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14. Okt 2020

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Wirtschaft

Smart Farming für eine nachhaltige Landwirtschaft

Journalist: Alicia Steinbrück

Es geht um nicht weniger als um die „dritte grüne Revolution“. Nach der Pflanzenzüchtung und der Gentechnik wird Smart Farming die landwirtschaftliche Welt entscheidend verändern.

Es ist die Kombination von IoT (Internet of Things), GPS-Systemen, Big Data, Drohnen, Robotik und noch viel mehr. „Smart Farming hat das Potenzial, durch einen präziseren und damit auch ressourceneffizienten Ansatz eine produktivere und nachhaltigere Landwirtschaft zu unterstützen“, so die Feststellung von Smart AKIS, einem von der EU imitierten Innovationverbund für die Landwirtschaft. 

Die Digitalisierung und Vernetzung der Landwirtschaft schreiten voran. Immer öfter ersetzt der Laptop den Blick in den hundertjährigen Kalender. Farming 4.0 ist eines der zentralen Anliegen der EU-Kommission. Denn noch werden zu viele Pflanzenschutz- und Düngemittel ausgebracht, ist die CO2-Bilanz der Landwirte viel zu hoch und sollte Einsatz von Antibiotika in der Tiermast reduziert werden. Im Juli diesen Jahres machte sich die Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner bei einer Deutschland-Tour schlau, wie es in Sachen „Smart Farming“ auf den deutschen Höfen steht. Das BMEL Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hatte insgesamt 14 digitale Experimentierfelder definiert, die insgesamt in den nächsten Jahren mit zusammen 50 Millionen Euro gefördert werden. „Das Wort Präzisionslandwirtschaft wollen wir mit Leben und mit konkreten Entwicklungen und Anwendungen füllen. Durch Digitalisierung können Pflanzen passgenauer geschützt werden sowie das Tierwohl bewertet und verbessert werden – nicht nach subjektivem Bauchgefühl, sondern alles auf der Grundlage von Fakten, Daten und Wissenschaft“, so Julia Klöckner auf der Website des Ministeriums. 

So fördert der Bund zum Beispiel das Projekt „CattleHub“ der Uni Bonn. Die Forscher wollen Sensoren und Trackingsysteme entwickeln, um die Vitaldaten, wie die Atemfrequenz oder Wiederkauaktivität der Tiere in Echtzeit zu übermitteln. Auch das Projekt „FarmerSpace“ wird unterstützt. Zuckerrüben und Weizen werden digital überwacht. Mit der Hilfe von Umweltsensoren und Drohnen-Kameras sollen Krankheiten früh erkannt werden. Die riesigen Daten-mengen werden mit der Hilfe von Deep Learning aus-gewertet. Dadurch kann der gezielte Pflanzenschutz viel früher und gezielter ausgebracht werden. 

Dazu nochmal die Ministerin Julia Klöckner: „Mein Ziel ist es, die Vorreiterrolle der Landwirtschaft bei der Digitalisierung auszubauen. Mit steigenden gesellschaftlichen Anforderungen nach mehr Umweltschutz und Tierwohl muten wir unseren Landwirten schon heute viel zu. Die Digitalisierung kann dabei helfen, den notwendigen Systemwandel gemeinsam mit unseren Landwirten zu gestalten. Sie ist eine Chance für die Landwirtschaft, um Zielkonflikte zu lösen“, so Julia Klöckner auf der Homepage des Ministeriums. „Smart Farming“ wird die Landwirtschaft nachhaltig verändern – die dritte grüne Revolution Revolution hat längst begonnen. 

Foto: Drones Andreas Dress/unsplash

Die neue Welt der Agrar-Drohnen

Kürzlich berichtete die Bauernzeitung in Österreich  über einen großen Erfolg. In drei Jahren haben fünf Drohnen zur Ausbringung von Trichograma-Larven mehr als 15.000 ha Maisanbaufläche überflogen. 

