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28. Sep 2023

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Wirtschaft

Turbo Krautabtötung

Journalist: Kirsten Schwieger

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Foto: Mark Stebnicki/pexels

Wie effektiv und schnell die Sikkation mit Strom anstatt Chemie zur Vorbereitung seiner Kartoffelernte funktioniert, konnte ein Landwirt in Nordrhein-Westfalen testen.

Ganz schön gespannt war der Rommerskirchener Kartoffelbauer Heiner Müller, als er vergangenes Jahr eine in Deutschland entwickelte Maschinenlösung für die elektrische Krautabtötung zu Testzwecken auf den Hof gestellt bekam. Nach einer technischen Einweisung und Sicherheitsschulung durch den Hersteller sollte einer seiner Mitarbeiter auf einem Viertel von Müllers Anbaufläche das Kartoffelkraut behandeln, um die Kartoffeln vor der bevorstehenden Ernte schalenfest zu machen. Ganz ohne Chemie, nur mit Strom und einem flüssigen Leitmittel als Wirkungsverstärker. „Mir ging es hauptsächlich darum, dass ich eine relativ schnelle Krautabtötung hinbekomme. Schließlich sitzt einem als Landwirt immer die Zeit im Nacken, da man seine Pflanzen möglichst lange wachsen lassen will.“ Und das sind bei seinem Großbetrieb im Kartoffelbau nicht gerade wenig. Neben Zuckerrüben, Getreide und Feldgemüse kultiviert der nordrhein-westfälische Landwirt in 5. Generation Industriekartoffeln für die Produktion von Chips und Pommes.

Umso erfreuter war der Landwirt, dass die Krautabtötung, die sogenannte Sikkation, mit der neuen Technologie in zehn bis 14 Tagen erledigt war, keine vorgeschriebenen Wartezeiten eingehalten werden mussten und mit der Rodung begonnen werden konnte. „Dadurch haben wir im Vergleich zur chemischen Verfahrensweise nur die Hälfte an Zeit gebraucht“, freut sich der 46-Jährige und ergänzt: „Wir sind zweimal innerhalb von sieben Tagen mit einer Geschwindigkeit von vier Stundenkilometern drübergefahren, um auf Nummer sicher zu gehen. Dieses Jahr werden wir ausprobieren, ob eine einzige Überfahrt ausreicht. Wenn das Kraut nicht allzu grün ist, müsste das klappen. Auf jeden Fall ist die Technik mittlerweile ausgereift, robust und effektiv“.

Definitiv eine umweltfreundliche und weniger Wetterabhängige Alternative zu den chemischen Sikkationsherbiziden, welche er normalerweise für seine Kartoffelernte benötigt.

So wird er diesen Spätsommer abermals das Equipment für die ganze Erntesaison auf den Hof bekommen. Dieses besteht aus einem zapfwellengetriebenen Generator, welcher zur Stromerzeugung hinter seinen 240 PS starken Traktor gehängt wird. Über ein zwölf Meter breites Gestänge und spezielle Applikatoren wird die elektrische Spannung durch die Pflanzen geleitet, so dass die Wasserversorgung unterbrochen wird und die Pflanzen austrocknen. Um die Leitfähigkeit des Stroms in den Pflanzen zu verbessern, wird ein mit Wasser verdünntes Leitmittel ohne Eigenwirkung als Kontaktmittel zugegeben, 10 Liter pro Hektar. Definitiv eine umweltfreundliche und weniger Wetterabhängige Alternative zu den chemischen Sikkationsherbiziden, welche er normalerweise für seine Kartoffelernte benötigt. „Das war der zweite Aspekt, auf den ich neben dem Zeitaufwand gespannt war: Wie funktioniert die Sikkation ohne Chemie? Ich bin zwar kein Bio-Bauer aber da die EU-Kommission auf eine Halbierung chemischer Pestizide bis 2030 pocht, wird das Thema mittelfristig auch auf mich zukommen. Und ja: Die Krauttrennung hat auch ohne Chemie super funktioniert.“ Auch mit dem Ernteergebnis war der Landwirt zufrieden: Die Kartoffeln waren schalenfest und keine negativen Auswirkungen auf die Erntequalität oder die Bodenbeschaffung feststellbar.

Eine Reduktion chemischer Pestizide um 50 Prozent sieht die Farm to Fork Strategie der Europäischen Kommission vor, unter anderem. Sie ist Teil des sogenannten „Green Deals“ und zielt darauf ab auch im europäischen Lebensmittelsystem die Wirtschaft anzukurbeln, die Gesundheit und Lebensqualität der Menschen zu verbessern und die Natur zu schützen. Deshalb ist es wichtig, Verringerungen im Einsatz von Pflanzenschutzmitteln überall dort zu machen, wo es sinnvolle Alternativen gibt.

