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31. Mär 2025

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Wirtschaft

„Unser Motto: Work smarter, not harder“

Journalist: Julia Butz

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Foto: Yan Krukau/pexels, Presse

Lydia Pelzer, Landwirtin und erfolgreiche Agrar-Influencerin über den Einsatz moderner Technologien in Ackerbau und Stall.

Digitale Hilfsmittel in der Landwirtschaft. Fluch oder Segen?

Für die ältere Generation ist die Umstellung oft schwierig, gerade bei dem, was heute alles gefordert ist: von der verpflichtenden Nutzung von E-Rechnungen, der Stoffstrombilanz bis hin zur Düngebedarfsermittlung, die man digital eintragen und vorab abgeben muss. Für unser Stallmanagement ist dies aber im Ablauf einfacher, denn wir haben alles in einer Software liegen. Digitalisierung und der technische Fortschritt bringen enorme Vereinfachung in unserem Beruf.

Welche beispielsweise?

Wir arbeiten mit einer Ackersoftware, die einfach auf dem Handy aufgespielt wird. Wenn mein Mann Dünger oder Pflanzenschutz ausfährt, wird die Aufwandmenge je Ackerstück automatisch an unseren Betriebscomputer übertragen. So sehen wir übersichtlich, was wir tatsächlich ausgebracht haben, können die Mittel effizienter einsetzen und auch für die Nachvollziehbarkeit der Behörde ist es natürlich wichtig. Sehr spannend ist auch das GPS auf dem Traktor. Durch das Autolenk-System (RTK) kann der Traktor selbst fahren, komplett autonom bis auf 5 cm genaue Linie ziehen, die Spur halten und am Ende der Linie wenden. Precision Farming ist super effektiv, da man weniger Überlappungen hat, somit weniger Saatgut verschwendet und auch weniger Pflanzenschutz braucht.

Im Milchviehbetrieb, in dem ich als Angestellte arbeite, benutzen wir eine Herdenmanagement-Software, die mit dem Melkstand verbunden ist. Der Melkstand sendet alle Daten der Milchleistung direkt an den Computer. Zusätzlich haben die Kühe ein Transponderhalsband, über das wir das Kuhverhalten, wie die Wiederkäuaktivität messen und so die Tiergesundheit stets im Blick haben. Relativ neu ist der Digitalbolus. Er liegt im Pansen der Kuh und checkt, ob die Verdauung in Ordnung ist.

Digitalisierung und der technische Fortschritt bringen enorme Vereinfachung in unserem Beruf.

Und kann so auch auf mögliche Krankheiten hinzuweisen?

Genau. Auch bei Kälbern kann man über Sensoren feststellen, ob diese anhand ihrer Bewegungsaktivität und der Fresseigenschaften krank werden könnten, noch bevor es krank ist. Wir selbst sorgen zudem über das Futter für die Prävention. Im Winter geben wir z. B. gern Eukalyptus dazu. Wir haben sehr selten kranke Tiere, aber wenn das der Fall ist, lassen wir den Tierlandarzt kommen und dort, wo es nötig ist, auch Antibiose geben. Kein Tier soll unnötig leiden. Natürlich wird kontrolliert, dass kein behandeltes Tier in den Lebensmittelumlauf kommt und die gesetzlichen Fristen beachtet werden.

Was tun Sie, um auch die körperliche Arbeit zu erleichtern?

Im Stall benutzen wir ein Einstreugerät. Eine echte Erleichterung und ein großes Sicherheitsplus dazu, nicht mehr in die Buchten zu müssen. Denn das kann bei Bullen schon mal gefährlich sein. Wir überlegen in einen Futterroboter zu investieren. Über Sensoren kann er automatisch erkennen, wie viel Futter noch vorhanden ist und wo nachgefüttert werden muss. Die Futtermischung ruft der Computer nach einer von uns vorgegebenen Rezept-Route, je nachdem ob Gras, Mais, Mineral- oder Kraftfutter ab, individuell gesteuert je nach Tierart und Tagesbedarf. Wir müssen dann nur noch kontrollieren und die Bunker zwischendurch mit frischem Futtermaterial auffüllen, der Rest passiert voll automatisch.

