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29. Jun 2020

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Business

Unternehmenskommunikation in Krisenzeiten

Journalist: Helge Stroemer

Neben der Vermittlung von Kernpunkten wie Transparenz und wirtschaftlicher Kontinuität, sollten Unternehmen nicht nur Inhalte liefern, sondern auch Haltung zeigen.

Die Corona-Krise trifft viele Unternehmen hart. In dieser kritischen Situation heißt es in der Unternehmenskommunikation Fingerspitzengefühl zu zeigen. Klassische Marketing- und PR-Arbeit wirkt für den Empfänger der Botschaften unsensibel. Es ist nicht die Zeit für reguläre Unternehmensnachrichten und Produktpräsentationen. „Business as usual“ geht also nicht. Doch was können die geeigneten Mittel der Kommunikation sein?

„Nicht zu kommunizieren ist die schlechteste Option. Die Unternehmen müssen sich Strategien erarbeiten“, sagt Sören Bauer, Inhaber von Sören Bauer Events. Wichtig sei in diesem Zusammenhang Transparenz. „Was tue ich gerade und wie geht es weiter? Die Antworten auf diese Fragen sollten auch entsprechend kommuniziert werden.“

In unsicheren wirtschaftlichen Zeiten kann es schnell zu falschen Einschätzungen kommen. „Bei geschäftlichen Begegnungen fragt man sich inzwischen, ob das Unternehmen die Corona-Krise überstehen wird“, so Bauer. Deshalb sei es als Unternehmen wichtig zu zeigen, dass es auch in Zukunft noch auf dem Markt präsent sein wird. Durch eine transparente Kommunikation können Gerüchte vermieden und Sicherheit sowie Zuversicht vermittelt werden. Dabei sind ehrliche Botschaften wichtig. Sie stärken das Vertrauen von Mitarbeitern, Kunden und der Öffentlichkeit. Um den Kontakt mit Kunden und Verbrauchern aufrechtzuerhalten, bieten sich kontinuierliche Veröffentlichungen und die Anpassung aktueller Informationen an.

Gerade den Eventbereich traf die Pandemie besonders stark. Reihenweise mussten Veranstaltungen abgesagt oder in den virtuellen Raum verlegt werden. Doch eine Onlinepräsenz ersetzt nicht jede Veranstaltung. Eine schwierige Situation. Doch es gilt auch hier, nach Lösungen zu suchen. Ein Beispiel: Traditionell wird anlässlich des Münchner Filmfestes Ende Juni mit 600 Gästen die „Movie meets Media“ als ein Promi-Cineastentreffen zelebriert. Doch das Get-together der Filmbranche kann in dieser Größenordnung in Corona-Zeiten nicht stattfinden.

„Von Anfang an haben wir für unsere Kunden und Partner verschiedene Szenarien erarbeitet, wie es weitergehen kann“, sagt Bauer. Um die Abstandsbestimmungen einzuhalten, kristallisierte sich ein Dinner-Event mit 99 Gästen an Achter-Tischen mit je vier Personen heraus. „Wir standen dabei in ständigem Austausch mit unserem Kunden“, so Bauer. Letztendlich wird die Veranstaltung für dieses Jahr verschoben und findet voraussichtlich in diesem August statt. Das Beispiel zeigt jedoch, worum es in dieser Krise geht. Im Vordergrund steht die Entwicklung neuer Ideen, Herangehensweisen und Themen. Dabei gilt auch: Wer sich hier zu lange Zeit lässt, verliert Vertrauen nicht nur bei den Kunden, sondern auch bei den Konsumenten.

Eine genaue Analyse der Fragen, Sorgen und Bedürfnisse der Menschen hilft dabei. Fachbeiträge mit Tipps zur Krisenbewältigung sind gefragt. Content-Marketing ist daher eine gute Möglichkeit, Produkte und Dienstleitungen zu vermarkten, die in dieser globalen Krise gefragt sind.

Sören Bauer geht noch einen Schritt weiter. Um Kernpunkte wie Sicherheit und Beständigkeit zu vermitteln, sollten nicht nur Inhalte geliefert, sondern auch Haltung gezeigt werden. Hierbei geht es bei Marken in erster Linie nicht um den Konsumenten und Verbraucher, sondern um den Menschen. In dieser schwierigen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Situation bewährt es sich, Solidarität und soziale Verantwortung zu zeigen. Wie möchte ein Unternehmen dazu beitragen, gesellschaftliche Probleme abzuschwächen?
Als in Hamburg im April der Hilfsorganisation Tafel die Lebensmittel ausgingen, da in der Corona-Krise an manchen Ausgabestellen 20 Prozent mehr Kunden anstanden, schlug die Agentur dem Nahrungsmittelhersteller Barilla vor, Lebensmittel zu spenden. Daraufhin stellte der Lebensmittelhersteller eine Lkw-Ladung von 20 Tonnen Nudeln bereit. „In Onlinemedien, Print- und TV-Beiträgen wurde sehr intensiv darüber berichtet“, sagt Bauer. Diese und ähnliche Aktionen zeigen, dass Unternehmen soziale Werte wichtig sind und in einer Krisensituation nicht nur an sich selber denken.

