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15. Sep 2021

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Wirtschaft

Wertschätzen statt wegwerfen

Journalist: Kirsten Schwieger

Christian Rach verrät, wie wir weniger Lebensmittel verschwenden, bewusster einkaufen und die Um-welt schonen, und was seine Lieblings-Resteessen sind. 

"Deutschland rettet Lebensmittel!“ – so zumindest lautet das Motto der Aktionswoche des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) vom 29. September bis 6. Oktober. Rund 18 Millionen Tonnen Lebensmittel werden in Deutschland jedes Jahr entlang der Versorgungskette als Müll entsorgt. „Dass diese Aktion erst nach der Bundestagswahl stattfindet zeigt, dass es der Politik ein echtes Anliegen ist, ein Umdenken zu bewirken“, lobt Christian Rach. Auch dem bekannten TV-Koch ist der nachhaltige Umgang mit Lebensmitteln ein echtes Anliegen. Seit über zehn Jahren unterstützt Rach politische und privatwirtschaftliche Initiativen, um ein neues Denken in den Köpfen der Menschen zu verankern: Wertschätzen statt wegwerfen. Seine Bilanz: „Langsam aber sicher lässt sich in der breiten Masse ein neues Bewusstsein feststellen. Aber es ist ein langwieriger Prozess“, konstatiert der 64-Jährige.

Über die Hälfte der Lebensmittelverschwendung in Deutschland fällt in Privathaushalten an. Ein Grund dafür ist das „Missverständnis“ vom Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD). „Das Mindesthaltbarkeitsdatum ist zur heiligen Kuh geworden. Wenn auf einem Produkt der 28. draufsteht, entsorgen es viele Leute bereits am 26., aus einer diffusen Angst heraus. Dabei gibt das MHD nur eine Garantie auf Farb- und Konsistenzechtheit, aber keine Information darüber, ob es dann noch genießbar ist oder nicht“, beklagt der Sternekoch aus Hamburg und fügt hinzu: „Verbraucher sollten sich lieber auf ihre Sinne verlassen. Riechen, schauen und schmecken sind viel aussagekräftiger als ein aufgedrucktes Datum.“ Das propagiert auch die von ihm unterstützte Initiative „Oft länger gut“ der Food-Bewegung „Too Good To Go“. Immerhin wird wohl in der Politik die Änderung in ein „Verzehrdatum“ diskutiert, welches dann ein eindeutiges „das ist noch gut“-Datum angibt.

Die Überinterpretation des MDH ist jedoch noch der alleinige Grund für die hohe Wegwerfrate von Lebensmitteln in privaten Haushalten. Rach wird nicht müde zu betonen: „Die Leute kaufen ein-fach zu viel Essen ein und haben zu wenig Ahnung über dessen richtige Lagerung!“ Sein Tipp: Vorher in den Kühlschrank schauen, eine Liste machen aufgrund konkreter Essensplanung und sich im Supermarkt nicht von Schnäppchen oder XXL-Mogelpackungen verleiten lassen. Wenn dann wirklich mal Lebensmittel übrigbleiben, lässt sich daraus meist ein wunderbares Resteessen improvisieren. Bewusstes Einkaufen hat für den Familienvater einen großen Stellenwert und geht noch über die durchdachte Planung hinaus. „Nachhaltiges Einkaufen bedeutet auch zu schauen, wo kommen die Produkte her? Damit meine ich gar nicht unbedingt Bio-Qualität, sondern werden sie um die halbe Welt geschifft oder sind sie regional und saisonal? Ist die Verpackung umweltfreundlich und auch passend zur benötigten Menge? 

Dass weniger oftmals mehr ist, beziehungsweise einen großen Effekt erzielen kann, lässt sich bestens am Fleischkonsum illustrieren. „Kleine Mengen und nicht nur die edlen Teile sollte unsere Devise sein. Wenn wir von dem hohen Fleischkonsum wegkommen, dann haben wir wirklich etwas erreicht – sowohl bei der Wegwerf- als auch bei der Umweltproblematik. Unmengen an CO2-Aus-stoß könnten auf diese Weise reduziert werden“, betont Rach und verweist auf die EAT-Lancet-Kommission, welche einen Speiseplan erstellt hat, der die Gesundheit des Menschen und der Erde gleichermaßen bewahren soll, und auch die explodierende Bevölkerungszahl berücksichtigt. Dafür müsste der Verzehr von Fleisch und Zucker halbiert und der von Gemüse, Hülsenfrüchten, Nüssen und Obst verdoppelt werden. In den Augen des Spitzenkochs ist dies eine Bildungsaufgabe, die der Politik zukommt. Ernährung und Lebensmittelkunde sollten zum Schulfach werden. Nur so lasse sich verloren gegangenes Lebensmittelwissen wiederbeleben und die Wegwerf-Mentalität umprogrammieren. 

