16. Apr 2025
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Lifestyle
Journalist: Nadine Wagner
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Foto: RDNE Stock Project/pexels
Eintracht Frankfurt, 1. FC Köln, 1. FSV Mainz 05, TSV 1860 München – Sportvereine gehören zur deutschen Leitkultur wie Bratwurst zum Stadion. Über 90.000 Vereine gibt es hierzulande, viele von ihnen mit über einhundertjähriger Geschichte. Doch sie sind mehr als Orte zum Trainieren. Sie sind soziale Zentren, Identitätsanker, Ritualpfleger. Fast ein Drittel der Bevölkerung ist in irgendeiner Form in einem Verein aktiv – das ist kein Zufall, sondern gelebte Kultur. Diese funktioniert dabei nach einem bewährten Prinzip: ehrenamtliches Engagement, klare Strukturen, langfristige Bindung und ein starker regionaler Bezug. In vielen Regionen sind (Sport-)Vereine deshalb das Rückgrat sozialer Interaktion – generationsübergreifend und identitätsstiftend.
Dieses altbewährte Modell beeinflusst nun auch zunehmend die digitale Welt. Immer mehr E-Sport-Organisationen in der DACH-Region übernehmen typische Vereinsstrukturen: Sie gründen Fanclubs, veranstalten Public Viewings, organisieren Mitgliedertreffen und pflegen ein starkes Wir-Gefühl – analog wie digital. Tausende junge Fans identifizieren sich hierdurch zum ersten Mal mit Begriffen wie „Verein“ oder „Fankultur“. Auf ihre ganz eigene Weise. Wo früher das Trikot des Heimatvereins getragen wurde, hängen heute E-Sport-Fans Banner mit Teamlogos im Zimmer, streamen Spiele live mit Freundinnen und Freunden oder singen eigens geschriebene Vereinshymnen. Ein Beispiel dafür ist die Berliner Organisation Eintracht Spandau, die bewusst auf traditionelle Vereinsästhetik setzt – samt Präsidentenfigur, Hymne und Fankultur. Doch auch andere Teams, wie FC Schalke 04 Esports, nutzen die Vereinsidentität ihrer Mutterclubs, um E-Sport emotional aufzuladen und nahbarer zu machen. Das Besondere an beiden Vereinen? Ihre E-Sport-Teams treten weder im Fußball noch im Handball oder gar in Leichtathletik gegeneinander an, sondern im Spiel League of Legends (LoL) – einem Strategiespiel, das mit traditionellen Sportarten auf den ersten Blick wenig gemeinsam hat. Vielmehr geht es hier um Taktik, Teamplay und schnelle Reaktionen in einem digitalen Fantasy-Universum. Und doch gleichen sich die Strukturen: Es gibt feste Spielzeiten, Auf- und Abstiege, feste Teams und eine leidenschaftliche Fangemeinde. Auch wenn hier keine Bälle rollen, ist der sportliche Ehrgeiz und das Gemeinschaftsgefühl mindestens genauso real.
Wo früher das Trikot des Heimatvereins getragen wurde, hängen heute E-Sport-Fans Banner mit Teamlogos im Zimmer, streamen Spiele live mit Freundinnen und Freunden oder singen eigens geschriebene Vereinshymnen.
Bei der Prime League handelt es sich um die offizielle deutschsprachige Liga für League of Legends. Organisiert von Riot Games gemeinsam mit der Plattform Summoner’s Inn (betrieben von Freaks 4U Gaming), ist sie das Herzstück der DACH-Region (Deutschland, Österreich, Schweiz) und Teil des größeren ERL-Systems, der europäischen Regional-Ligen. Doch sie ist mehr als nur eine Turnierreihe: Die Prime League ist Bühne, Sprungbrett und Heimat zugleich. Hier messen sich Nachwuchstalente und etablierte Teams, hier entstehen Rivalitäten, Fan-Communities und unvergessliche Matches. Sie bietet echten Wettkampf – auf höchstem Niveau – und schlägt eine Brücke in die nächsthöhere Klasse: die EMEA Masters, wo Europas Beste aufeinandertreffen. Zwischen Unterhaltung und sportlichem Ehrgeiz ist die Prime League längst mehr als nur ein Ligaformat. Sie ist der Ort, an dem digitale Träume in Vereinsstruktur gegossen werden. Auch wenn hier keine Bälle rollen, ist der sportliche Ehrgeiz und das Gemeinschaftsgefühl mindestens genauso real.
Aufgrund des stetig wachsenden Interesses am E-Sport gibt es inzwischen erste Ansätze, E-Sport-Abteilungen in klassischen Sportvereinen zu integrieren – sei es im Jugendbereich oder in speziellen Gaming-Gruppen. Einige Bundesländer fördern bereits E-Sport als Vereinsangebot, um digitale Lebenswelten mit analoger Struktur zu verbinden. Dabei geht es nicht nur um Gaming, sondern auch um Medienkompetenz, Sozialverhalten und Chancengleichheit. Auch die professionelle Struktur des E-Sports in Deutschland orientiert sich zunehmend an klassischen Ligen und Verbänden. Während internationale E-Sport-Marken häufig auf kurzfristige Reichweite, Sponsoring und Influencer setzen, bietet das deutsche Vereinsmodell eine andere Vision: Beständigkeit, Identität, Gemeinschaft. In einer Branche, die oft von schnellem Kommen und Gehen geprägt ist, kann genau das zum langfristigen Erfolgsrezept werden.
E-Sport muss nicht immer nur Hochglanz-Show sein. Er kann auch soziale Heimat bieten. Und vielleicht ist es genau das, was ihn in Deutschland groß macht: Nicht das Spektakel – sondern das Gefühl, Teil von etwas zu sein.
Während internationale E-Sport-Marken häufig auf kurzfristige Reichweite, Sponsoring und Influencer setzen, bietet das deutsche Vereinsmodell eine andere Vision: Beständigkeit, Identität, Gemeinschaft.
Es braucht sieben Leute, um offiziell einen Verein zu gründen. Größter Organisationsbereich hierzulande ist zweifellos der Sport. Der älteste, noch bestehende Fußballverein ist der 1888 gegründete BFC Germania aus Berlin-Tempelhof.