Wir überlegen in einen Futterroboter zu investieren. Über Sensoren kann er automatisch erkennen, wie viel Futter noch vorhanden ist und wo nachgefüttert werden muss.

4. Jul 2025

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Wirtschaft

Chancen für die Zukunft der Versorgung – mit Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus & Dr. Johannes Danckert

![Dr_Johannes_Danckert_Copyright_Kevin_Kuka_Vivantes_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Dr_Johannes_Danckert_Copyright_Kevin_Kuka_Vivantes_online_6e3b6d01f5.jpg) ``` Dr. Johannes Danckert, Vorsitzender der Geschäftsführung, Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH ``` **Dr. Johannes Danckert, Vorsitzender der Geschäftsführung, Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH** Digitalisierung kann die Patientenversorgung schneller, besser und sicherer machen. Immer öfter werden dabei auch die traditionellen Grenzen zwischen ambulanten und stationären Bereichen sowie einzelnen Versorgungseinrichtungen abgebaut. So kann die ‚Patient Journey‘, also der gesamte Behandlungsweg eines Patienten von Diagnose bis Nachsorge, zu einer vernetzten Gesundheitsregion verbunden werden. Trotz deutlicher digitaler Fortschritte haben deutsche Krankenhäuser allerdings weiterhin erheblichen Entwicklungsbedarf, bedingt vor allem durch kleinteilige Strukturen und unzureichende Finanzierung. Denn die Implementierung innovativer Lösungen setzt bereits einen hohen Digitalisierungsgrad voraus. Bei Vivantes wurden zentrale Prozesse wie die Patientenkurve, Medikation, Pflegeprozesssteuerung sowie Anforderungs- und Befundungsprozesse digitalisiert. Auch große Teile der Medizintechnik sind eingebunden. KI-gestützte Systeme helfen uns, Frakturen und Embolien schneller zu erkennen oder warnen vor Komplikationen wie Delir oder Nierenversagen. Künstliche Intelligenz unterstützt uns auch dabei, Patientendaten direkt aus dem Rettungswagen in das Klinik-Informationssystem (KIS) zu übertragen, sodass die Krankenakte bei Ankunft bereits angelegt ist. Eine von uns entwickelte, interoperable Datenplattform ermöglicht zudem den automatisierten Datenaustausch von inzwischen 15 Klinikträgern in der Region Berlin-Brandenburg. Damit entstehen telemedizinische Versorgungskonzepte weit über Berlin hinaus. ![prof.dr.dr.jurgendebus_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/prof_dr_dr_jurgendebus_online_d7f732ea04.jpg) ``` Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus, Vorstandsvorsitzender und Leitender Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Heidelberg ``` **Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus, Vorstandsvorsitzender und Leitender Ärztlicher Direktor Universitätsklinikum Heidelberg** Smarte Technologien und eine optimale Datennutzung verbessern den Klinikalltag und die Patientenversorgung. Das zukünftige Herzzentrum am Universitätsklinikum Heidelberg planen wir als Smart Hospital: Dort werden z. B. OPs gefilmt und das KI-System warnt automatisch bei Veränderungen des Patienten oder ungewöhnlichen Vorgängen. So werden Risiken früh erkannt und die Sicherheit erhöht. Dank verknüpfter Patientendaten und digitalem Terminmanagement läuft auch die Vorbereitung auf Eingriffe effizienter, da benötigte Ressourcen wie CT-Termine frühzeitig ersichtlich sind. Ein smartes Entlassmanagement stellt relevante Dokumente für den Patienten automatisch bereit und koordiniert Sozialdienst, Pflege und Medikamentenbedarf, sodass der Übergang in die weitere Versorgung optimal organisiert ist. In all diesen Algorithmen und Systemen steckt das gebündelte Wissen von Ärztinnen und Ärzten, Pflegepersonal und Forschenden. Die meisten KI-Anwendungen basieren auf maschinellen Lernmodellen, die mit Patientendaten trainiert werden, um Muster zu erkennen. Je größer der verfügbare Datensatz, desto exakter fallen Diagnosen und Prognosen aus – ein wichtiger Faktor angesichts des steigenden Versorgungsbedarfs bei gleichzeitig sinkender Zahl an Fachkräften. Smarte Technologien helfen, diese Lücke zu schließen und die Versorgung weiterhin auf hohem Niveau zu gewährleisten. Damit es nicht bei Insellösungen bleibt, treiben wir die übergreifende Datenintegration voran, ähnlich wie sie in der internationalen Forschung etabliert ist.

