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15. Sep 2022

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Lifestyle

„Vaginismus ist behandelbar“

Journalist: Chan Sidki-Lundius

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Foto: Presse/Shutterstock

Die auf Beckenbodentherapie spezialisierte Physiotherapeutin, Bewegungspädagogin und Autorin Claudia Amherd arbeitet seit über 20 Jahren mit Frauen, die unter Vaginismus leiden.

Frau Amherd, was ist eigentlich Vaginismus?

Vaginismus ist eine Erkrankung, die ein Arzt diagnostizieren kann. Für betroffene Frauen ist das Einführen eines Tampons, eines Fingers oder auch Geschlechtsverkehr schmerzhaft, erschwert oder gar unmöglich. Die Symptome sind unterschiedlich. Einige Frauen empfinden ein Enge-Gefühl beim Einführen eines Tampons oder sie können ihn nicht mehr entfernen. Andere Frauen haben das Gefühl, ihr Partner stoße an eine Wand, wenn sie versuchen, mit ihm zu schlafen. Die Symptome reichen von Brennen, Stechen und/oder Engegefühl im Bereich der Scheide bis zu starken Schmerzen oder Krämpfen der Beckenbodenmuskulatur. Manche Frauen können sich aufgrund von Angst oder Schmerzen nicht gynäkologisch untersuchen lassen. Unterschieden werden sollte zwischen Dyspareunie (Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, z. B. wegen Scheidentrockenheit) oder Vulvodynie (Schmerzen im Intimbereich/bei Berührung der Vulva), auch wenn diese Erkrankungen oft gemeinsam auftreten. 

Was sind mögliche Ursachen für Vaginismus? 

Da gibt es viele, meistens ist es eine Kombination mehrerer Ursachen. Häufige Ursachen sind z. B. eine zu prüde oder progressive Sexualerziehung, körperliche Ursachen wie Verletzungen im Bereich des Beckens oder Fehlfunktionen der Beckenbodenmuskulatur. Möglich sind auch psychische Ursachen wie Angststörungen oder Erfahrungen, die aus sexuellen Übergriffen, Gewalt oder schmerzhaften medizinischen Untersuchungen im Becken resultieren. Manche Frauen finden nie heraus, weshalb sie unter Vaginismus leiden/litten.

Lässt sich Vaginismus behandeln?

Vaginismus ist relativ gut behandelbar. Idealerweise kombiniert man einfache Entspannungstechniken wie etwa Progressive Muskelrelaxation oder Mindfulness mit einer Beckenbodentherapie und einer Art Verhaltenstherapie. Dabei lernt die Frau, wie sie erst ihren eigenen Finger und mit der Zeit Vaginaldilatoren unterschiedlicher Größe einführt. Dabei geht es nicht darum, die Scheide zu dehnen, sondern zu erfahren, dass Entspannung und Beckenbodenkontrolle das Einführen von Finger/Dilator schmerzfrei und leicht ermöglichen. Typische Beckenbodenübungen für Inkontinenz verschlimmern die Symptome. Besser sind Übungen, die die Spannung ausgleichen und die Reaktionsfähigkeit der Beckenbodenmuskeln fördern. Frauen in einer Partnerschaft führen auch Übungen mit ihrem Partner/ihrer Partnerin durch. In meiner therapeutischen Arbeit bevorzuge ich glatte Vaginaltrainer, die leicht eingeführt werden können und auf Kassenrezept erhältlich sind. Eine andere Behandlungsmöglichkeit ist das Spritzen von Botox, die Frau durchläuft danach dasselbe Programm mit Beckenbodentraining und dem Einführen von Dilatoren. Für Frauen, die Gewalterfahrungen haben oder Opfer von sexuellem Missbrauch wurden, ist es wichtig, diese Erfahrungen mit einer Fachkraft aufzuarbeiten. Am besten, bevor sie mit einem Selbsthilfe- oder Therapieprogramm für Vaginismus beginnen. Mein Buch „Wenn die Liebe schmerzt“ enthält ein Übungsprogramm, das die Frau Schritt für Schritt durch ein Selbsthilfeprogramm führt. Seit fast zehn Jahren gibt es das Programm auch online.

Wie sind die Erfolgschancen der Vaginismus-Behandlung?

Sind keine anderen Erkrankungen vorhanden (z. B. Vulvodynie oder Vestibulodynie), ist Vaginismus gewöhnlich sehr gut mit einer Multimodalen Behandlung wie meinem Selbsthilfeprogramm behandelbar. Je nach Therapieform zeigen Studien eine Erfolgsrate von 70 bis 90 Prozent.

11. Jul 2025

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Gesundheit

Wo demenzkranke Menschen mit allen Sinnen gefordert sind – mit Esther Daenschel, zertifizierte Gartentherapeutin nach IGGT, Hospital zum Heiligen Geist

