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19. Jun 2024

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Wirtschaft

Wärmepumpen als Motor der Energiewende

Journalist: Gunnar von der Geest

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Foto: alpha innotec/pexels

Industrie, Gewerbe und Kommunen haben beim Umstieg auf Wärmepumpen noch Nachholbedarf. Innovative Konzepte tragen dazu bei, Emissionen und Kosten zu senken.

Kaum ein Wort hat zuletzt Politik, Wirtschaft und Endverbraucher in teils „hitzig“ geführten Diskussionen derart elektrisiert wie „Wärmepumpe“. Mal ging es um technische Anforderungen und Kosten, mal um Förderungsmöglichkeiten und die Frage, ob denn überhaupt ausreichend Fachkräfte zum Einbau der Anlagen vorhanden seien. Klar ist: Der Einsatz von Wärmepumpen sowohl in Privathäusern als auch kommunalen Einrichtungen, Industrie- und Gewerbeobjekten ist ein entscheidender Faktor, um die ambitionierten Klimaschutzziele zu erreichen. So fordert unter anderem das Pariser Klimaschutzabkommen, den Wärmesektor bis 2050 zu dekarbonisieren. Um die Abhängigkeit von Energie-Importen beispielsweise aus Russland zu reduzieren, hatte die Bundesregierung vor zwei Jahren angekündigt, die Anzahl der jährlich installierten Wärmepumpen auf 500.000 steigern zu wollen. 2023 wurden immerhin 356.000 Geräte abgesetzt.

Während die Mehrzahl der etwa 1,7 Millionen in Deutschland genutzten Wärmepumpen in Wohngebäuden zu finden sind, wird das Potenzial der effizienten Technologie im Industrie- und Gewerbebereich sowie in kommunalen Einrichtungen noch eher selten genutzt. Das liegt zuweilen an fehlenden Best-Practice-Beispielen. Wärmepumpen-Systeme werden bei anspruchsvollen Großprojekten oftmals nicht in Betracht gezogen, da die Auftraggeber mit den konventionellen Heizungs-, Lüftungs- und Kühlanlagen vertraut sind. Dabei ließe sich für fast jedes Objekt eine bedarfsgerechte Lösung finden.

Viele erfolgreich realisierte Bauprojekte belegen, dass der Kombination unterschiedlicher Wärmequellen (Erdwärme, Grundwasser, Abwärme) und der Einbindung weiterer Energie- und Wärmeerzeuger (KWK, PV, Solarthermie) kaum Grenzen gesetzt sind. Unter dem Stichwort Sektor-Kopplung weisen Branchen-Experten stets darauf hin, dass die Bereiche „Strom“ und „Wärme“ miteinander verschmelzen müssen, um Synergie-Effekte auszuschöpfen. Wärmepumpen bildeten an dieser Stelle den zentralen Verknüpfungspunkt zwischen beiden Sektoren. Der Energie-, Heiz- und Kühlbedarf von Gewerbe- und Industrieanlagen unterscheidet sich dabei zum Teil deutlich vom Anforderungsprofil privater Hausbesitzer. Hierbei ist vor allem die Kaskadenschaltung relevant, bei der Wärmepumpen so miteinander verknüpft bzw. skalierbar in Reihe geschaltet werden, dass sich das Leistungsspektrum flexibel an den jeweiligen Wärme- oder Kühlbedarf anpassen kann. Außerdem ergibt sich durch die Reihenschaltung ein höheres Temperaturniveau im gesamten Heizsystem, was für industrielle Prozesse wichtig ist. Hochtemperatur-Wärmepumpen (HTWP) sind zur Prozesswärme-Erzeugung für einen Bereich bis zu 150 °C geeignet. In Deutschland beträgt die Nachfrage im Jahr etwa 100 TWh. Dank der Erzeugung mehrerer Prozesswärme-Einheiten durch eine Energie-Einheit können der Primärenergie-Bedarf und der CO2-Ausstoß stark reduziert werden. Weitere Infos, auch zu staatlichen Fördermöglichkeiten, gibt es beim Bundesverband Wärmepumpe (BWP) e. V. unter: www.waermepumpe.de

Kurz erklärt

Wärmepumpen nutzen die Prinzipien der Thermodynamik. Ihre vier Hauptkomponenten sind Verdampfer, Kompressor, Kondensator und Expansionsventil. Je nach Typ und Einsatzbereich wandeln moderne Wärmepumpen in der Regel das 3- bis 4-Fache des eingesetzten Stroms in Wärmeenergie um.

