Ein Bild einer Pflanze die mit Geld umhüllt ist

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21. Mär 2024

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Wirtschaft

„Umweltaussagen müssen transparent sein“ – Interview mit Dr. Münker

Journalist: Thomas Soltau

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Foto: Presse, Anne Nygard/unsplash

Die Wettbewerbszentrale unter der Leitung von Dr. Münker, hat sich auf die Überwachung und Durchsetzung von Wettbewerbsregeln spezialisiert. Ihre Aufgabe besteht darin, unlautere Geschäftspraktiken zu bekämpfen, Verbraucher vor irreführender Werbung zu schützen und einen fairen Wettbewerb in Deutschland zu gewährleisten. Wie die Wettbewerbszentrale gegen Greenwashing in der Werbung vorgeht, erklärt der Geschäftsführer im Interview.

Dr. Reiner Münker, Geschäftsführendes Präsidiumsmitglied Wettbewerbszentrale2021 Foto DrMünker.jpeg

Herr Dr. Münker, inwiefern beobachten Sie gegenwärtig Greenwashing in verschiedenen Branchen und wie beeinflusst dies das Vertrauen der Verbraucher?

Umweltwerbeaussagen finden sich fast schon inflationär in jeder Branche. Oft wird dabei nicht klar kommuniziert, welche Anstrengungen und Maßnahmen der Unternehmen wirklich dahinterstecken. Dadurch hat das Vertrauen der Verbraucher in derartige Werbeangaben gelitten. Dennoch ist es für viele Verbraucher wichtig, ob und in welchem Maße Unternehmen und ihre Produkte Auswirkungen auf Klima und Umwelt haben. Für ihre Konsumentscheidung benötigen sie ehrliche und transparente Informationen.

Welche Maßnahmen und Initiativen gibt es bereits auf politischer Ebene, um Greenwashing einzudämmen, und wo sehen Sie noch Handlungsbedarf?

Es gibt in den EU-Mitgliedstaaten ein klares Verbot für irreführende Umweltaussagen. Darüber hinaus schreibt das europäische Werberecht vor, dass Verbrauchern die wesentlichen Informationen gewährt werden müssen, damit sie eine informierte Kaufentscheidung treffen können. Dazu gehört, dass bestimmte Umweltaussagen nicht nur behauptet werden dürfen, sondern auch konkretisiert, transparent und begründet sein müssen. Dies ist in zahlreichen Gerichtsentscheidungen in den letzten beiden Jahren bestätigt worden. Zwei weitere Richtlinienvorschläge der EU-Kommission zu Green Claims sind auf dem Weg.

Welche Rolle spielt die Wettbewerbszentrale bei der Überwachung und Verfolgung von Greenwashing-Praktiken, und welche Instrumente stehen Ihnen zur Verfügung?

Als Selbstkontrollinstitution der Wirtschaft kann die Wettbewerbszentrale eine besonders effiziente Rechtsdurchsetzung leisten: Die im Wettbewerb stehenden Unternehmen beobachten intensiv den Markt und können – besser als Verbraucher – falsche oder übertriebene Umweltversprechen erkennen. Die Wettbewerbszentrale spricht bei Greenwashing-Praktiken Abmahnungen aus und erhebt Klage auf Unterlassung, wenn ein Unternehmen nicht freiwillig auf die unlauteren Praktiken verzichtet. Wird ein Unternehmen daraufhin verurteilt, droht ihm für jeden Einzelfall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld in Höhe bis zu 250.000 €. Wir haben zahlreiche kritische Klimawerbungen außergerichtlich abstellen können und führen viele Gerichtsverfahren – auch bis zum Bundesgerichtshof – um einerseits unlautere Übertreibungen und Greenwashing einzudämmen, andererseits Rechtssicherheit für die Unternehmen zu erreichen.

Welche Herausforderungen sehen Sie auf politischer Ebene bei der Schaffung klarer und verbindlicher Richtlinien, um Greenwashing zu bekämpfen?

Die größte und wichtigste Herausforderung ist es, die Balance zwischen Markt und Regulierung zu erhalten. Es ist auch in diesem Bereich eine Tendenz zur Überregulierung erkennbar. Das kann dazu führen, dass Unternehmen auf Werbung und Information zu Umweltaspekten ganz verzichten. Damit würde aber auch der Innovationswettbewerb in Sachen Umwelt insgesamt zurückgedrängt werden. Die Unternehmen benötigen vor allem Rechtssicherheit – nicht nur im Hinblick auf die Planbarkeit von Investitionen und Technologien und grüner Innovation, sondern auch in Bezug auf die Werberegeln.