Diesen Artikel teilen:

3. Apr 2021

|

Wirtschaft

Wie die Landtechnik die Weichen für die Zukunft stellt

Journalist: Jörg Wernien

Kaum eine Branche ist einem so großen Druck unterworfen wie die Landwirtschaft. Einerseits soll CO2 vermieden werden, auf der anderen Seite verlangen die Konsumenten Fleisch, Gemüse und Obst. Oft ein Spagat für die Landwirte.

Hubertus Paetow ist Dipl.-Ing in der Agrarwirtschaft und Landwirt aus Leidenschaft. Zudem ist er Präsident der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft (DLG). Wir haben mit ihm ein ausführliches Interview geführt.

Herr Paetow, wie schwer ist für die Hersteller in der Landtechnik im Augen-blick das Interesse für Innovationen zu wecken?

Das Interesse an einer Innovation, die zum Fortschritt auf den Betrieben führt, besteht bei Landwirten eigentlich immer. Das aktuelle Problem ist nicht das Interesse, sondern auf welcher Plattform und über welches Netzwerk die Betriebe an die Informationen über die Innovationen kommen. Das ist für die Hersteller eine Herausforderung, und ich hoffe, dass wir uns bald mit der Fortschrittscommunity in der Landtechnik wieder treffen können, um gemeinsam über die Innovationen zu diskutieren.

Neue Technik kostet Geld, viel Geld, das die Landwirte nur über Kredite finanzieren können. Ist die Bereitschaft, bei den niedrigen Erzeugerpreisen, dafür überhaupt vorhanden?

Die niedrigen Erzeugerpreise in einigen Branchen sind tatsächlich ein Problem. Auf der anderen Seite kommen die niedrigen Zinsen den investierenden Betrieben zugute, und auch die staatliche Förderung über das aktuelle Innovationsprogramm, kann helfen. Entscheidend für eine Investition ist aber neben den aktuell verfügbaren Mitteln auch die zu erwartende Effizienzsteigerung und die Sicherheit, dass man diese Innovation auch nutzen kann. Was hilft mir eine hochpräzise, ressourcenschonende Pflanzenschutztechnik, wenn morgen alle Pflanzenschutzmittel verboten werden. Planungssicherheit ist mindestens ebenso wichtig für Investitionen wie Erzeugerpreise.

Würden sich „Einkaufsgenossenschaften“ für teure Technik nicht lohnen?

Mit einem gemeinsamen Einkauf verbessere ich als einzelner Betrieb natürlich meine Position dem Handel. Noch effizienter ist aber die gemeinsame Nutzung von innovativer Technik. Selbst die teuerste Maschine kann rentabel genutzt werden, wenn die Auslastung stimmt.

Die Landwirtschaft muss klimafreundlicher und ökologischer werden, nicht Fläche wird gefördert, sondern „Grünes Denken“. Wie wandelt sich das Angebot in der Landtechnik hier?

Die Technik folgt den Systemen. Wenn die Landwirte aus Nachhaltigkeitsgründen vermehrt auf mechanische Unkrautkontrolle setzen – und dieser Trend auch für die Zukunft stabil verfolgt wird – dann wissen die Ingenieure, was sie entwickeln müssen. Dieser Trend zu nachhaltigen landtechnischen Innovationen nimmt sowohl auf den Betrieben als auch bei den Herstellern Fahrt auf.

Was für Angebote gibt es schon im CO2-freundlichen Bereich?

Die Energieeffizienz landtechnischer Verfahren zu verbessern steht schon lange im Fokus der Entwicklung. Das gilt sowohl für den unmittelbaren Verbrauch von Treibstoffen, wie wir ihn auch bei der DLG in der Prüfung von Traktoren be-werten, als auch beim effizienteren Einsatz treibhausgasrelevanter Betriebsmittel wie Stickstoffdünger. Häufig gibt es hier auch Win-win-Situationen zwischen Ökologie, Ökonomie und Klimaschutz.

Stichwort „Grüne Woche“ Hat diese Art von Publikums-Messe nach Corona noch eine Zukunft?

Sicher kann man viele Veranstaltungsformate hinterfragen, aber gerade eine Lebensmittelausstellung, bei der es um ein Fest für alle Sinne geht, kann man wohl kaum in den digitalen Raum verlegen. Eine Ausstellung lebt vom unmittelbaren Kontakt mit den Produkten und deren Herstellern. Hierbei kommen alle Sinne zum Einsatz, das Erlebnis eines Gespräches an einem Exponat kann man so nicht in einen Stream komprimieren, noch nicht einmal in 3D. Und auf einer politischen Netzwerkveranstaltung wie der Grünen Woche liegt der besondere Reiz im persönlichen, auch zufälligen Gespräch über das kritische Thema im nicht-öffentlichen Raum, abseits des Protokolls. Auch das ist digital nur sehr schwer abzubilden.