4. Jul 2025

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Wirtschaft

Chancen für die Zukunft der Versorgung – mit Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus & Dr. Johannes Danckert

![Dr_Johannes_Danckert_Copyright_Kevin_Kuka_Vivantes_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Dr_Johannes_Danckert_Copyright_Kevin_Kuka_Vivantes_online_6e3b6d01f5.jpg) ``` Dr. Johannes Danckert, Vorsitzender der Geschäftsführung, Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH ``` **Dr. Johannes Danckert, Vorsitzender der Geschäftsführung, Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH** Digitalisierung kann die Patientenversorgung schneller, besser und sicherer machen. Immer öfter werden dabei auch die traditionellen Grenzen zwischen ambulanten und stationären Bereichen sowie einzelnen Versorgungseinrichtungen abgebaut. So kann die ‚Patient Journey‘, also der gesamte Behandlungsweg eines Patienten von Diagnose bis Nachsorge, zu einer vernetzten Gesundheitsregion verbunden werden. Trotz deutlicher digitaler Fortschritte haben deutsche Krankenhäuser allerdings weiterhin erheblichen Entwicklungsbedarf, bedingt vor allem durch kleinteilige Strukturen und unzureichende Finanzierung. Denn die Implementierung innovativer Lösungen setzt bereits einen hohen Digitalisierungsgrad voraus. Bei Vivantes wurden zentrale Prozesse wie die Patientenkurve, Medikation, Pflegeprozesssteuerung sowie Anforderungs- und Befundungsprozesse digitalisiert. Auch große Teile der Medizintechnik sind eingebunden. KI-gestützte Systeme helfen uns, Frakturen und Embolien schneller zu erkennen oder warnen vor Komplikationen wie Delir oder Nierenversagen. Künstliche Intelligenz unterstützt uns auch dabei, Patientendaten direkt aus dem Rettungswagen in das Klinik-Informationssystem (KIS) zu übertragen, sodass die Krankenakte bei Ankunft bereits angelegt ist. Eine von uns entwickelte, interoperable Datenplattform ermöglicht zudem den automatisierten Datenaustausch von inzwischen 15 Klinikträgern in der Region Berlin-Brandenburg. Damit entstehen telemedizinische Versorgungskonzepte weit über Berlin hinaus. ![prof.dr.dr.jurgendebus_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/prof_dr_dr_jurgendebus_online_d7f732ea04.jpg) ``` Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus, Vorstandsvorsitzender und Leitender Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Heidelberg ``` **Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus, Vorstandsvorsitzender und Leitender Ärztlicher Direktor Universitätsklinikum Heidelberg** Smarte Technologien und eine optimale Datennutzung verbessern den Klinikalltag und die Patientenversorgung. Das zukünftige Herzzentrum am Universitätsklinikum Heidelberg planen wir als Smart Hospital: Dort werden z. B. OPs gefilmt und das KI-System warnt automatisch bei Veränderungen des Patienten oder ungewöhnlichen Vorgängen. So werden Risiken früh erkannt und die Sicherheit erhöht. Dank verknüpfter Patientendaten und digitalem Terminmanagement läuft auch die Vorbereitung auf Eingriffe effizienter, da benötigte Ressourcen wie CT-Termine frühzeitig ersichtlich sind. Ein smartes Entlassmanagement stellt relevante Dokumente für den Patienten automatisch bereit und koordiniert Sozialdienst, Pflege und Medikamentenbedarf, sodass der Übergang in die weitere Versorgung optimal organisiert ist. In all diesen Algorithmen und Systemen steckt das gebündelte Wissen von Ärztinnen und Ärzten, Pflegepersonal und Forschenden. Die meisten KI-Anwendungen basieren auf maschinellen Lernmodellen, die mit Patientendaten trainiert werden, um Muster zu erkennen. Je größer der verfügbare Datensatz, desto exakter fallen Diagnosen und Prognosen aus – ein wichtiger Faktor angesichts des steigenden Versorgungsbedarfs bei gleichzeitig sinkender Zahl an Fachkräften. Smarte Technologien helfen, diese Lücke zu schließen und die Versorgung weiterhin auf hohem Niveau zu gewährleisten. Damit es nicht bei Insellösungen bleibt, treiben wir die übergreifende Datenintegration voran, ähnlich wie sie in der internationalen Forschung etabliert ist.

