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4. Jun 2024

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Lifestyle

Von der Weide zum Produkt

Journalist: Nadine Wagner

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Foto: Ardiss Hutaff/unsplash

Schafwolle ist von Natur aus eine hautfreundliche, atmungsaktive und selbstreinigende Naturfaser und erfreut sich großer Beliebtheit bei der Herstellung nachhaltiger Bekleidungs- und Wohntextilien. Wollfasern sind elastisch und dehnbar, reißfest, sehr fein und von Natur aus filzfähig. Trotz dieser Eigenschaften wird für die Produktion solcher Textilien auf Schafwolle aus dem Ausland zurückgegriffen, während die Rohwolle der rund 1,5 Mio. Schafe in Deutschland häufig im Müll landet.

Ein Schaf liefert pro Schur – die in der Regel ein- bis zweimal im Jahr stattfindet – etwa drei bis vier Kilogramm Wolle. Schäferinnen und Schäfer erhalten in Deutschland jedoch lediglich etwa 30 bis 80 Cent pro Kilogramm Wolle. Die Schurkosten belaufen sich auf durchschnittlich 6,82 € pro Schaf, inkl. Nebenkosten für Sortierung, Zutrieb, Wollsäcke, Wollpresse und Verpflegung*. Nimmt man zusätzlich Arbeitszeit für das Sortieren der Wolle, Transportkosten und das Waschen der Wolle hinzu, machen die Halter unterm Strich ein Minusgeschäft. Die niedrigen Erlöse decken häufig nicht einmal die Schurkosten. Hinzu kommt die Konkurrenz internationaler Wettbewerbsprodukte, beispielsweise aus Neuseeland, Irland oder Australien.

Die heimische Wollproduktion steht folglich vor vielfältigen Herausforderungen: Zum einen fehlt es in Deutschland an einer Wollwäscherei. 2009 schloss die letzte deutsche Wollwäscherei in Bremen ihre Tore, was die Verarbeitung der Wolle erheblich erschwert und die Transportkosten in die Höhe treibt. Zum anderen sind die heimischen Schafe hauptsächlich auf die Deich- und Landschaftspflege sowie die Erzeugung von (Lamm)Fleisch ausgerichtet. Merinoschafe, die besonders feine, nicht kratzende Wolle liefern, sind aufgrund ihrer langen Stallzeiten für die Deichpflege weniger geeignet. Auf dem globalen Markt wird Schurwolle daher hauptsächlich von Australien, Neuseeland und China bereitgestellt. Deutsche Wolle ist meist zu grob für viele Verarbeitungsprozesse, und das heterogene Rassenspektrum der Schafe in Deutschland erschwert es, größere Posten einheitlicher Qualität anzubieten.

Trotz der Herausforderungen gibt es vielversprechende Ansätze zur besseren Nutzung heimischer Schafwolle. Eine Marktstudie, die 2021 vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) beauftragt und von der white ip Business Solutions GmbH durchgeführt wurde, identifizierte mehrere Märkte, in denen sich auch gröbere Wollen gut einsetzen lassen. Dazu gehören Füllmaterialien für Outdoorbekleidung oder die Bettenindustrie, Teppiche, Dünger, Pflanzsubstrate und Torfersatzstoffe sowie Geotextilien. Eine Empfehlung mit Einschränkungen sprach die Studie ebenfalls für den Markt der Textilien und Heimtextilien aus.

Dank der mittlerweile steigenden Nachfrage nach biologisch abbaubaren, regionalen und nachwachsenden Rohstoffen sowie einer zunehmenden Renationalisierung von Wertschöpfungsketten eröffnen sich für deutsche Schafwolle außerdem diverse neue Verwertungschancen. Die weitere Entwicklung erfordert jedoch eine verstärkte öffentliche Wahrnehmung der Möglichkeiten und Vorteile dieses Rohstoffs im Kontext der weiteren Verwendung. Schafwolle könnte hierdurch nicht nur stärker in bereits etablierten, sondern mitunter auch in neuen Bereichen zum Einsatz kommen und z. B. Erdöl-basierte Fasern und Werkstoffe ersetzen oder als Torfersatz dienen.

Eine stärkere Nutzung des Rohstoffs Schafwolle mit einer höheren Wertschöpfung auf allen Stufen würde somit nicht zuletzt einen bedeutenden Beitrag zur Erreichung der Ziele der Bioökonomiestrategie der Bundesregierung leisten.

*lt. Marktstudie Heimische Schafwolle, white ip Business Solutions GmbH, 2021

Interessanter Fakt:

Fasern aus Schafschurwolle kennzeichnen sich durch diverse hervorragende Eigenschaften: Sie sind atmungsaktiv, schwer entflammbar, biologisch abbaubar, geruchsneutral, elastisch, feuchteausgleichend und isolationswirkend.