![Esther_Daenschel_xl online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Esther_Daenschel_xl_online_7618aeaf4e.jpg) ``` Esther Daenschel, zertifizierte Gartentherapeutin nach IGGT, Hospital zum Heiligen Geist ``` **Was ist ein Sinnesgarten?** Ein Therapie- und Sinnesgarten ist ein gestalteter Raum, der alle Sinne anspricht und Menschen mit Demenz positive Erlebnisse ermöglicht. Besonders wichtig sind die Barrierefreiheit und die klare Aufteilung in verschiedene Gartenbereiche, die die Orientierung erleichtern und unterschiedliche Bedürfnisse – von Aktivierung bis Entspannung – ansprechen. Jeder Therapiegarten ist individuell und sollte immer an die Gegebenheiten vor Ort, das Klientel und die Menschen, die ihn mit Leben füllen, angepasst werden. **Welche Bedeutung haben solche Gärten für demenzkranke Menschen?** Für Menschen mit Demenz hat ein Therapie- und Sinnesgarten große therapeutische Bedeutung. Er wirkt anregend, vermittelt Geborgenheit, kann Erinnerungen wecken und den Erhalt von Alltagskompetenzen unterstützen. Sinnesgärten stärken Selbstwirksamkeit, Teilhabe und Lebensqualität und bieten Raum für Begegnung und sinnvolle Beschäftigung. Sie fördern soziale Kontakte, bieten Abwechslung und schaffen kleine Inseln der Ruhe, Begegnung und Aktivität. **Welche Aktivitäten sind dort möglich?** In unserem Therapie- und Sinnesgarten im Hinsbleek 9 können vielfältige Angebote stattfinden, die sich an den individuellen Fähigkeiten und Ressourcen der Bewohner:innen orientieren. Neben der Sinnesanregung durch Riechen, Tasten und Schmecken von Kräutern, Gemüse und Obst können die Besucher:innen unter der Pergola oder auf der Klönschnackbank gemeinsam sitzen und plaudern. Bewegungseinheiten wie Spaziergänge und Naturbeobachtungen fördern die Mobilität und Wahrnehmung. Darüber hinaus bietet unser Sinnesgarten barrierefreie Hochbeete, die unterfahrbar oder in Stehhöhe zum Gärtnern einladen.

17. Jun 2025

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Lifestyle

DIY als Philosophie – mit Jonas Winkler

![JonasWinkler Online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Jonas_Winkler_Online_8c75c7f697.jpg) ``` Jonas Winkler, Tischlermeister & Content Creator ``` Selbstgemacht statt gekauft: „Do it Yourself“ ist eine Einladung für jeden, das eigene Zuhause ganz persönlich und mit Herzblut zu gestalten. Ob Möbel, Deko oder kleine Reparaturen: Jedes selbstgemachte Stück, jede Upcycling-Kommode erzählt seine eigene Geschichte und macht die eigenen vier Wände noch gemütlicher. Dabei geht es um Spaß am Handwerk, die Freiheit, Materialien und Techniken nach Lust und Laune auszuprobieren – und auch darum, aus Fehlern zu lernen. Genau das lebt Jonas Winkler, Tischlermeister und Produktdesigner auf seinen Social Media-Kanälen vor. Mit seinen inspirierenden Ideen und detaillierten DIY-Tutorials motiviert er Heimwerkende und alle, die es noch werden wollen. Darf es ein ergonomischer Gaming-Tisch sein oder ein paar Kniffe, wie man ein krummes Holzbrett wieder gerade bekommt? Egal, ob großes oder kleines Projekt: „Mit etwas Selbstgemachten entsteht nicht nur ein Objekt, sondern eine emotionale Verbindung zwischen Mensch, Material und dem Stolz, etwas Bleibendes geschaffen zu haben.“ Dabei dürfen auch Fehler passieren. „Ich mache selbst nicht alles richtig, wie man in meinen Videos sieht“, sagt Jonas Winkler lachend, „das Spannende ist doch das Knobeln: Wie kriegen wir den Karren jetzt aus dem Dreck? Probleme offen zeigen und Lösungen finden, darum geht es. Aufgeben ist keine Option.“ Natürlich muss man einige Dinge nicht selbst erleben, um zu wissen, dass sie auch gefährlich sein können, betont Jonas Winkler: „Gerade Laien müssen Sicherheit priorisieren. Bei Billigwerkzeug etwa ist das Unfallpotenzial enorm. Wie schnell ein günstiger Akku überhitzt oder ein Schraubenschlüssel bricht – das demonstrieren wir in meiner Werkstatt als sicheren Raum, um Risiken zu minimieren.“ Sein eigener Weg begann mit dem Studium des Produktdesigns. Die Neugier, wie Entwürfe Realität werden, führte ihn zu ersten eigene DIY-Projekten und schließlich dazu, auch den Handwerksmeister zu absolvieren. Gerade heute, wo so vieles fremdbestimmt ist und durch Technologien immer schwerer greifbar wird, bietet das Handwerk eine besondere Möglichkeit, selbst aktiv Einfluss auf das Ergebnis zu nehmen. „Der Gedanke, etwas selbst zu designen, zu erschaffen und damit einem Möbelstück eine Geschichte zu geben, ist unersetzlich“, erklärt er. Und was braucht es seiner Meinung nach, damit das Holzhandwerk auch als Ausbildungsbetrieb attraktiv und zeitgemäß bleibt? „Inklusivität und eine positive Fehlerkultur, die Raum zum Lernen lässt, sind entscheidend – ob beim traditionellen Hobeln oder digitalen Fräsen. Das Wichtigste aber ist, das es Spaß macht.“ Also nichts wie los: Neugierig sein, ins Tun kommen und sich ein Traum-Zuhause schaffen, das genauso einzigartig ist, wie man selbst. Das nächste DIY-Projekt wartet vielleicht schon am nächsten Straßenrand. >Inklusivität und eine positive Fehlerkultur, die Raum zum Lernen lässt, sind entscheidend – ob beim traditionellen Hobeln oder digitalen Fräsen.