6. Jul 2023
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Lifestyle
Journalist: Julia Butz
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Foto: Switzerland Cheese Marketing, Presse
Schweizer Genusswelten: Was einen wirklich guten Käse ausmacht, darüber spricht Käser und Qualitätsexperte Willi Schmid.
Willi Schmid, Käsemeister aus dem Toggenburg
Herr Schmid, was unterscheidet einen guten, von einem sehr guten Käse?
Bei einem sehr guten Käse hat man einen langen Abgang. Er geht schön in die Breite, hat einen fülligen und harmonischen Geschmack. Da gibt es nicht störendes, nichts Trennendes, keine Bitteraromen, nicht zu viel Salzigkeit. Da blockiert nichts oder ist einfach nur Schärfe. Sondern Ausgewogenheit. Genau wie bei einem guten Wein. Ein sehr guter Käse hat auch die Kraft noch nach lange im Gaumen zu bleiben und nicht nach einem Schluck Wein schon weggespült zu werden. Wie ein Hauptgang: er bleibt noch eine gute halbe Stunde im Gaumen, man spürt die Röstaromen, die Milch kommt wieder zum Vorschein… einfach ein fülliger Geschmack.
«Die Fütterung der Kühe ist das A und O.»
… der so einfach aber nicht zu erzielen ist. Was ist ausschlaggebend für die Produktqualität?
Man muss den Rohstoff kennen und die Kühe müssen ausgewogen und gut gefüttert werden, mit den richtigen Pflanzen. Die Fütterung der Kühe ist das A und O. Und das schmeckt man raus. Auch den Boden, also das Terroir schmeckt man. Jeder Käse von jedem Hof schmeckt anders. Dazu kommt: Die Artenvielfalt auf der Wiese ist immens wichtig. Wir haben auf unseren Wiesen z. B. 50 verschiedene Pflanzen auf einem Quadratmeter.
Und nicht zuletzt gilt natürlich: Glückliche Kühe geben die beste Milch. Das sagt man nicht nur so, das stimmt. Wenn der Umgang stimmt, wenn die Kühe keinen Stress haben, geben sie auch mit Freude ihre Milch – abgesehen von dem positiven Stress, den es jedes Frühjahr gibt, wenn die Kühe wieder auf die Weide dürfen! Neben der richtigen Fütterung und einem richtigen Umgang mit den Tieren, braucht es aber natürlich auch das Handwerk, die Erfahrung und das Verständnis für die Milch. Auch schmeckt die Milch nicht immer genau gleich. Da gibt es auch witterungsbedingte Unterschiede, es kommt es auf die Auswahl der Bakterien an, das richtige Klima im Keller, auf Luftfeuchtigkeit und Temperatur. All das beeinflusst die Affinage, also die Käseveredelung.
Worauf sollte man beim Kauf achten?
Wer nicht ab Hof, sondern im Supermarkt kauft, geht am sichersten, wenn er an der Käsetheke probieren kann. Bei den vakuumverpackten Sorten bleibt einem nichts anderes übrig, als sich auf die Angaben auf dem Etikett zu verlassen.
Bei uns sehen die Käse natürlicherweise im Sommer anders aus, als im Winter. Im Sommer gelb, im Winter eher elfenbein, je nachdem, ob die Tiere draussen auf der Weide fressen oder drinnen im Stall. Bei Industrieprodukten aber muss es immer gleich aussehen, daher wird dort teilweise mit künstlichen Farbstoffen nachgeholfen, auch damit das Produkt natürlich aussieht – obwohl die Kühe das gesamte Jahr Silofutter zu fressen bekommen haben. Oder es werden Rüben und Kartoffeln gefüttert, um farbintensive Käse zu erhalten. Die Kuh aber ist ein Wiederkäuer, die naturgemäss nichts frisst, was unter dem Boden liegt. Ich denke, alles, was unter der Erde liegt, gehört nicht in den Futtertrog – und es beeinflusst meiner Meinung nach, den Geschmack auch nicht positiv.
Welche Sorte ist der optimale Allrounder?
Mit einem Sbrinz oder einem Gryerzer kann man eigentlich nie etwas falsch machen.