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31. Mär 2025

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Wirtschaft

Systembaulösungen sind essenziell für die Zukunft der Bauindustrie – mit Thomas Kirmayr, Geschäftsführer der Fraunhofer-Allianz Bau und Leiter des Mittelstand-Digital Zentrum Bau

Journalist: Katja Deutsch

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Foto: Novila Misastra/unsplash, Presse

Thomas Kirmayr, Geschäftsführer der Fraunhofer-Allianz Bau und Leiter des Mittelstand-Digital Zentrum Bau, sieht großes Potenzial in Systembauteilen – für Effizienz, Kostenminimierung, Nachhaltigkeit und auch zur Abfederung des Fachkräftemangels.

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Thomas Kirmayr, Geschäftsführer der Fraunhofer-Allianz Bau und Leiter des Mittelstand-Digital Zentrum Bau

Auch wenn auf Baustellen heute noch ganz genauso gemauert wird wie vor 50 Jahren, befindet sich die Baubranche spürbar im Umbruch. „Die größten Veränderungen im Bauwesen betreffen derzeit Produktivität und Werkstoffe“, sagt Thomas Kirmayr, Geschäftsführer der Fraunhofer-Allianz Bau und Leiter des Mittelstand-Digital Zentrum Bau. „Das Bauen in Deutschland ist von vielen kleinen Unternehmen geprägt. Neue Bauweisen und Bausysteme könnten hier die Effizienz deutlich steigern. Gleichzeitig gibt es bereits große Fortschritte bei nachhaltigen Baustoffen, vor allem im Massivbau, wo CO₂-intensive Materialien durch innovative Lösungen ersetzt werden.“

Das größte Potenzial für nachhaltigeres Bauen sieht Thomas Kirmayr in innovativen Werkstoffen, die CO₂-Emissionen reduzieren. Möglich sind nämlich nicht nur klimaneutrale Baustoffe, sondern sogar CO₂-negative Baustoffe.

Besonders im Infrastrukturbau erwartet er, dass sich stabile Alternativen entwickeln, zudem sollte man zukünftige Gebäude an Klimawandelfolgen anpassen, beispielsweise als Puffer gegen Hitze und Starkregen in Innenstädten. Wird Klimaanpassung mit Biodiversität verknüpft, können Gebäude sogar mehrere ökologische Funktionen gleichzeitig erfüllen. All diese Punkte führen zu grundlegenden Veränderungen der Branche. Häufig steht der Gedanke der Langlebigkeit eines Gebäudes im Fokus, doch dessen Langlebigkeit hängt weniger von den Materialien als von Bauweise und möglichen Fehlern ab. „Naturbasierte Baustoffe wie Holz oder Ziegel können Jahrhunderte überdauern, wenn sie korrekt verbaut werden“, so Thomas Kirmayr. Als wichtigeren Aspekt beurteilt er den Blick auf die Kreislaufwirtschaft: Statt „nur“ langlebige Materialien zu nutzen, rückt die Wiederverwendbarkeit in den Fokus, um Ressourcen effizienter zu nutzen.

Systembaulösungen sind essenziell für die Zukunft der Bauindustrie, um Risiken zu minimieren, Produktivität zu steigern, Kosten zu senken und dem Fachkräftemangel zu begegnen. Doch anstatt rein auf vollständige Vorfertigung zu setzen, rät Thomas Kirmayr dazu, bestehende Strukturen zu nutzen, denn 95 Prozent der Bauausführung erfolgt in traditionellen Handwerksbetrieben. Eine vollständige Umstellung würde diese Strukturen verdrängen. Systembau hingegen integriert bestehende Betriebe, steigert deren Produktivität und ermöglicht effizientere Bau-, Montage- und Wartungsprozesse. Während industrielle Vorfertigung nur langsam wachsen kann, bietet der Systembau eine schnell umsetzbare Lösung, die Handwerk und Mittelstand einbindet.

Wie das aussehen kann, sieht man bereits im Fassaden-, Rohrleitungs- und Fensterbau. „Systemlösungen ermöglichen effiziente, handwerkerfreundliche Prozesse und können von Montagesystemen bis hin zu großflächigen Bausystemen funktionieren. Sie werden entscheidend und notwendig sein, um den steigenden Anforderungen im Wohnungs-, Infrastruktur- und Sanierungsbau gerecht zu werden und dem Fachkräftemangel zu entgegnen“, prophezeit der Geschäftsführer der Fraunhofer-Allianz Bau.