Im Kampf gegen den Maiszünsler ein großer Erfolg für Nachhaltigkeit – keine Pflanzenschutzmittel im Boden und keine Verdichtung des Bodens durch tonnenschwere Traktoren, nur eine der neuen Einsatzmöglichkeiten für Drohnen in der Landwirtschaft. Längst hat der Einsatz von Drohnen große Teile der landwirtschaftlichen Betriebe erfasst. Sie fliegen über Obstplantagen und suchen nach frühen Krankheitsbildern aus der Luft. Analysiert werden Aufnahmen durch maschinelles Lernen, die aufwendigen und teuren Laboranalysen entfallen. Wärmebilddrohnen entdecken Rehkitze und Junghasen vor der Heuernte. Jedes Jahr sterben 100.000 Rehkitze unter dem Mähdrescher, die Wärmebild-Drohnen könnten hier viele Leben retten.

Schon jeder zehnte Bauer hat bereits mit Drohnen gearbeitet und geht es nach der Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner, wird das zur Normalität. „Dünge- und Pflanzenschutz-mittel könnten punktgenau und bedarfsgerecht ausgebracht werden. Der Einsatz von Giften muss verringert werden. Das will ich weiter unterstützen und ausbauen für eine tierwohlgerechtere, umweltgerechtere und transparentere zukunftsfähige Landwirtschaft. Das macht die grünen Berufe attraktiver und die Ergebnisse besser,“ sagte die Ministerin auf einer Veranstaltung in Höxter, wo der Studiengang Precision Farming seine digitalen Technologien vorführte.

Foto: Anastasiia Chepinska/unsplash

High-Tech im Kuhstall – der moderne Melkroboter

Rund 1.600 Melkroboter werden in deutschen Ställen pro Jahr aufgestellt.  

Melkroboter gibt es seit circa 30 Jahren. Heute werden etwa 35 Prozent aller Kühe automatisch gemolken. Doch die modernen Systeme können heute viel mehr als vor 30 Jahren. Automatische Fütterung und Sensoren, die erkennen, ob eine Kuh brünstig ist oder krank wird. Der Computer weiß heute alles über die Kühe im Stall. Immer mehr Landwirte investieren hohe Summen in die Digitalisierung der Kuhställe. Um den Hals haben die Tiere einen Responder/Sensor, mit Kraftfutter werden die Tiere an die neuen Maschinen und Geräusche gewöhnt. „Morgens wurden die Kühe nochmal konventionell gemolken, dann haben wir alle 75 Tiere an den Melkroboter geführt und den Computer mit der jeweiligen Transpondernummer, Euter- und Zitzenposition programmiert“, sagt Jungbauer Georg Bürgmayer aus dem bayrischen Frauenneuharting in einem Bericht des Oberbayrischen Volksblattes. High-Tech macht das Melken ebenfalls hygienisch einwandfrei. Eine 3D-Kamera steuert zwei Bürsten und reinigt die Zitzen, dann sucht sich der Roboter mit der Hilfe eines Lasers/einer Kamera die Zitzen. Logisch, dass die Milchleistung gespeichert wird und der Computer danach Futterrationanpassungen vor-schlägt. Vorteil für die Kühe: Sie entscheiden selbst, wann sie gemolken werden wollen. Vorteil für den Landwirt: Bis zu zwei Stunden mehr Zeit am Tag durch die Digitalisierung.

23. Dez 2025

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Gesellschaft

Warum es so wichtig ist, konsequent nachhaltig zu bauen – Ein Beitrag von Dr. Christine Lemaitre, Geschäftsführender Vorstand DGNB e.V.