Die Menschen schauen sensibel auf das Verhalten von Unternehmen. Falsches Handeln kann durch die unkontrollierbare Verbreitung in Social Media-Kanälen schnell einen großen Imageschaden bedeuten.

Grundsätzlich hat das Internet als Informationsquelle in Krisenzeiten noch mehr an Bedeutung gewonnen. Soziale Medien sind die wichtigsten Kanäle für aktuelle Unternehmensinformationen und zu wichtigen Fragen zur Bewältigung der Krise.

Aber manche Printmedien erleben eine Art Wiedergeburt, auch wenn sich durch den Rückgang des Anzeigengeschäfts die Krise in vielen Verlagen nicht leugnen lässt. Zeitungen und Magazine haben eine andere Gewichtung ihrer Inhalte vorgenommen. Sie liefern zahlreiche Beiträge, um die Corona-Krise mit Expertinnen und Experten journalistisch einzuordnen. „Print ist sehr wichtig, da die Inhalte überprüft werden, bevor sie veröffentlicht werden“, sagt Agenturchef Bauer.

Papier besitzt eine andere Sichtbarkeit und Wertigkeit. Fachbeiträge und Qualitätsjournalismus erweisen sich als ein Gegengewicht zu der massenhaften Veröffentlichung im Netz von zum Teil nicht überprüften und irrelevanten Inhalten.

27. Jun 2025

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Wirtschaft

Nachhaltig, transparent und partnerschaftlich – Im Interview mit Barbara Frenkel, Vorstandsmitglied Porsche AG

