4. Apr 2019
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Lifestyle
Journalist: Katja Deutsch
Selbst Fabian Hambüchen hat ihn nicht immer im Fokus.
Durchtrainiert, geschmeidig und sehr, sehr stark – das ist der Olympiasieger 2016 im Kunstturnen, Fabian Hambüchen. Von klein auf gehört tägliches Sportpensum zu seinem Leben wie für andere Kinder die Mathe-Hausaufgaben. Und auch nach Beendigung seiner aktiven Turnkarriere verbannt er Reckstange, Hanteln und Gewichte nicht aus seinem Leben.
Doch was man nicht sieht, beachtet man nicht – das gilt selbst für Olympiasieger und ihren Rücken. „Vorgestern ging es meinem Rücken ziemlich schlecht“, räumt Fabian Hambüchen ein. „Wegen des heftigen Sturmes habe ich sicherheitshalber mehrere Stapel Fliesen vom Garten in die Garage geschleppt und davon ganz schöne Rückenschmerzen bekommen. Denn das sind Bewegungen, die ich sonst nie mache. Und den Rücken merke ich bei starken Belastungen als erstes.“
Der Unterschied zwischen Bürohengsten und Spitzenturnern liegt darin, dass Profis wissen, was man gegen die Schmerzen unternehmen kann. Der 31jährige ging nach der Fliesen-Schlepperei erst einmal in seine geliebte Turnhalle um ausgiebig zu stretchen und zu dehnen und lies sich danach massieren. „Dadurch war ich am nächsten Tag schon wieder ziemlich geschmeidig und heute ist wieder alles super.“
In seinem neu gebauten Haus in Wetzlar befindet sich – natürlich – ein Fitnessraum, ausgestattet mit Maschinen, Hanteln und Streckbank. Hier trainiert er im Idealfall vier Mal die Woche und trägt bei den Kraftübungen zur besseren Stabilisierung eine Rückenprothese. Stehen Auftritte wie Show-Wettkämpfe an, sieht man den blonden Turner auch wieder täglich in der Turnhalle, wo er sein übliches Training absolviert. Mache er das nicht regelmäßig, würde er seinen Rücken schnell spüren, erklärt er. Auch sein Vater und Trainer müsse sehr regelmäßig sein Rückenprogramm machen, sonst sei der „Out of Order“.
„Als Tuner achte ich auch bei anderen Menschen auf ihren Rücken, denn: Auch ein schöner Rücken kann entzücken. Dazu arbeite ich bewusst mit Menschen aller Altersklassen, was sehr interessant und spannend ist. Im Januar habe ich auf der MS Europa 2 Fitnesskurse angeboten und gebe regelmäßig einen Rückenkurs. Dabei ist es mindestens so wichtig, auf die richtige Ausführung zu achten wie die richtigen Übungen zu zeigen. Denn man kann jede Übung so falsch ausüben, dass sie mehr schadet als nutzt.“ Auch beim Training mit anderen Leistungssportlern sei das Thema Rücken extrem wichtig. Der Sportler legt auch Wert darauf, dass seine Freundin einen gesunden Rücken hat.
Viele Menschen haben ihr Gesicht weitaus mehr im Fokus als ihre Rückseite, denn so lange nichts wehtut, lässt sie sich gut ignorieren. Erst wenn es zwickt und zwackt, zieht und bohrt, fängt man an, seinen Rücken zu stärken. Auch Fabian Hambüchen erzählt, dass er aufpassen müsse, nicht nur „Bizeps zu pumpen“ sondern auch an die Stabilisierung von Mittelkörper und Rücken zu denken.
Ganz besonders wichtig ist Rückentraining für alle, die am Schreibtisch sitzen und dadurch täglich die Wirbelsäule belasten. Denn die Muskulatur wird nicht nur schwach, sie verkürzt durch das Sitzen und das führt oft zu Schmerzen. Dabei lassen sich Rückenübungen auch gut auf Bürostühlen ausführen. Viele Unternehmen stellen ihren Mitarbeitern außerdem höhenverstellbare Schreibtische zur Verfügung, sodass diese zwischendurch auch im Stehen arbeiten können. Hambüchen: „Kürzlich wurde mir sogar ein höhenverstellbarer Schreibtisch gezeigt, unter dem ein kleines, nicht elektrisches Laufband angeschlossen war. Beim Arbeiten konnte man darauf gehen. In Fragen des Gesundheitsmanagements sind auch die Arbeitgeber gefragt, denn wo permanent hohe Leistung von den Mitarbeitern erwartet wird, arbeiten sich viele Angestellte im wahrsten Sinne des Wortes den Buckel krumm.“
Um etwas für seinen Rücken zu tun, rät der Sportler zu einer Isomatte, um darauf regelmäßig mit seinem eigenen Körpergewicht zu trainieren. Zusätzlich sollte man an Yoga, Pilates oder Stretching denken. Denn Rückenschmerzen können viele Ursachen haben, angefangen vom verspannten Nacken bis hin zu verkürzter Muskulatur an der Rückseite der Oberschenkel. Alles läuft über den Rücken, der dann rebelliert.
Dabei wird ein Punkt gerne vergessen (und von Orthopäden nur selten angesprochen): Mentales Training ist genauso wichtig wie körperliches. Wer sich jeden Morgen im Bett den Stress des Arbeitstages vor Augen führt, verkrampft schon am frühen Morgen. Fabian Hambüchen hält gerade die Deutschen prädestiniert dafür, sich über Dinge aufzuregen, die sie eh nicht ändern könnten – wie das Regenwetter. „Rückenschmerzen haben oft auch einen psychischen Ursprung. Wer seine Kraft nur in Sachen investiert, die man auch selbst verändern kann, hat ein wesentlich entspannteres Leben“, schmunzelt er.