30. Apr 2025

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Wirtschaft

Bidirektionales Laden spart Milliarden , Elektroautos können viel mehr, als „nur“ leise und ohne Abgase zu fahren

Mit bidirektionaler Ladetechnologie (BiDi) können sie Strom speichern und ins Netz zurückspeisen. Eine aktuelle Studie von Transport & Environment (T&E) zeigt, dass dies für Europas Energieversorger und Autofahrer Einsparungen in Milliardenhöhe ermöglichen könnte. Die Einsparungen resultieren aus einer effizienteren Nutzung der Erzeugungskapazitäten und einem geringeren Kraftstoffverbrauch. Um das Potenzial dieser Technologie zu nutzen, sind jedoch geeignete regulatorische Rahmenbedingungen notwendig. Laut der T&E-Studie könnte das Einsparpotenzial für Energieversorger und Verbraucher in der EU bis zu 22 Milliarden Euro jährlich betragen, was etwa acht Prozent der Kosten für das EU-Energiesystem entspricht. Von 2030 bis 2040 könnte die BiDi-Technik EU-weit mehr als 100 Milliarden Euro einsparen, allein in Deutschland bis zu 8,4 Milliarden Euro jährlich. Ein Grund für die hohen Einsparungen ist die Möglichkeit, mehr Strom aus erneuerbaren Quellen, insbesondere Solarstrom, in das Energiesystem zu integrieren. Die Nutzung der Fahrzeugakkus könnte den Bedarf an teureren stationären Speichern in der EU um bis zu 92 Prozent senken und die installierte PV-Leistung um bis zu 40 Prozent steigern. Die Halter von Elektrofahrzeugen profitieren direkt vom bidirektionalen Laden, da sie mit geringeren Stromkosten rechnen können. Zudem dürfte die Lebensdauer der Fahrzeugakkus durch optimiertes Laden steigen. In Frankreich haben The Mobility House und Renault beispielsweise das erste Vehicle-to-Grid (V2G)-Angebot eingeführt. Besitzer eines V2G-fähigen Renault 5 können mit einer speziellen Wallbox kostenfrei laden und ihren Fahrzeugakku ins Energiesystem einspeisen. Dieses Angebot soll bald auch in Deutschland und dem Vereinigten Königreich verfügbar sein. Im deutschen Markt gibt es jedoch noch Herausforderungen, wie den langsamen Roll-out von Smart Metern und die Notwendigkeit, einen passenden rechtlichen Rahmen zu schaffen. Der zweite Europäische Gipfel für bidirektionales Laden hat klare Handlungsempfehlungen ausgesprochen, die nun umgesetzt werden müssen. Dazu gehört die Abschaffung der Doppelbelastung von zwischengespeichertem Strom durch Netzentgelte und die Sicherstellung, dass „grüner“ Strom seine Förderansprüche auch bei Zwischenspeicherung im Akku behält. Die Messe „The smarter E Europe“ 2025 wird dem Thema eine eigene Sonderschau widmen, um Chancen und Herausforderungen für die Mobilitäts- und Energiebranche aufzuzeigen. Die Veranstaltung findet vom 7. bis 9. Mai 2025 in München statt und vereint vier Fachmessen: Intersolar Europe, ees Europe, Power2Drive Europe und EM-Power Europe. Die Sonderschau auf „The smarter E Europe“ wird dabei Produkte und Lösungen für das bidirektionale Laden präsentieren und Raum für Austausch und Networking bieten. ## Factbox The smarter E Europe vereint als Europas größte Messeallianz für die Energiewirtschaft vier Fachmessen (Intersolar Europe, ees Europe, Power2Drive Europe und EM-Power Europe) und findet vom 7. bis 9. Mai 2025 auf der Messe München statt. https://www.powertodrive.de/home

16. Apr 2025

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Wirtschaft

Games für einen starken Wirtschaftsstandort Deutschland – mit Felix Falk, Geschäftsführer des game – Verband der deutschen Games-Branche