Deutschlands Verbraucher wollen mehr Regionalität und Nachhaltigkeit – was kann die Landmaschinentechnik dazu beitragen, was kann die DLG dazu beitragen?

Die Landtechnik hat den Trend zu mehr Nachhaltigkeit längst aufgenommen, was man auch schon auf den letzten Ausstellungen gesehen hat. Wir als DLG können diese Innovationen in ihrer Nachhaltigkeit bewerten, was wir z. B. bei unseren Landtechniktests tun. Außerdem haben wir ein Verfahren entwickelt, mit dem der einzelne Betrieb seine gesamten Nachhaltigkeitsindikatoren digital dokumentieren und bewerten kann – auch im Zeitablauf (www.dlg-nachhaltigkeit.info). Dabei gewinnt man wertvolle Informationen insbesondere über die Schwachstellen, die es zu verbessern gilt.

30. Apr 2025

|

Wirtschaft

Bidirektionales Laden spart Milliarden , Elektroautos können viel mehr, als „nur“ leise und ohne Abgase zu fahren

Mit bidirektionaler Ladetechnologie (BiDi) können sie Strom speichern und ins Netz zurückspeisen. Eine aktuelle Studie von Transport & Environment (T&E) zeigt, dass dies für Europas Energieversorger und Autofahrer Einsparungen in Milliardenhöhe ermöglichen könnte. Die Einsparungen resultieren aus einer effizienteren Nutzung der Erzeugungskapazitäten und einem geringeren Kraftstoffverbrauch. Um das Potenzial dieser Technologie zu nutzen, sind jedoch geeignete regulatorische Rahmenbedingungen notwendig. Laut der T&E-Studie könnte das Einsparpotenzial für Energieversorger und Verbraucher in der EU bis zu 22 Milliarden Euro jährlich betragen, was etwa acht Prozent der Kosten für das EU-Energiesystem entspricht. Von 2030 bis 2040 könnte die BiDi-Technik EU-weit mehr als 100 Milliarden Euro einsparen, allein in Deutschland bis zu 8,4 Milliarden Euro jährlich. Ein Grund für die hohen Einsparungen ist die Möglichkeit, mehr Strom aus erneuerbaren Quellen, insbesondere Solarstrom, in das Energiesystem zu integrieren. Die Nutzung der Fahrzeugakkus könnte den Bedarf an teureren stationären Speichern in der EU um bis zu 92 Prozent senken und die installierte PV-Leistung um bis zu 40 Prozent steigern. Die Halter von Elektrofahrzeugen profitieren direkt vom bidirektionalen Laden, da sie mit geringeren Stromkosten rechnen können. Zudem dürfte die Lebensdauer der Fahrzeugakkus durch optimiertes Laden steigen. In Frankreich haben The Mobility House und Renault beispielsweise das erste Vehicle-to-Grid (V2G)-Angebot eingeführt. Besitzer eines V2G-fähigen Renault 5 können mit einer speziellen Wallbox kostenfrei laden und ihren Fahrzeugakku ins Energiesystem einspeisen. Dieses Angebot soll bald auch in Deutschland und dem Vereinigten Königreich verfügbar sein. Im deutschen Markt gibt es jedoch noch Herausforderungen, wie den langsamen Roll-out von Smart Metern und die Notwendigkeit, einen passenden rechtlichen Rahmen zu schaffen. Der zweite Europäische Gipfel für bidirektionales Laden hat klare Handlungsempfehlungen ausgesprochen, die nun umgesetzt werden müssen. Dazu gehört die Abschaffung der Doppelbelastung von zwischengespeichertem Strom durch Netzentgelte und die Sicherstellung, dass „grüner“ Strom seine Förderansprüche auch bei Zwischenspeicherung im Akku behält. Die Messe „The smarter E Europe“ 2025 wird dem Thema eine eigene Sonderschau widmen, um Chancen und Herausforderungen für die Mobilitäts- und Energiebranche aufzuzeigen. Die Veranstaltung findet vom 7. bis 9. Mai 2025 in München statt und vereint vier Fachmessen: Intersolar Europe, ees Europe, Power2Drive Europe und EM-Power Europe. Die Sonderschau auf „The smarter E Europe“ wird dabei Produkte und Lösungen für das bidirektionale Laden präsentieren und Raum für Austausch und Networking bieten. ## Factbox The smarter E Europe vereint als Europas größte Messeallianz für die Energiewirtschaft vier Fachmessen (Intersolar Europe, ees Europe, Power2Drive Europe und EM-Power Europe) und findet vom 7. bis 9. Mai 2025 auf der Messe München statt. https://www.powertodrive.de/home