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16. Okt 2025

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Business

Wo übernimmt KI im HR? – mit Prof. Dr. Yasmin Weiß, Professorin mit Forschungsgebiet „Künstliche Intelligenz in der Arbeitswelt“ an der Technischen Hochschule Nürnberg

Journalist: Katja Deutsch

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Foto: Presse, Etienne Boulanger/unsplash

Prof. Dr. Yasmin Weiß ist Professorin mit Forschungsgebiet „Künstliche Intelligenz in der Arbeitswelt“ an der Technischen Hochschule Nürnberg. Die Expertin für die Arbeitsteilung zwischen Menschen und Maschine betont die Potenziale, aber auch die Limitationen beim Einsatz von KI in der Personalarbeit.

IMG_8625 Online.JPG Prof. Dr. Yasmin Weiß, Professorin mit Forschungsgebiet „Künstliche Intelligenz in der Arbeitswelt“ an der Technischen Hochschule Nürnberg

Frau Prof. Dr. Weiß, kann KI schon heute Unternehmen dabei helfen, den Fachkräftemangel zu bekämpfen? Unternehmen setzen natürlich auf KI, um dem Fachkräftemangel zu begegnen, was mit wachsender Leistungsfähigkeit von Technologie zunehmend möglich ist. Allerdings sehen wir gerade auch einen Trend, der zu Lasten der jungen Generation geht: nämlich, dass gerade Tätigkeiten auf Einstiegspositionen mit KI automatisiert und damit Stellen für junge Absolventen eingespart werden. Aufgaben beispielsweise, die man früher als junger Berufseinsteiger im Consulting übernommen hat, wie Recherche, Datenanalyse, Terminplanung oder die Erstellung, Übersetzen und graphisches Optimieren von Präsentationen, lassen sich heute mit KI-Tools oder agentischen KI-Systemen erledigen.

Das spart zwar Arbeitskräfte ein, entzieht aber zugleich der Nachwuchsförderung die Basis. Gefragt ist daher nicht nur das Ersetzen, sondern auch das Neudenken von Einstiegsjobs: Mit KI-basierter Skill-Augmentation und schnellen Einarbeitungsmöglichkeiten in komplexe Themengebiete können Berufseinsteiger von Anfang an auch diffizile Aufgaben übernehmen und so trotz geringer Berufserfahrung schon wichtige Wertbeiträge im Unternehmen leisten. Gleichzeitig eröffnen sich durch die Verbindung von KI und smarter Hardware neue Lösungen für vom Fachkräftemangel betroffene Branchen: Humanoide und Industrieroboter entlasten bspw. die Produktion, Heberoboter unterstützen in der Pflege.

Inwiefern verändert KI den Einsatz im HR-Bereich schon jetzt? KI entlastet die Personalarbeit vor allem bei administrativen Aufgaben, etwa durch HR-Chatbots, die Standardfragen wie etwa zu Elternzeit, Sabbaticals oder Jobrad-Anträgen beantworten. So gewinnen Personalabteilungen mehr Zeit für wertschöpfende Tätigkeiten wie individuelle Beratung und wertschätzende Gespräche, bei denen der Mensch unverzichtbar ist.

In der Personalauswahl ist KI in Europa durch strenge Datenschutzregelungen stark begrenzt: Sie unterstützt bislang höchstens in der Vorauswahl, die Endauswahl und finale Entscheidung treffen weiterhin Menschen.

Welche Verantwortung tragen HR-Manager, wenn KI Entscheidungen über Bewerbungen und über Beförderungen unterstützt? KI in der Personalauswahl soll nicht autonom entscheiden, sondern Menschen unterstützen. Beide Seiten bringen Bias mit: Menschen durch subjektive Voreingenommenheiten auf Basis der eigenen Biographie, KI durch voreingenommene Trainingsdaten. Ziel ist ein Zusammenspiel von Mensch und Maschine, das Entscheidungen auf eine objektivere, datengetriebene Basis stellt und ergänzt wird durch menschliche Sozialkompetenz und Sichtweisen. Voraussetzung sind möglichst Bias-freie Daten und geschulte HR-Mitarbeitende, die sich ihrer eigenen Vorurteile bewusst sind.

Könnte KI irgendwann völlig autonome Entscheidungen treffen? Die Rollenverteilung zwischen humaner und künstlicher Intelligenz ist wichtig: Wir Menschen bleiben die Kapitäne: Wir setzen Ziele, tragen Verantwortung und geben Leitplanken vor, KI agiert als Copilot.