Computer- und Videospiele verbinden weltweit Milliarden Menschen. Sie begeistern Jung wie Alt, Frauen wie Männer und über alle Grenzen hinweg. Technologisch setzt und entwickelt die Games-Branche die wichtigsten Trends – von Künstlicher Intelligenz über Gamification bis hin zu Virtual Reality. Mit ihrer riesigen Community und Innovationskraft sind Games zentraler Treiber der gesamten Medienindustrie. So soll der globale Markt für Games laut Marktforscher „McKinsey“ bis 2040 um bis zu 330 Prozent auf rund 910 Milliarden US-Dollar wachsen; schon heute ist der Umsatz größer als von Film und Musik zusammengenommen. In diesem global bedeutsamen Markt kann auch Deutschland zukünftig eine noch wichtigere Rolle spielen. Mit Games werden hierzulande rund 9,4 Milliarden Euro umgesetzt. Damit ist der deutsche Games-Markt bereits die Nummer 1 in Europa und der fünftgrößte weltweit. 6 von 10 Deutschen spielen Games. Das Durchschnittsalter liegt bei über 38 Jahren. Während hier nach wie vor viele Games konsumiert werden, sind Games-Produktionen aus Deutschland jedoch kaum an diesen starken Umsätzen beteiligt. Anders als an anderen Top-Standorten wie Großbritannien, Kanada oder Frankreich fehlen für die Games-Unternehmen in Deutschland verlässliche und international konkurrenzfähige Rahmenbedingungen. Diese braucht es aber, um die riesigen Chancen für Wirtschaft, Digitalisierung und Gesellschaft auch hierzulande zu nutzen. Denn die Potenziale sind da: Deutsche Games-Unternehmen sind kreativ, vielfältig und innovationsstark. Hier werden herausragende Ideen, Geschichten und Technologien auf Weltniveau geboren. Das zeigen in jedem Jahr etwa die nominierten Spiele beim Deutschen Computerspielpreis. Doch auf dem global hart umkämpften Markt – viele Titel konkurrieren um die begrenzte Zeit der Spielenden – sind wir als Branche, die noch am Anfang ihrer Aufholjagd zu den besten Games-Standorten ist, im Nachteil. Während andere erfolgreiche Länder bereits vor vielen Jahren die Weichen für eine starke Unterstützung ihrer Games-Branchen gestellt haben, haben wir in Deutschland erst vor wenigen Jahren angefangen. >Mit einem planbaren Fördermodell kann die Games-Branche endlich auch hierzulande zu einem starken Wachstums- und Innovationstreiber werden. Dafür setzen wir uns als Branche in Deutschland ein. Jetzt liegt es an der neuen Bundesregierung, ein verlässliches und konkurrenzfähiges Förderprogramm zügig aufzustellen. Ein wichtiger Schritt war dabei 2020 der Start der Games-Förderung des Bundes. Diese zeigte gerade zu Beginn eine Starke Wirkung: Die Anzahl der Games-Unternehmen und -Beschäftigten stieg deutlich an und es sind zahlreiche neue Spieleprojekte entstanden. Bedingt durch die hohe Nachfrage und die begrenzt zur Verfügung gestellten Fördermittel kam es jedoch mehrfach zu längeren Förderstopps. Das hat die positive Dynamik der vergangenen Jahre wieder zum Erliegen gebracht. Die entscheidende und wettbewerbsfähige Maßnahme ist dabei eine zusätzliche steuerliche Games-Förderung. Diese wird an international erfolgreichen Games-Standorten bereits seit vielen Jahren eingesetzt und bietet dort im Vergleich zu Deutschland Kostenvorteile von rund 30 Prozent. Aus wirtschaftlicher Perspektive würde das steuerliche Fördermodell Vorteile für den gesamten Wirtschaftsstandort bringen – so würde jeder Euro für die steuerliche Games-Förderung 4,80 Euro zusätzliche Investitionen auslösen, 3,40 Euro zusätzliche Steuereinnahmen und Sozialabgaben generieren und 8,70 Euro zusätzliche Brutto-Wertschöpfung nach sich ziehen. Mit einem planbaren Fördermodell kann die Games-Branche endlich auch hierzulande zu einem starken Wachstums- und Innovationstreiber werden. Dafür setzen wir uns als Branche in Deutschland ein. Jetzt liegt es an der neuen Bundesregierung, ein verlässliches und konkurrenzfähiges Förderprogramm zügig aufzustellen. Und wer sich von den Potenzialen, Innovationskraft und Kreativität von Games überzeugen möchte, ist auf der gamescom im August genau richtig! Von den neuesten Spielen und Gaming-Trends über die spannendsten Technologien bis hin zu E-Sport und Popkultur rund um Games: Tausende Menschen aus aller Welt treffen sich auf dem weltgrößten Games-Event vor Ort in Köln, um gemeinsam diese einzigartige Kultur zu feiern. Hunderte Millionen weltweit schalten bei den digitalen Formaten zu. Einmal im Jahr schlägt damit das Herz der Games-Welt hier in Deutschland. Eines ist aber klar: Damit auch das ganze Jahr über alle Augen auf uns gerichtet sind, braucht die Games-Branche verlässliche und international wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen!