Ein kaputtes Handy

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21. Mär 2024

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Wirtschaft

„Wir brauchen verbindliche Ziele“ – Interview mit Heike Vesper

Journalist: Thomas Soltau

Heike Vesper, Vorständin Transformation Politik & Wirtschaft beim WWF Deutschland, über die Fortschritte bei der Kreislaufwirtschaft.

Heike-Vesper_M5A2852-2_c-Kathrin-Tschirner-WWF.jpegHeike Vesper, Vorständin Transformation Politik & Wirtschaft beim WWF Deutschland

Sehen Sie Fortschritte in den Bemühungen der deutschen und europäischen Politik hinsichtlich Kreislaufwirtschaft, Ressourcenschutz und Verpackung? In der EU tut sich an vielen Stellen etwas: EU-Aktionsplan Kreislaufwirtschaft, Ökodesign-Verordnung für nachhaltige Produkte, EU-Gesetz zu kritischen Rohstoffen, Abfallrahmenrichtlinie, EU-Verpackungsverordnung. Oft stimmt die Richtung, aber es gibt Luft nach oben. So fehlen im Vorschlag zur Abfallrahmenrichtlinie verbindliche Sammelziele für Textilien. Bei der Verpackungsverordnung sollten alle Vorgaben materialübergreifend festgelegt werden – nicht nur bei Kunststoffen. Auch die Bundesregierung hat die Kreislaufwirtschaft im Blick. Der WWF hat sich mit anderen an der Erarbeitung der Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie beteiligt. Derzeit warten wir gespannt auf den Entwurf.

Welche Gesetzesänderungen erwarten Sie von der Politik, um den Übergang zur Kreislaufwirtschaft zu unterstützen? Die Kreislaufwirtschaftsstrategie ist ein wichtiger Schritt der Bundesregierung. Es braucht aber in Folge ein Ressourcenschutzgesetz, das verbindliche Ziele zur Senkung des Ressourcenverbrauchs enthält. Zudem hat das Umweltministerium einen Vorschlag für eine Novelle des Verpackungsgesetzes veröffentlicht. Ziel war die Förderung von Mehrweg bei Getränkeverpackungen und im Außer-Haus-Verzehr. Der Entwurf wurde jedoch bisher in der Koalition blockiert.

Gibt es politische Initiativen oder Programme, die besonders vielversprechend sind? Die Novellierung des Elektrogesetzes ist vielversprechend. Die Sammelmengen für Elektrogeräte sind zu gering. Es hapert bei der Wiederverwendung, und auch eine erweiterte Herstellerverantwortung wäre hier dringend notwendig. Wir begrüßen zudem, dass Thüringen und Sachsen einen Reparaturbonus eingeführt haben. Das trägt dazu bei, dass Produkte lange genutzt werden.

Welche Herausforderungen sehen Sie in der Umsetzung von Kreislaufwirtschaftsmaßnahmen in Deutschland und Europa? Es stehen die EU-Wahlen vor der Tür. Je nachdem, wie sich die Kräfteverhältnisse im Parlament entwickeln, kann dies Auswirkungen auf die Kreislaufwirtschaftsagenda haben. Hier sehen wir grundsätzlich die Gefahr, dass Aspekte des Green Deal nach der Wahl stark ausgebremst werden. Zudem bleibt die Geschwindigkeit der Umsetzung eine große Herausforderung. Uns läuft angesichts der Vielfachkrisen einfach die Zeit weg, wir müssen zirkuläre Lösungen in die Breite bringen.

Welche Rolle spielt die Bewusstseinsbildung in der Gesellschaft bei der Erreichung der Ziele? Unser Ziel als WWF ist es, dass alle ihre Rolle in der Kreislaufwirtschaft erkennen. Das verändert auch das Konsumverhalten. Mit Bildungsangeboten wie Online-Kursen oder Vorträgen, aber auch über soziale Medien versuchen wir, die Menschen zu erreichen. Mir ist aber wichtig zu betonen, dass die Wirtschaft so organisiert sein muss, dass Bewusstsein auch zu nachhaltigem Verhalten führen kann. Der Aufwand und die Kosten einer Reparatur müssen sich lohnen.

Haben Sie Beispiele für Verbesserungen, die als Ergebnis von Zusammenarbeit mit Unternehmen implementiert wurden? Mit unserer Beratung hat ein Hersteller von Kunststoffverpackungen die Rücknahme, Sortierung und Verwertung von gebrauchten Verpackungseimern auch für Non-Food-Verpackungen im gewerblichen Bereich etabliert. Dadurch konnte der Einsatz von Rezyklaten deutlich gesteigert und mehrere tausend Tonnen Neukunststoff eingespart werden.