**Warum bekommt die Beschaffung oft so wenig Aufmerksamkeit – obwohl so viel von ihr abhängt?** Weil Beschaffung meist im Hintergrund läuft – und erst dann in den Blickpunkt rückt, wenn etwas fehlt. Das kennt jeder aus dem Alltag: Fehlt beim Kochen eine Zutat oder beim Möbelaufbau eine Schraube, steht meist alles still. Im industriellen Maßstab kann das bedeuten: keine Teile, kein Auto. Unsere Lieferketten sind heute hochgradig komplex, global und auf Effizienz ausgelegt. Fällt ein einziges Teil aus, sei es durch eine Naturkatastrophe, einen Cyberangriff oder geopolitische Span-nungen, kann dies die Produktion gefährden. Deshalb denken wir bei Porsche Be-schaffung heute anders: vorausschauender, vernetzter und deutlich resilienter. **Welche Strategie verfolgen Sie, um Lieferketten auch in Krisenzeiten stabil und widerstandsfähig zu halten?** Entscheidend ist die Transparenz in der gesamten Lieferkette – also über unsere direkten Lieferanten hinaus. Uns interessiert: Wer sind die Partner dahinter? Wo haben sie ihre Standorte und welchen Risiken sind sie ausgesetzt? Dabei simulie-ren wir beispielsweise Wetterereignisse oder Cyberattacken. Wir bewerten globale Rohstoffverfügbarkeiten und identifizieren Single-Source-Situationen. Über allem steht die Frage: Wo könnte ein möglicher Ausfall besonders kritisch für uns sein? **Und welche konkreten Maßnahmen ergreifen Sie, um Risiken zu minimieren?** Hier braucht es ein ganzes Maßnahmenbündel. Als vergleichsweise kleiner Her-steller können wir nicht überall auf eine Zwei-Lieferanten-Strategie setzen. Statt-dessen überlegen wir uns etwa, wo wir bei kritischen Materialien gezielt Lagerbe-stände in Werksnähe aufbauen. Oder wir beauftragen zusätzliche Werkzeugsätze, die bei Bedarf schnell aktiviert werden können. **Wie wählen Sie Lieferanten aus, welche Kriterien sind dabei besonders wichtig?** Die Auswahl unserer Lieferanten ist immer Teamwork. Beschaffung, Entwicklung und Produktion arbeiten eng zusammen. Häufig entwickeln wir die Lösungen ge-meinsam mit unseren Lieferanten. Hierbei spielt die technische Bewertung in en-ger Abstimmung mit unserer Entwicklung eine wichtige Rolle. Die Produktion wie-derum achtet sehr stark auf die Logistik. Jeder potenzielle Partner durchläuft ein umfassendes Auditverfahren. Dabei geht es um Qualitäts- und Machbarkeitsaudits. Aber auch um eine umfassende Risikoanalyse. Ein fester Bestandteil bei der Aus-wahl sind zudem Kriterien bei der Nachhaltigkeit. Also rechtliche, ethische und ökologische Standards. >Viele unserer Fahrzeuge sind stark individualisiert – das erfordert flexible, anpas-sungsfähige Partner. Viele Mittelständler aus Deutschland bieten genau diese Qualität. **Wie wichtig ist Ihnen die Einbindung mittelständischer Lieferanten in Ihrer Lie-ferkette?** Viele unserer Fahrzeuge sind stark individualisiert – das erfordert flexible, anpas-sungsfähige Partner. Viele Mittelständler aus Deutschland bieten genau diese Qualität. Vor allem, wenn sie sich in unmittelbarer Werksnähe befinden. Vorteile sind kurze Wege und schnelle Reaktionszeiten. Als in Deutschland verwurzeltes Unternehmen ist uns zudem daran gelegen, die heimische und europäische Lie-ferkette zu stärken. **Sie haben die Nachhaltigkeit bereits angesprochen. Nochmals konkret: Wie integrieren Sie diese Kriterien in den Beschaffungsprozess?** Wie gesagt, wir denken hier ganzheitlich und in drei Dimensionen: ökologisch, so-zial und ethisch. Im ökologischen Bereich legen wir besonderen Wert auf den CO₂-Fußabdruck in der Lieferkette. Hier entscheiden der Energiemix, die verwendeten Rohstoffe und der Anteil an recyceltem Material. Auch der Wasserverbrauch wird immer wichtiger. Soziale und ethische Aspekte sind ebenfalls von Bedeutung. Wir erwarten, dass internationale Arbeitsstandards eingehalten und faire Löhne ge-zahlt werden. **Wie haben Sie Einkaufprozesse bzw. das Lieferantenmanagement erfolgreich verbessert?** Rund 80 Prozent der Wertschöpfung entsteht bei uns in der Lieferkette. Entspre-chend hoch ist die Bedeutung eines effizienten und partnerschaftlich ausgerichte-ten Lieferantenmanagements. Deshalb setzen wir bewusst früh an: Bereits in der Entwicklungsphase binden wir Lieferanten eng in unsere Prozesse ein. Gemein-sam können wir Kosten optimieren, die Umsetzung garantieren und verlässliche Qualität reproduzieren. Über diesen engen Austausch entstehen belastbare Part-nerschaften – von Anfang an. **Wie reagieren Sie auf regionale Marktanforderungen?** Angesichts fragmentierter Märkte gewinnt die regionale Verankerung an Bedeu-tung. In China arbeiten wir beispielsweise gezielt mit starken lokalen Partnern zu-sammen. Mit dem Ziel, marktgerechte Lösungen zu entwickeln – etwa beim Info-tainment. Auch regulatorische Anforderungen erfordern spezifische Lösungen, das Aufspüren innovativer Technologien und innovativer Partner. Immer mehr handelt es sich dabei auch um Start-ups aus branchenfremden Bereichen, etwa beim au-tonomen Fahren, der Konnektivität oder Software. >Bereits in der Entwicklungsphase binden wir Lieferanten eng in unsere Prozesse ein. Gemeinsam können wir Kosten optimieren, die Umsetzung garantieren und verlässliche Qualität reproduzieren. ## Infos zur Person Barbara Frenkel: Als Kind wollte sie Astronautin werden. Heute leitet Barbara Frenkel das Vor-standsressort Beschaffung der Porsche AG. Frenkel war die erste Frau im Vorstand des Sportwagenherstellers. Sie blickt auf eine mehr als 20-jährige Management-karriere bei Porsche zurück. Zuvor war sie bei verschiedenen Automobilzulieferern tätig. Barbara Frenkel (62) scheidet zum 19. August 2025 auf eigenen Wunsch aus dem Porsche-Vorstand aus und übergibt ihre Verantwortung an Joachim Schar-nagl (49), der ihre Nachfolge antritt. Privat genießt sie Ausfahrten mit ihrem Oldti-mer, einem 911 G-Modell. Sie ist begeisterte Taucherin und unternimmt gerne Aus-flüge mit ihrem Hund in die Natur.