11. Jul 2025

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Gesundheit

Wo demenzkranke Menschen mit allen Sinnen gefordert sind – mit Esther Daenschel, zertifizierte Gartentherapeutin nach IGGT, Hospital zum Heiligen Geist

![Esther_Daenschel_xl online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Esther_Daenschel_xl_online_7618aeaf4e.jpg) ``` Esther Daenschel, zertifizierte Gartentherapeutin nach IGGT, Hospital zum Heiligen Geist ``` **Was ist ein Sinnesgarten?** Ein Therapie- und Sinnesgarten ist ein gestalteter Raum, der alle Sinne anspricht und Menschen mit Demenz positive Erlebnisse ermöglicht. Besonders wichtig sind die Barrierefreiheit und die klare Aufteilung in verschiedene Gartenbereiche, die die Orientierung erleichtern und unterschiedliche Bedürfnisse – von Aktivierung bis Entspannung – ansprechen. Jeder Therapiegarten ist individuell und sollte immer an die Gegebenheiten vor Ort, das Klientel und die Menschen, die ihn mit Leben füllen, angepasst werden. **Welche Bedeutung haben solche Gärten für demenzkranke Menschen?** Für Menschen mit Demenz hat ein Therapie- und Sinnesgarten große therapeutische Bedeutung. Er wirkt anregend, vermittelt Geborgenheit, kann Erinnerungen wecken und den Erhalt von Alltagskompetenzen unterstützen. Sinnesgärten stärken Selbstwirksamkeit, Teilhabe und Lebensqualität und bieten Raum für Begegnung und sinnvolle Beschäftigung. Sie fördern soziale Kontakte, bieten Abwechslung und schaffen kleine Inseln der Ruhe, Begegnung und Aktivität. **Welche Aktivitäten sind dort möglich?** In unserem Therapie- und Sinnesgarten im Hinsbleek 9 können vielfältige Angebote stattfinden, die sich an den individuellen Fähigkeiten und Ressourcen der Bewohner:innen orientieren. Neben der Sinnesanregung durch Riechen, Tasten und Schmecken von Kräutern, Gemüse und Obst können die Besucher:innen unter der Pergola oder auf der Klönschnackbank gemeinsam sitzen und plaudern. Bewegungseinheiten wie Spaziergänge und Naturbeobachtungen fördern die Mobilität und Wahrnehmung. Darüber hinaus bietet unser Sinnesgarten barrierefreie Hochbeete, die unterfahrbar oder in Stehhöhe zum Gärtnern einladen.

17. Jun 2025

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Lifestyle

DIY als Philosophie – mit Jonas Winkler

![JonasWinkler Online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Jonas_Winkler_Online_8c75c7f697.jpg) ``` Jonas Winkler, Tischlermeister & Content Creator ``` Selbstgemacht statt gekauft: „Do it Yourself“ ist eine Einladung für jeden, das eigene Zuhause ganz persönlich und mit Herzblut zu gestalten. Ob Möbel, Deko oder kleine Reparaturen: Jedes selbstgemachte Stück, jede Upcycling-Kommode erzählt seine eigene Geschichte und macht die eigenen vier Wände noch gemütlicher. Dabei geht es um Spaß am Handwerk, die Freiheit, Materialien und Techniken nach Lust und Laune auszuprobieren – und auch darum, aus Fehlern zu lernen. Genau das lebt Jonas Winkler, Tischlermeister und Produktdesigner auf seinen Social Media-Kanälen vor. Mit seinen inspirierenden Ideen und detaillierten DIY-Tutorials motiviert er Heimwerkende und alle, die es noch werden wollen. Darf es ein ergonomischer Gaming-Tisch sein oder ein paar Kniffe, wie man ein krummes Holzbrett wieder gerade bekommt? Egal, ob großes oder kleines Projekt: „Mit etwas Selbstgemachten entsteht nicht nur ein Objekt, sondern eine emotionale Verbindung zwischen Mensch, Material und dem Stolz, etwas Bleibendes geschaffen zu haben.“ Dabei dürfen auch Fehler passieren. „Ich mache selbst nicht alles richtig, wie man in meinen Videos sieht“, sagt Jonas Winkler lachend, „das Spannende ist doch das Knobeln: Wie kriegen wir den Karren jetzt aus dem Dreck? Probleme offen zeigen und Lösungen finden, darum geht es. Aufgeben ist keine Option.“ Natürlich muss man einige Dinge nicht selbst erleben, um zu wissen, dass sie auch gefährlich sein können, betont Jonas Winkler: „Gerade Laien müssen Sicherheit priorisieren. Bei Billigwerkzeug etwa ist das Unfallpotenzial enorm. Wie schnell ein günstiger Akku überhitzt oder ein Schraubenschlüssel bricht – das demonstrieren wir in meiner Werkstatt als sicheren Raum, um Risiken zu minimieren.“ Sein eigener Weg begann mit dem Studium des Produktdesigns. Die Neugier, wie Entwürfe Realität werden, führte ihn zu ersten eigene DIY-Projekten und schließlich dazu, auch den Handwerksmeister zu absolvieren. Gerade heute, wo so vieles fremdbestimmt ist und durch Technologien immer schwerer greifbar wird, bietet das Handwerk eine besondere Möglichkeit, selbst aktiv Einfluss auf das Ergebnis zu nehmen. „Der Gedanke, etwas selbst zu designen, zu erschaffen und damit einem Möbelstück eine Geschichte zu geben, ist unersetzlich“, erklärt er. Und was braucht es seiner Meinung nach, damit das Holzhandwerk auch als Ausbildungsbetrieb attraktiv und zeitgemäß bleibt? „Inklusivität und eine positive Fehlerkultur, die Raum zum Lernen lässt, sind entscheidend – ob beim traditionellen Hobeln oder digitalen Fräsen. Das Wichtigste aber ist, das es Spaß macht.“ Also nichts wie los: Neugierig sein, ins Tun kommen und sich ein Traum-Zuhause schaffen, das genauso einzigartig ist, wie man selbst. Das nächste DIY-Projekt wartet vielleicht schon am nächsten Straßenrand. >Inklusivität und eine positive Fehlerkultur, die Raum zum Lernen lässt, sind entscheidend – ob beim traditionellen Hobeln oder digitalen Fräsen.