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5. Dez 2022

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Business

Wir brauchen Leader mit Wertschätzung, keine Mikromanager

Journalist: Katja Deutsch

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Foto: Presse

Annahita Esmailzadeh ist Führungskraft bei Microsoft, Bestsellerautorin und gehört zu den reichweitenstärksten und relevantesten Business-Influencern im DACH-Raum. Hier spricht sie über gute und schlechte Führung.

Frau Esmailzadeh, welche Kompetenzen benötigten Leader heute?

Auch wenn es zunächst banal klingen mag: Aus meiner Sicht ist die essenzielle Grundvoraussetzung jeder guten Führungskraft das aufrichtige Interesse an Menschen. Vorgesetzte können fachlich noch so kompetent sein – wenn ihnen die Empathie fehlt, sie nicht zuhören können oder wollen, und nicht in der Lage sind, individuell auf Menschen einzugehen, werden sie es auch nicht schaffen, ihr Team erfolgreich zu machen. Gute Führungskräfte sollten zudem in der Lage sein, konstruktiv, effektiv und klar zu kommunizieren. Diese wichtige Schlüsselkompetenz gewinnt vor allem in dem hybriden Setup, in dem viele von uns heutzutage arbeiten, immer mehr an Bedeutung. Zu guter Letzt legen Führungskräfte mit der Art und Weise wie sie Feedback geben auch den Grundstein für eine gute oder eben auch für eine schlechte Fehlerkultur. Wertschätzendes Feedback sowie ein konstruktiver Umgang mit Fehlern entscheiden darüber, ob Menschen sich überhaupt trauen, ihre Komfortzone zu verlassen. Lässt eine Führungskraft keine Fehler zu, erstickt sie in der Konsequenz damit auch das Innovationspotenzial ihres Teams im Keim.  

Warum sind Mikromanager der sicherste Weg zu unternehmerischem Misserfolg?

Ich sage immer „Moderne Führungskräfte sind Visionäre, keine Kontrolleure“. Wenn die Führungskraft nur unzureichende Freiräume und damit kaum Gestaltungsspielraum lässt, hat dies zur Konsequenz, dass Menschen das Gefühl erhalten, selbst ohnehin nichts bewegen zu können. Irgendwann resignieren sie und leisten nur noch Dienst nach Vorschrift, einige kündigen auch. Diejenigen Mitarbeitenden, die Mikromanagement zum Gehen bewegt, sind aber tragischerweise eben oft genau jene, die das Unternehmen mit eigenen Perspektiven und Lösungsansätzen proaktiv nach vorne bringen wollen. Wir dürfen nicht vergessen, dass dieser Führungsstil oft durch Angst verursacht wird. Mikromanager und Mikromanagerinnen wollen Fehler um jeden Preis vermeiden und tun sich daher unfassbar schwer damit, Kontrolle aus der Hand zu geben. Dadurch leidet die Qualität der Arbeitsleistung – vom geschädigten Verhältnis zwischen Mitarbeitenden und Führungskräften mal ganz zu schweigen. 

Welche schlechten Führungseigenschaften sind viele Mitarbeitende nicht mehr bereit zu ertragen?

Ausgedient haben neben den bereits genannten Punkten narzisstische Führungskräfte, die keine Verantwortung für ihr eigenes Handeln übernehmen, sich im Falle von Fehlern nicht vor ihr Team stellen, aber wiederum die Erfolge des Teams als ihre eigenen verkaufen.  

27. Jun 2025

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Wirtschaft

Nachhaltig, transparent und partnerschaftlich – Im Interview mit Barbara Frenkel, Vorstandsmitglied Porsche AG