30. Jun 2025

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Wirtschaft

Krise als Chance: Wie KI und strategisches Supply Chain Management Europas Rolle stärken können – Ein Beitrag von Dr. Lars Kleeberg, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands für Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME)

Globale Lieferketten stehen unter massivem Druck. Handelskonflikte, Protektionismus und geopolitische Krisen haben die Weltwirtschaft grundlegend verändert – mit direkten Auswirkungen auf Produktion, Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit. Seit Trumps Zoll-Eskalationen ist klar: Lieferketten sind keine stille Infrastruktur im Hintergrund mehr – sie sind kritische Erfolgsfaktoren für Unternehmen und Volkswirtschaften. Just-in-time ist out, just-in-case-Konzepte sind jetzt notwendig. Es ist höchste Zeit, dass Deutschland und Europa ihre Abhängigkeiten hinterfragen und ihre Versorgungssicherheit neu denken. Politik und Wirtschaft sind gleichermaßen gefordert, die Schlüsselrolle von Einkauf, Logistik und Supply Chain Management strategisch anzuerkennen und aktiv zu stärken. Gerade Deutschland als Exportnation ist in besonderem Maße auf stabile, resiliente Lieferketten angewiesen. Steigende regulatorische Anforderungen wie CSRD, CSDDD, EUDR oder REACH verschärfen den Druck auf die Unternehmen zusätzlich: Einkauf, Supply Chain Management und Logistik müssen heute ökologische, soziale und wirtschaftliche Ziele gleichzeitig erfüllen – ein Spagat, der die Komplexität erheblich erhöht und insbesondere den Mittelstand herausfordert. In diesem Spannungsfeld wächst die Bedeutung von Künstlicher Intelligenz. Mithilfe von KI können Supply Chain-Manager Transparenz entlang globaler Lieferketten herstellen, Risiken frühzeitig erkennen, Compliance-Anforderungen effizienter erfüllen und Prozesse automatisieren. Doch trotz des enormen Potenzials sind KI- Anwendungen heute oft noch Pilotprojekte – gehemmt durch mangelnde Integration, rechtliche Unsicherheiten und zögerliche Entscheidungen in der Unternehmensführung. Es braucht deshalb eine klare Haltung in den Vorstandsetagen: Der strategische Einsatz von KI muss Chefsache werden. Nur, wer Technologie gezielt integriert und daraus neue Fähigkeiten entwickelt, sichert sich langfristige Wettbewerbsvorteile. Gleichzeitig müssen die politischen Entscheidungsträger in Berlin und Brüssel an einem Strang ziehen. Angesichts geopolitischer Spannungen, zunehmenden Protektionismus und wirtschaftlicher Entkopplung muss die EU mit einer Stimme zentrale Handelsabkommen und strategische Partnerschaften vorantreiben. Die neue Bundesregierung muss zügig die wirtschaftliche Resilienz unserer Unternehmen durch ein neues Außenwirtschaftsgesetz stärken und die versprochene Expertenkommission zur Risikoanalyse globaler Abhängigkeiten einsetzen. Europa kann gestärkt aus dieser Krise hervorgehen, wenn es gelingt, strategische Rohstoffe zu sichern, Handelsbeziehungen auf Augenhöhe auszubauen und ein level playing field – insbesondere im Verhältnis zu China – durchzusetzen. Ein strategischer Wandel ist unumgänglich. Insbesondere für Deutschland und Europa gilt: Versorgungssicherheit, Innovationsfähigkeit und wirtschaftliche Souveränität sind untrennbar mit robusten Lieferketten verbunden. Supply Chain Management, Einkauf und Logistik sind längst keine operativen Randfunktionen mehr – sie sind zentrale Erfolgsfaktoren in einer zunehmend fragmentierten Weltwirtschaft. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit Europas entscheidet sich nicht in der nächsten Krise – sie entscheidet sich jetzt. >Angesichts geopolitischer Spannungen, zunehmenden Protektionismus und wirtschaftlicher Entkopplung muss die EU mit einer Stimme zentrale Handelsabkommen und strategische Partnerschaften vorantreiben.