4. Jul 2025

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Wirtschaft

Chancen für die Zukunft der Versorgung – mit Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus & Dr. Johannes Danckert

![Dr_Johannes_Danckert_Copyright_Kevin_Kuka_Vivantes_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Dr_Johannes_Danckert_Copyright_Kevin_Kuka_Vivantes_online_6e3b6d01f5.jpg) ``` Dr. Johannes Danckert, Vorsitzender der Geschäftsführung, Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH ``` **Dr. Johannes Danckert, Vorsitzender der Geschäftsführung, Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH** Digitalisierung kann die Patientenversorgung schneller, besser und sicherer machen. Immer öfter werden dabei auch die traditionellen Grenzen zwischen ambulanten und stationären Bereichen sowie einzelnen Versorgungseinrichtungen abgebaut. So kann die ‚Patient Journey‘, also der gesamte Behandlungsweg eines Patienten von Diagnose bis Nachsorge, zu einer vernetzten Gesundheitsregion verbunden werden. Trotz deutlicher digitaler Fortschritte haben deutsche Krankenhäuser allerdings weiterhin erheblichen Entwicklungsbedarf, bedingt vor allem durch kleinteilige Strukturen und unzureichende Finanzierung. Denn die Implementierung innovativer Lösungen setzt bereits einen hohen Digitalisierungsgrad voraus. Bei Vivantes wurden zentrale Prozesse wie die Patientenkurve, Medikation, Pflegeprozesssteuerung sowie Anforderungs- und Befundungsprozesse digitalisiert. Auch große Teile der Medizintechnik sind eingebunden. KI-gestützte Systeme helfen uns, Frakturen und Embolien schneller zu erkennen oder warnen vor Komplikationen wie Delir oder Nierenversagen. Künstliche Intelligenz unterstützt uns auch dabei, Patientendaten direkt aus dem Rettungswagen in das Klinik-Informationssystem (KIS) zu übertragen, sodass die Krankenakte bei Ankunft bereits angelegt ist. Eine von uns entwickelte, interoperable Datenplattform ermöglicht zudem den automatisierten Datenaustausch von inzwischen 15 Klinikträgern in der Region Berlin-Brandenburg. Damit entstehen telemedizinische Versorgungskonzepte weit über Berlin hinaus. ![prof.dr.dr.jurgendebus_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/prof_dr_dr_jurgendebus_online_d7f732ea04.jpg) ``` Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus, Vorstandsvorsitzender und Leitender Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Heidelberg ``` **Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus, Vorstandsvorsitzender und Leitender Ärztlicher Direktor Universitätsklinikum Heidelberg** Smarte Technologien und eine optimale Datennutzung verbessern den Klinikalltag und die Patientenversorgung. Das zukünftige Herzzentrum am Universitätsklinikum Heidelberg planen wir als Smart Hospital: Dort werden z. B. OPs gefilmt und das KI-System warnt automatisch bei Veränderungen des Patienten oder ungewöhnlichen Vorgängen. So werden Risiken früh erkannt und die Sicherheit erhöht. Dank verknüpfter Patientendaten und digitalem Terminmanagement läuft auch die Vorbereitung auf Eingriffe effizienter, da benötigte Ressourcen wie CT-Termine frühzeitig ersichtlich sind. Ein smartes Entlassmanagement stellt relevante Dokumente für den Patienten automatisch bereit und koordiniert Sozialdienst, Pflege und Medikamentenbedarf, sodass der Übergang in die weitere Versorgung optimal organisiert ist. In all diesen Algorithmen und Systemen steckt das gebündelte Wissen von Ärztinnen und Ärzten, Pflegepersonal und Forschenden. Die meisten KI-Anwendungen basieren auf maschinellen Lernmodellen, die mit Patientendaten trainiert werden, um Muster zu erkennen. Je größer der verfügbare Datensatz, desto exakter fallen Diagnosen und Prognosen aus – ein wichtiger Faktor angesichts des steigenden Versorgungsbedarfs bei gleichzeitig sinkender Zahl an Fachkräften. Smarte Technologien helfen, diese Lücke zu schließen und die Versorgung weiterhin auf hohem Niveau zu gewährleisten. Damit es nicht bei Insellösungen bleibt, treiben wir die übergreifende Datenintegration voran, ähnlich wie sie in der internationalen Forschung etabliert ist.