Ein großes Containerschiff

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9. Apr 2024

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Wirtschaft

Unternehmen brauchen Krisenmanagement

Journalist: Katja Deutsch

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Foto: Andreas Dittberner/unsplash

Huthi-Rebellen bedrohen gerade Transportschiffe von Ländern, die Sympathien für Israel bekunden. Doch Lieferketten, Waren und Menschen sind auf noch weiteren Ebenen gefährdet.

Ein Großteil der Unternehmen in Deutschland hat seine Produktionsstandorte im (meist weit entfernten) Ausland und damit in den letzten Jahrzehnten entsprechend lange und durchdachte Lieferketten aufgebaut. Dieses aus unzähligen Einzelelementen bestehende Liefersystem vieler Unternehmen wird derzeit durch den Krieg in der Ukraine sowie den sich ausweitenden Konflikt im Nahen Osten massiv gestört. Die Angriffe der aus dem Jemen operierenden Huthi-Rebellen auf Transportschiffe im Roten Meer beeinträchtigen zunehmend den Welthandel – was insbesondere deutsche Unternehmen zu spüren bekommen. Auf dem Seeweg von Asien nach Europa meiden deshalb viele Containerschiffe inzwischen den kurzen Seeweg durch den Suezkanal und das Rote Meer und nehmen einen Umweg von mehreren tausend Kilometern über Süd- und Westafrika in Kauf. Die angriffsbedingten Umwege führen zu wochenlangen Verzögerungen und treiben die Transportpreise für die Reedereien deutlich in die Höhe.

Unternehmen sollten schnell reagieren können, um ihre Lieferketten auch bei solchen gravierenden Ereignissen stabil zu halten. Aber nicht nur militärische Konflikte, sondern auch Sanktionen, Hackerangriffe, Umweltkatastrophen, gesetzliche Vorgaben, Zölle, Insolvenzen und nicht zuletzt großflächig auftretende Infektionskrankheiten können Lieferketten lahmlegen.

Für Unternehmen bedeutet dies mehr denn je, mögliche Verwundbarkeitsszenarien durchzuspielen und analytisch zu bewerten. Jeder einzelne Punkt auf der Landkarte, den beispielsweise eine bestimmte Schraube auf ihrem Weg von Indien nach Deutschland zurücklegt, erfordert eine systematische Analyse und Risikobewertung, in der mögliche Schwachstellen identifiziert und mit Notfallplänen hinterlegt werden müssen. Denn das Fehlen elementarer Einzelteile wie bestimmter Schrauben kann zu wochenlangen Produktionsausfällen führen, wie es jüngst bei Tesla der Fall war: Der Elektroautobauer sah sich aufgrund der Huthi-Angriffe gezwungen, seine Produktion in Deutschland einzustellen.

Unternehmen sollten ein professionelles Krisenmanagement betreiben und auf Flexibilität in der Lieferkette achten – nicht nur bei den Transportwegen, sondern auch bei den Lieferanten selbst. Neben globalen Lieferanten kann es sinnvoll sein, zusätzlich ein lokales Lieferantennetzwerk aufzubauen. Diese sind zwar teurer, bieten aber Verlässlichkeit. Wichtig ist auch ein genauer Überblick über die Lagerbestände, um alternative Bezugsquellen und Transportwege, zusätzliche Transportmöglichkeiten oder auch eine Erweiterung des Lagers in Betracht zu ziehen.

Viele Veränderungen der letzten vier Jahre kamen plötzlich und unerwartet. Unternehmerische Veränderungen erfordern aber keine plötzliche Hektik, sondern einen kühlen Kopf – und dieses Vorgehen braucht Zeit. Um die Warenverfügbarkeit sicherzustellen, ist es ratsam, mögliche plötzliche Veränderungen entlang der Lieferketten Punkt für Punkt zu visualisieren und zu verändern. Transparenz auf allen Ebenen ist dabei das Schlüsselwort, denn nur wer über alle Prozesse entlang seiner Lieferketten informiert ist, kann gegebenenfalls umsteuern und letztendlich liefern.