**Warum bekommt die Beschaffung oft so wenig Aufmerksamkeit – obwohl so viel von ihr abhängt?** Weil Beschaffung meist im Hintergrund läuft – und erst dann in den Blickpunkt rückt, wenn etwas fehlt. Das kennt jeder aus dem Alltag: Fehlt beim Kochen eine Zutat oder beim Möbelaufbau eine Schraube, steht meist alles still. Im industriellen Maßstab kann das bedeuten: keine Teile, kein Auto. Unsere Lieferketten sind heute hochgradig komplex, global und auf Effizienz ausgelegt. Fällt ein einziges Teil aus, sei es durch eine Naturkatastrophe, einen Cyberangriff oder geopolitische Spannungen, kann dies die Produktion gefährden. Deshalb denken wir bei Porsche Beschaffung heute anders: vorausschauender, vernetzter und deutlich resilienter. **Welche Strategie verfolgen Sie, um Lieferketten auch in Krisenzeiten stabil und widerstandsfähig zu halten?** Entscheidend ist die Transparenz in der gesamten Lieferkette – also über unsere direkten Lieferanten hinaus. Uns interessiert: Wer sind die Partner dahinter? Wo haben sie ihre Standorte und welchen Risiken sind sie ausgesetzt? Dabei simulieren wir beispielsweise Wetterereignisse oder Cyberattacken. Wir bewerten globale Rohstoffverfügbarkeiten und identifizieren Single-Source-Situationen. Über allem steht die Frage: Wo könnte ein möglicher Ausfall besonders kritisch für uns sein? **Und welche konkreten Maßnahmen ergreifen Sie, um Risiken zu minimieren?** Hier braucht es ein ganzes Maßnahmenbündel. Als vergleichsweise kleiner Hersteller können wir nicht überall auf eine Zwei-Lieferanten-Strategie setzen. Stattdessen überlegen wir uns etwa, wo wir bei kritischen Materialien gezielt Lagerbestände in Werksnähe aufbauen. Oder wir beauftragen zusätzliche Werkzeugsätze, die bei Bedarf schnell aktiviert werden können. **Wie wählen Sie Lieferanten aus, welche Kriterien sind dabei besonders wichtig?** Die Auswahl unserer Lieferanten ist immer Teamwork. Beschaffung, Entwicklung und Produktion arbeiten eng zusammen. Häufig entwickeln wir die Lösungen gemeinsam mit unseren Lieferanten. Hierbei spielt die technische Bewertung in enger Abstimmung mit unserer Entwicklung eine wichtige Rolle. Die Produktion wiederum achtet sehr stark auf die Logistik. Jeder potenzielle Partner durchläuft ein umfassendes Auditverfahren. Dabei geht es um Qualitäts- und Machbarkeitsaudits. Aber auch um eine umfassende Risikoanalyse. Ein fester Bestandteil bei der Auswahl sind zudem Kriterien bei der Nachhaltigkeit. Also rechtliche, ethische und ökologische Standards. >Viele unserer Fahrzeuge sind stark individualisiert – das erfordert flexible, anpassungsfähige Partner. Viele Mittelständler aus Deutschland bieten genau diese Qualität. **Wie wichtig ist Ihnen die Einbindung mittelständischer Lieferanten in Ihrer Lieferkette?** Viele unserer Fahrzeuge sind stark individualisiert – das erfordert flexible, anpassungsfähige Partner. Viele Mittelständler aus Deutschland bieten genau diese Qualität. Vor allem, wenn sie sich in unmittelbarer Werksnähe befinden. Vorteile sind kurze Wege und schnelle Reaktionszeiten. Als in Deutschland verwurzeltes Unternehmen ist uns zudem daran gelegen, die heimische und europäische Lieferkette zu stärken. **Sie haben die Nachhaltigkeit bereits angesprochen. Nochmals konkret: Wie integrieren Sie diese Kriterien in den Beschaffungsprozess?** Wie gesagt, wir denken hier ganzheitlich und in drei Dimensionen: ökologisch, sozial und ethisch. Im ökologischen Bereich legen wir besonderen Wert auf den CO₂-Fußabdruck in der Lieferkette. Hier entscheiden der Energiemix, die verwendeten Rohstoffe und der Anteil an recyceltem Material. Auch der Wasserverbrauch wird immer wichtiger. Soziale und ethische Aspekte sind ebenfalls von Bedeutung. Wir erwarten, dass internationale Arbeitsstandards eingehalten und faire Löhne gezahlt werden. **Wie haben Sie Einkaufprozesse bzw. das Lieferantenmanagement erfolgreich verbessert?** Rund 80 Prozent der Wertschöpfung entsteht bei uns in der Lieferkette. Entsprechend hoch ist die Bedeutung eines effizienten und partnerschaftlich ausgerichteten Lieferantenmanagements. Deshalb setzen wir bewusst früh an: Bereits in der Entwicklungsphase binden wir Lieferanten eng in unsere Prozesse ein. Gemeinsam können wir Kosten optimieren, die Umsetzung garantieren und verlässliche Qualität reproduzieren. Über diesen engen Austausch entstehen belastbare Partnerschaften – von Anfang an. **Wie reagieren Sie auf regionale Marktanforderungen?** Angesichts fragmentierter Märkte gewinnt die regionale Verankerung an Bedeu-tung. In China arbeiten wir beispielsweise gezielt mit starken lokalen Partnern zusammen. Mit dem Ziel, marktgerechte Lösungen zu entwickeln – etwa beim Infotainment. Auch regulatorische Anforderungen erfordern spezifische Lösungen, das Aufspüren innovativer Technologien und innovativer Partner. Immer mehr handelt es sich dabei auch um Start-ups aus branchenfremden Bereichen, etwa beim autonomen Fahren, der Konnektivität oder Software. >Bereits in der Entwicklungsphase binden wir Lieferanten eng in unsere Prozesse ein. Gemeinsam können wir Kosten optimieren, die Umsetzung garantieren und verlässliche Qualität reproduzieren. ## Infos zur Person Barbara Frenkel: Als Kind wollte sie Astronautin werden. Heute leitet Barbara Frenkel das Vorstandsressort Beschaffung der Porsche AG. Frenkel war die erste Frau im Vorstand des Sportwagenherstellers. Sie blickt auf eine mehr als 20-jährige Managementkarriere bei Porsche zurück. Zuvor war sie bei verschiedenen Automobilzulieferern tätig. Barbara Frenkel (62) scheidet zum 19. August 2025 auf eigenen Wunsch aus dem Porsche-Vorstand aus und übergibt ihre Verantwortung an Joachim Schar-nagl (49), der ihre Nachfolge antritt. Privat genießt sie Ausfahrten mit ihrem Oldtimer, einem 911 G-Modell. Sie ist begeisterte Taucherin und unternimmt gerne Ausflüge mit ihrem Hund in die Natur.