Dass wir auf dem richtigen Weg sind, davon ist Rach überzeugt: „Es gibt jede Menge tolle Initiativen. Nicht nur aus der Politik, sondern besonders aus der Privatwirtschaft, sowohl von etablierten Firmen als auch jungen Start-ups. Eine großartige Initiative beispielsweise ist das Food Innovation Camp in Hamburg. Die Wirtschaft ist der Politik definitiv voraus. Die nächste große Aufgabe besteht in der Vernetzung all dieser einzelnen Initiativen, um flächendeckend wirksam zu sein.“

30. Apr 2025

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Wirtschaft

Bidirektionales Laden spart Milliarden , Elektroautos können viel mehr, als „nur“ leise und ohne Abgase zu fahren

Mit bidirektionaler Ladetechnologie (BiDi) können sie Strom speichern und ins Netz zurückspeisen. Eine aktuelle Studie von Transport & Environment (T&E) zeigt, dass dies für Europas Energieversorger und Autofahrer Einsparungen in Milliardenhöhe ermöglichen könnte. Die Einsparungen resultieren aus einer effizienteren Nutzung der Erzeugungskapazitäten und einem geringeren Kraftstoffverbrauch. Um das Potenzial dieser Technologie zu nutzen, sind jedoch geeignete regulatorische Rahmenbedingungen notwendig. Laut der T&E-Studie könnte das Einsparpotenzial für Energieversorger und Verbraucher in der EU bis zu 22 Milliarden Euro jährlich betragen, was etwa acht Prozent der Kosten für das EU-Energiesystem entspricht. Von 2030 bis 2040 könnte die BiDi-Technik EU-weit mehr als 100 Milliarden Euro einsparen, allein in Deutschland bis zu 8,4 Milliarden Euro jährlich. Ein Grund für die hohen Einsparungen ist die Möglichkeit, mehr Strom aus erneuerbaren Quellen, insbesondere Solarstrom, in das Energiesystem zu integrieren. Die Nutzung der Fahrzeugakkus könnte den Bedarf an teureren stationären Speichern in der EU um bis zu 92 Prozent senken und die installierte PV-Leistung um bis zu 40 Prozent steigern. Die Halter von Elektrofahrzeugen profitieren direkt vom bidirektionalen Laden, da sie mit geringeren Stromkosten rechnen können. Zudem dürfte die Lebensdauer der Fahrzeugakkus durch optimiertes Laden steigen. In Frankreich haben The Mobility House und Renault beispielsweise das erste Vehicle-to-Grid (V2G)-Angebot eingeführt. Besitzer eines V2G-fähigen Renault 5 können mit einer speziellen Wallbox kostenfrei laden und ihren Fahrzeugakku ins Energiesystem einspeisen. Dieses Angebot soll bald auch in Deutschland und dem Vereinigten Königreich verfügbar sein. Im deutschen Markt gibt es jedoch noch Herausforderungen, wie den langsamen Roll-out von Smart Metern und die Notwendigkeit, einen passenden rechtlichen Rahmen zu schaffen. Der zweite Europäische Gipfel für bidirektionales Laden hat klare Handlungsempfehlungen ausgesprochen, die nun umgesetzt werden müssen. Dazu gehört die Abschaffung der Doppelbelastung von zwischengespeichertem Strom durch Netzentgelte und die Sicherstellung, dass „grüner“ Strom seine Förderansprüche auch bei Zwischenspeicherung im Akku behält. Die Messe „The smarter E Europe“ 2025 wird dem Thema eine eigene Sonderschau widmen, um Chancen und Herausforderungen für die Mobilitäts- und Energiebranche aufzuzeigen. Die Veranstaltung findet vom 7. bis 9. Mai 2025 in München statt und vereint vier Fachmessen: Intersolar Europe, ees Europe, Power2Drive Europe und EM-Power Europe. Die Sonderschau auf „The smarter E Europe“ wird dabei Produkte und Lösungen für das bidirektionale Laden präsentieren und Raum für Austausch und Networking bieten. ## Factbox The smarter E Europe vereint als Europas größte Messeallianz für die Energiewirtschaft vier Fachmessen (Intersolar Europe, ees Europe, Power2Drive Europe und EM-Power Europe) und findet vom 7. bis 9. Mai 2025 auf der Messe München statt. https://www.powertodrive.de/home