Nachhaltiges Bauen bedeutet weit mehr als energieeffiziente Gebäude oder den Einsatz ökologischer Materialien. Es beschreibt einen ganzheitlichen Ansatz, bei dem Gebäude über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg betrachtet werden: von der Planung über den Bau und die Nutzung bis hin zu Umbaumaßnahmen oder den Rückbau. Ziel ist es, Umweltbelastungen zu minimieren, Ressourcen zu schonen, Menschen gesunde und lebenswerte Räume zu bieten und gleichzeitig wirtschaftlich sinnvolle Lösungen zu schaffen. Stand heute ist der Bausektor nach wie vor für einen erheblichen Teil der globalen CO2-Emissionen, den Verbrauch natürlicher Ressourcen und den zunehmenden Verlust der Biodiversität verantwortlich. Gleichzeitig verbringen wir den Großteil unseres Lebens in geschlossenen Räumen, die unser Wohlbefinden stärken sollen, ohne dabei die Zukunft unseres Planeten zu gefährden. Zudem leben immer mehr Menschen in der Stadt. Der Bedarf an attraktiven und dazu noch klimaresilient gestalteten Freiräumen wächst. Nachhaltige Architektur bietet einen ganzheitlichen Ansatz, um die Klimakrise zu bekämpfen, soziale Gerechtigkeit zu fördern und langfristige wirtschaftliche Stabilität zu gewährleisten. Wie ein Perspektivwechsel in diese Richtung gelingen kann, zeigen wir noch bis zum 28. Januar 2026 mit der ersten DGNB Ausstellung „What If: A Change of Perspective“ in der Berliner Architekturgalerie Aedes. Die Ausstellung fordert Besucherinnen und Besucher dazu auf, gewohnte Denkmuster zu hinterfragen und die Themenvielfalt des nachhaltigen Bauens neu und unvoreingenommen auf sich wirken zu lassen. >Nachhaltige Architektur bietet einen ganzheitlichen Ansatz, um die Klimakrise zu bekämpfen, soziale Gerechtigkeit zu fördern und langfristige wirtschaftliche Stabilität zu gewährleisten. Anhand gebauter Beispiele wird deutlich, dass viele Lösungen bereits existieren. So erfährt der Besuchende anschaulich, wie Gebäude klima- und ressourcenschonend geplant werden können, indem Materialien im Kreislauf geführt, Energie effizient genutzt oder sogar erzeugt wird und der gesamte Lebenszyklus eines Gebäudes berücksichtigt bleibt. Ebenso thematisiert werden Klimaanpassung und Resilienz: durch kluge Gestaltung, Begrünung und Freiräume können Gebäude und Städte besser mit Hitze, Starkregen oder Trockenperioden umgehen. Ein weiterer Fokus liegt auf dem Menschen. Nachhaltiges Bauen stellt das Wohlbefinden, die Gesundheit und das soziale Miteinander in den Mittelpunkt. Architektur kann Begegnung fördern, Identität stiften und bezahlbaren Wohnraum schaffen, ohne dabei die Umwelt aus dem Blick zu verlieren. Auch der verantwortungsvolle Umgang mit bestehenden Gebäuden spielt eine zentrale Rolle. Sanieren, Umnutzen und Weiterbauen im Bestand werden als Strategien gezeigt, um Flächen zu schützen und Ressourcen zu sparen. Nicht zuletzt wird klar, dass Nachhaltigkeit keine Kostenspirale sein muss. Ganzheitlich geplante Gebäude sind oft wirtschaftlicher, weil sie langfristig Betriebskosten senken, Risiken minimieren und ihren Wert erhalten oder steigern. Nachhaltiges Bauen ist kein abstraktes Expertenthema und schon gar keine Zukunftsvision, sondern eine konkrete Chance. Für lebenswerte Städte, für gesunde Räume und für eine gebaute Umwelt, die den Herausforderungen unserer Zeit gewachsen ist. Als inhaltlich getriebener Non-Profit-Verein begreifen wir das nachhaltige Bauen seit unserer Gründung vor 18 Jahren als gesellschaftliche Aufgabe, nach der wir unser Handeln ausrichten. Mit der Ausstellung laden wir jeden einzelnen ein, genauer hinzusehen, weiterzudenken und selbst Teil des Wandels zu werden. Weitere Informationen gibt es unter www.dgnb.de/aedes