausgesetzt, Sicherheitsanforderungen werden nicht als Innovationshemmer, sondern als Qualitätstreiber verstanden.