15. Sep 2021
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Wirtschaft
Journalist: Theo Hoffmann
Die Wegwerfkultur in unserem Alltag hat Ausmaße erreicht, die nicht mehr akzeptabel und schon gar nicht nötig sind. Aus Abfällen nämlich lassen sich Spezialitäten zaubern.
In einer Sendung auf NDR Info, in der es um die Zukunft der Landwirtschaft und die Esskultur von uns Verbraucher:innen ging, sagte ein Anrufer vor Kurzem: „Die Leute haben früher von dem eine Suppe gekocht, was übrig geblieben ist. In meiner Jugend gab es keinen Abfall von Essensresten. Es ist dringend nötig, dass wir heute wieder lernen, wie wertvoll Lebensmittel sind.“ Jedes Jahr landen 12 Millionen Tonnen Lebensmittel auf den Müllhalden, ja je-der Einzelne von uns wirft jedes Jahr 75 Kilogramm Nahrungsmittel weg. Eine unvorstellbare Menge, die doch so leicht vermeidbar wäre.
Wir alle erinnern uns gewiss noch an Omas Eintöpfe, die unschlagbar lecker waren, in denen aber auch manches herumschwamm, das schon einmal in anderer Plattendekoration ein paar Tage vorher auf dem Tisch gelandet, aber nicht verzehrt worden war. Die älteren Semester wissen davon mehr als die Jungen. Auch die Schnippelreste vom Gemüse lassen sich ja weiterverwenden, indem man sie in einer leckeren Gemüsebrühe verwertet. Das gilt auch für die so verschmähten harten Strünke vom Brokkoli, den Enden von Zucchini und Sellerie und die abgepflückten äußeren Blätter der Kohl- und Lauchsorten. Selbst Karotten- und Spargelschalen, Gurken- und Zwiebelreste eignen sich für Suppen oder Gemüse-Smoothies.
Klar, muss man bei alldem auch auf den schnellen Verfall frischer Lebensmittel achten. Aber selbst matschige Bananen mit tiefbraunen Schalen, die sich in den Händen wie Wackelpudding anfühlen, sind noch lange nicht für den Abfall be-stimmt. Ab in den Mixer damit und gleich die schrumpeligen Äpfel und wabbeligen Möhren dazu. In lateinamerikanischen Ländern ist es gang und gäbe, aus solchen Resten ein Getränk mit Zugabe von Milch und vielleicht sogar Eis zu machen, das den verlockenden Namen „Vitamin“ trägt.
Bei Kartoffeln gilt in Sachen Weiterverwertung zwar, ein paar Regeln zu beachten, aber man muss sie keineswegs nur geschält, gekocht und gesalzen oder zu Brei verarbeitet genießen. Wenn die Schalen von Bio-Kartoffeln ordentlich sauber gemacht sind und man Sorge trägt, dass sie keimfrei sind und keine grünen Stellen an der Schale haben, kann man sie frittieren und Chips daraus machen. Da ist für jeden Geschmack etwas dabei. Der eine mischt solche Chips mit Roter Beete oder Rettich an, der andere mit Blättern von Kohlsorten. Es gibt zudem etliche Rezepte für Pesto, bei denen man Gemüsereste blendend verarbeiten kann. Und wie gesagt, der Kreativität sind ja keine Grenzen gesetzt. Da ist für jeden Geschmack etwas dabei. Für den eignet sich ein Hauch Pfeffer und Knoblauch, für den anderen sollte das Produkt besser ordentlich mit Chili gewürzt sein.
Werfen wir last but not least noch einen Blick auf unser geliebtes Brot und unsere Brötchen, um die uns das europäische Ausland ja wegen seiner Vielfalt und sei-nes Nähwertes nachhaltig beneidet. Aber selbst die knusprigsten Mehrkornbrötchen werden nach ein paar Tagen hart wie Stein, so dass niemand aus Furcht vor Zahnverlust da noch reinbeißen mag. Solche Steinbrötchen lassen sich aber durchaus zerreiben und zerbröseln oder im Mixer zerkleinern. Ziel ist dabei, eine Art Paniermehl aus Semmelbröseln zu erhalten, aus denen man Semmelknödel herstellen kann. Serviert mit Rotkohl und einen Braten aus dem Ofen dazu, gibt es zweifellos kaum etwas Verführerisches. Und wen kümmert es da schon, dass sich in den Knödeln die Brötchen vom vorletzten Wochenende befinden?