11. Dez 2019
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Gesellschaft
Journalist: Armin Fuhrer
Die Bundesregierung fördert die Entwicklung des Building Information Modeling und macht die Anwendung für öffentliche Projekte ab 2021 zur Pflicht.
Kritiker zeichnen gerne Linien zwischen Stuttgart, Hamburg und Berlin und bezeichnen die so verbundenen Eckpunkte als Bermudadreieck. Denn in diesen drei Städten liegen Beispiele von großen Bauvorhaben, die aufgrund schlimmer Planungs- und Baumängel zu Desastern wurden: die Elbphilharmonie, der Bahnhof „Stuttgart 21“ und der Flughafen BER. Zwar ist die Elbphilharmonie inzwischen fertiggestellt und für den Berliner Flughafen wurde immerhin mal wieder ein „verbindlicher“ Eröffnungstermin genannt – doch alle drei Großprojekte erwiesen sich nicht nur als Blamagen für Deutschland, das selbsternannte „Land der Ingenieure“, sondern auch als tiefe Löcher, in denen Unsummen an Geld versenkt wurden. In Zukunft sollen solche Pannen vermieden werden und das Zauberwort dafür nennt sich Building Information Modeling, oder kurz BIM. Dahinter verbirgt sich die Methode der digitalen Vernetzung aller an einem Projekt beteiligten Partner.
In anderen Ländern ist BIM längst eine verpflichtende Methode, in Singapur beispielsweise schon seit 2004. Deutschland hinkt also hinterher und hat ordentlich Nachholbedarf. Deshalb erließ die Bundesregierung 2015 den BIM-Stufenplan, oder genauer: den „Stufenplan Digitales Planen und Bauen“. Das damit verbundene Ziel beschrieb der damalige Bundesbauminister Alexander Dobrindt (CSU) so: „Wir starten eine Offensive zur Digitalisierung der Baubranche. Wir wollen das digitale Planen und Bauen bundesweit zum Standard machen.“ Die selbstgestellte Aufgabe war und ist also ambitioniert.
Zwar geht es bei diesem Stufenplan um öffentliche Infrastrukturvorhaben wie den Bau von Straßen und Tunnel, aber der ins Auge gefasste Sprung ins digitale Zeitalter betrifft die ganze Baubranche. Denn die Einführung digitaler Methoden in der vollständigen Wertschöpfungskette eines Bauwerkes wird für die gesamte Branche unumgänglich sein. Deshalb sind die Erkenntnisse und Erfahrungen, die mit dem Stufenplan gesammelt werden, auch für private Bauunternehmen sehr wichtig, denn am Ende sollen alle davon profitieren.
Für die Umsetzung des Stufenplans wurden drei Schritte entwickelt. Die erste Stufe von 2015 bis 2017 galt als Vorbereitungsphase. In dieser Phase wurden Pilotprojekte durchgeführt und Standardisierungsmaßnahmen beschlossen. Außerdem diente diese Phase zur besseren Aus- und Weiterbildung der beteiligten Akteure. Derzeit läuft die zweite Stufe. Sie endet am 31. Dezember 2020. In dieser Phase sollen unter anderem rechtliche Fragen geklärt und BIM-Leitfäden entwickelt werden, um die mit BIM verbundenen Ziele auch tatsächlich erreichen zu können.
In der dritten Stufe ab 2021 soll das Leistungsniveau 1 auf breiter Basis implementiert werden. Am Ende muss sich jedes neue Infrastruktur-Bauprojekt daran orientieren. Das Leistungsniveau 1 stellt bestimmte Anforderungen an die Auftraggeber von Projekten. Dazu zählen unter anderem das Erstellen von Auftraggeber-Informations-Anforderungen (AIA), in denen ihr Informationsbedarf ebenso festgelegt wird wie der Umfang der Daten, die die Planer zu einem bestimmten Zeitpunkt zur Verfügung stellen müssen. Des Weiteren ist jeder Fachplaner verpflichtet, ein Modell zu erstellen, das mit den Modellen der anderen Beteiligten konsistent ist. Die Erfüllung dieser Anforderung wird anhand eines Koordinierungsmodells überprüft. Schließlich müssen alle Datenformate herstellerneutral sein. So ist ein problemloser Austausch der Daten möglich, ohne dass Informationen verloren gehen.
Das Ende der zweiten Stufe zum Jahresende 2020 bringt bereits für alle Bauherren, die sich für die Vergabe von öffentlichen Aufträgen für den Bundesinfrastrukturbau und den infrastrukturbezogenen Hochbau bewerben wollen, eine ganz wichtige Neuerung mit sich. Denn ab dem 1. Januar 2021 ist die Nutzung von BIM verbindlich – ohne BIM gibt es dann keine Aufträge mehr. Die Bundesregierung dreht also an den Schrauben und hat, um die Entwicklung weiter zu fördern, im vergangenen Sommer auch ein Nationales BIM-Kompetenzzentrum gegründet. Den Zuschlag dafür erhielt das Unternehmen planen-bauen 4.0 GmbH, das die Regierung bereits zuvor bei der Umsetzung des Stufenplans unterstützt hatte. Den Aufbau des Kompetenzzentrums lobte Bauminister Andreas Scheuer (CSU) bei dessen Eröffnung: „Die Einrichtung des Kompetenzzentrums, in Ergänzung zur planmäßigen Umsetzung des Stufenplans, ist ein weiterer Meilenstein im Prozess der Digitalisierung des deutschen Bauwesens und eine wichtige Voraussetzung von Bundesbauprojekten.“ Zudem biete BIM die Möglichkeit, neue Technologien wie Künstliche Intelligenz, Robotik und 3D-Druck künftig effektiv zu integrieren.
Das Kompetenzzentrum dient als die zentrale Informationsstelle zu BIM. Es soll einheitliche Normierungen erarbeiten und ein BIM-Portal mit einer Datenbank und Prüfwerkzeugen entwickeln. Auch eine Liste mit BIM-Projekten soll erstellt werden. Und nicht zuletzt soll es Aus- und Weiterbildungskonzepte erarbeiten, damit das Ziel, eine breite Verankerung von BIM in der Baubranche möglichst zügig zu erreichen, umgesetzt werden kann. Die deutsche Baubranche setzt mit dem BIM-Stufenplan also zum Sprung in die digitale Revolution an – aber es gibt noch viel zu tun.