„Wenn zum Beispiel ein Heizungssystem dank neuer Systemschnittstellen in Minuten statt Stunden montiert oder getauscht werden kann, profitieren alle“, sagt Thomas Kirmayr. Standardisierte Systeme würden Prozesse beschleunigen, Qualität sichern und können schnell und wirksam umgesetzt werden.

30. Apr 2025

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Wirtschaft

Bidirektionales Laden spart Milliarden , Elektroautos können viel mehr, als „nur“ leise und ohne Abgase zu fahren

Mit bidirektionaler Ladetechnologie (BiDi) können sie Strom speichern und ins Netz zurückspeisen. Eine aktuelle Studie von Transport & Environment (T&E) zeigt, dass dies für Europas Energieversorger und Autofahrer Einsparungen in Milliardenhöhe ermöglichen könnte. Die Einsparungen resultieren aus einer effizienteren Nutzung der Erzeugungskapazitäten und einem geringeren Kraftstoffverbrauch. Um das Potenzial dieser Technologie zu nutzen, sind jedoch geeignete regulatorische Rahmenbedingungen notwendig. Laut der T&E-Studie könnte das Einsparpotenzial für Energieversorger und Verbraucher in der EU bis zu 22 Milliarden Euro jährlich betragen, was etwa acht Prozent der Kosten für das EU-Energiesystem entspricht. Von 2030 bis 2040 könnte die BiDi-Technik EU-weit mehr als 100 Milliarden Euro einsparen, allein in Deutschland bis zu 8,4 Milliarden Euro jährlich. Ein Grund für die hohen Einsparungen ist die Möglichkeit, mehr Strom aus erneuerbaren Quellen, insbesondere Solarstrom, in das Energiesystem zu integrieren. Die Nutzung der Fahrzeugakkus könnte den Bedarf an teureren stationären Speichern in der EU um bis zu 92 Prozent senken und die installierte PV-Leistung um bis zu 40 Prozent steigern. Die Halter von Elektrofahrzeugen profitieren direkt vom bidirektionalen Laden, da sie mit geringeren Stromkosten rechnen können. Zudem dürfte die Lebensdauer der Fahrzeugakkus durch optimiertes Laden steigen. In Frankreich haben The Mobility House und Renault beispielsweise das erste Vehicle-to-Grid (V2G)-Angebot eingeführt. Besitzer eines V2G-fähigen Renault 5 können mit einer speziellen Wallbox kostenfrei laden und ihren Fahrzeugakku ins Energiesystem einspeisen. Dieses Angebot soll bald auch in Deutschland und dem Vereinigten Königreich verfügbar sein. Im deutschen Markt gibt es jedoch noch Herausforderungen, wie den langsamen Roll-out von Smart Metern und die Notwendigkeit, einen passenden rechtlichen Rahmen zu schaffen. Der zweite Europäische Gipfel für bidirektionales Laden hat klare Handlungsempfehlungen ausgesprochen, die nun umgesetzt werden müssen. Dazu gehört die Abschaffung der Doppelbelastung von zwischengespeichertem Strom durch Netzentgelte und die Sicherstellung, dass „grüner“ Strom seine Förderansprüche auch bei Zwischenspeicherung im Akku behält. Die Messe „The smarter E Europe“ 2025 wird dem Thema eine eigene Sonderschau widmen, um Chancen und Herausforderungen für die Mobilitäts- und Energiebranche aufzuzeigen. Die Veranstaltung findet vom 7. bis 9. Mai 2025 in München statt und vereint vier Fachmessen: Intersolar Europe, ees Europe, Power2Drive Europe und EM-Power Europe. Die Sonderschau auf „The smarter E Europe“ wird dabei Produkte und Lösungen für das bidirektionale Laden präsentieren und Raum für Austausch und Networking bieten. ## Factbox The smarter E Europe vereint als Europas größte Messeallianz für die Energiewirtschaft vier Fachmessen (Intersolar Europe, ees Europe, Power2Drive Europe und EM-Power Europe) und findet vom 7. bis 9. Mai 2025 auf der Messe München statt. https://www.powertodrive.de/home