30. Jun 2025

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Wirtschaft

Krise als Chance: Wie KI und strategisches Supply Chain Management Europas Rolle stärken können – Ein Beitrag von Dr. Lars Kleeberg, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands für Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME)

Globale Lieferketten stehen unter massivem Druck. Handelskonflikte, Protektionismus und geopolitische Krisen haben die Weltwirtschaft grundlegend verändert – mit direkten Auswirkungen auf Produktion, Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit. Seit Trumps Zoll-Eskalationen ist klar: Lieferketten sind keine stille Infrastruktur im Hintergrund mehr – sie sind kritische Erfolgsfaktoren für Unternehmen und Volkswirtschaften. Just-in-time ist out, just-in-case-Konzepte sind jetzt notwendig. Es ist höchste Zeit, dass Deutschland und Europa ihre Abhängigkeiten hinterfragen und ihre Versorgungssicherheit neu denken. Politik und Wirtschaft sind gleichermaßen gefordert, die Schlüsselrolle von Einkauf, Logistik und Supply Chain Management strategisch anzuerkennen und aktiv zu stärken. Gerade Deutschland als Exportnation ist in besonderem Maße auf stabile, resiliente Lieferketten angewiesen. Steigende regulatorische Anforderungen wie CSRD, CSDDD, EUDR oder REACH verschärfen den Druck auf die Unternehmen zusätzlich: Einkauf, Supply Chain Management und Logistik müssen heute ökologische, soziale und wirtschaftliche Ziele gleichzeitig erfüllen – ein Spagat, der die Komplexität erheblich erhöht und insbesondere den Mittelstand herausfordert. In diesem Spannungsfeld wächst die Bedeutung von Künstlicher Intelligenz. Mithilfe von KI können Supply Chain-Manager Transparenz entlang globaler Lieferketten herstellen, Risiken frühzeitig erkennen, Compliance-Anforderungen effizienter erfüllen und Prozesse automatisieren. Doch trotz des enormen Potenzials sind KI- Anwendungen heute oft noch Pilotprojekte – gehemmt durch mangelnde Integration, rechtliche Unsicherheiten und zögerliche Entscheidungen in der Unternehmensführung. Es braucht deshalb eine klare Haltung in den Vorstandsetagen: Der strategische Einsatz von KI muss Chefsache werden. Nur, wer Technologie gezielt integriert und daraus neue Fähigkeiten entwickelt, sichert sich langfristige Wettbewerbsvorteile. Gleichzeitig müssen die politischen Entscheidungsträger in Berlin und Brüssel an einem Strang ziehen. Angesichts geopolitischer Spannungen, zunehmenden Protektionismus und wirtschaftlicher Entkopplung muss die EU mit einer Stimme zentrale Handelsabkommen und strategische Partnerschaften vorantreiben. Die neue Bundesregierung muss zügig die wirtschaftliche Resilienz unserer Unternehmen durch ein neues Außenwirtschaftsgesetz stärken und die versprochene Expertenkommission zur Risikoanalyse globaler Abhängigkeiten einsetzen. Europa kann gestärkt aus dieser Krise hervorgehen, wenn es gelingt, strategische Rohstoffe zu sichern, Handelsbeziehungen auf Augenhöhe auszubauen und ein level playing field – insbesondere im Verhältnis zu China – durchzusetzen. Ein strategischer Wandel ist unumgänglich. Insbesondere für Deutschland und Europa gilt: Versorgungssicherheit, Innovationsfähigkeit und wirtschaftliche Souveränität sind untrennbar mit robusten Lieferketten verbunden. Supply Chain Management, Einkauf und Logistik sind längst keine operativen Randfunktionen mehr – sie sind zentrale Erfolgsfaktoren in einer zunehmend fragmentierten Weltwirtschaft. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit Europas entscheidet sich nicht in der nächsten Krise – sie entscheidet sich jetzt. >Angesichts geopolitischer Spannungen, zunehmenden Protektionismus und wirtschaftlicher Entkopplung muss die EU mit einer Stimme zentrale Handelsabkommen und strategische Partnerschaften vorantreiben.