Diesen Artikel teilen:

3. Nov 2020

|

Gesellschaft

Andreas Schubert: „Das Büro wird zur Kulturtankstelle.“

Journalist: Armin Fuhrer

Das Arbeitsklima in Unternehmen ist heute wichtiger denn je, sagt Andreas Schubert, Geschäftsführer von Great Place to Work Deutschland. 

Ist es heute schwieriger geworden, gute Arbeitskräfte zu finden?

Im Vergleich zu früher ist es auf jeden Fall eine größere Herausforderung geworden, qualifizierte und motivierte Mitarbeiter zu finden. Das melden uns alle Unternehmen und Studien.

Das heißt, die Arbeitgeber müssen sich mehr anstrengen, um gute Leute anzuwerben und dann auch zu halten?

Ja, wer talentierte Arbeitskräfte an-locken und dann vor allem auch halten möchte – das ist ein häufig unterschätztes und vernachlässigtes Problem – muss ihnen ein gutes Umfeld bieten und hier macht im Wesentlichen die Kultur den Unterschied. Dazu gehört vor allem, dass die Mitarbeiter sich genauso gefordert wie gefördert fühlen. Sie müssen motiviert werden und die Arbeit muss Spaß machen. Das sind heute ganz substantielle Aspekte. Das Unternehmen muss einem potenziellen Mitarbeiter oder einer Mitarbeiterin, den oder die es gerne gewinnen möchte, deutlich machen, warum er unbedingt bei ihm arbeiten sollte. Diese Frau oder dieser Mann muss das geradezu spürbar erleben. Dazu kann das Unternehmen zum Beispiel ein paar Schnuppertage anbieten, während der man einen Einblick in das Arbeiten, die Stimmung und die Kultur bekommt. Ein weiteres gutes Mittel können auch Ge-spräche mit den künftigen Kolleginnen und Kollegen sein. 

In der Summe gilt: Unternehmen müssen zukünftig eine authentische und glaubhafte Marke und starke Kultur sein. Sie müssen nach innen zu den Mitarbeitenden und außen an Bewerber das halten, was sie versprechen. Denn soziale Medien  und Bewertungsplattformen machen Unternehmen transparent. Falsche Markenversprechen werden gesehen und in Netzwerken geteilt.

Wie zeichnet sich eine gute Kultur aus?

Im Zentrum steht das erlebte Vertrauen und die Wertschätzung. Dann entfalten Menschen Motivation. Daneben ist ein starker Teamgeist wesentlich. Wenn Mit-arbeitende das Gefühl haben, dass sie in einem starken Team arbeiten und selbst dazu gehören, sinken Reibungsverluste und steigen Innovationen. Die Unternehmen dürfen daher die Kultur keineswegs dem Zufall überlassen. Zum Beispiel kann sie durch regelmäßige Befragungen und Feedbacks der Mitarbeitenden die Stimmungslage erkunden, darauf systematisch reagieren, also die Kultur aktiv gestalten. 

Welche Rolle spielt das Geld? 

Wenn die Kultur nicht stimmt, kann nur das Gehalt einen Mitarbeiter locken, zu einem Unternehmen zu kommen oder bei ihm zu bleiben. In diesem Fall spricht man dann gerne und zurecht von einem „Schmerzensgeld“. Das Gehalt darf aber natürlich auch bei einer guten Unternehmenskultur nicht unterschätzt werden. Letztlich muss das gesamte Portfolio betrachtet werden.

Haben heute junge Leute größere Ansprüche an ihren Arbeitgeber als früher?

Wir führen in Deutschland eine falsche Diskussion, was diesen Punkt betrifft. Junge Menschen sind heute genauso motiviert und leistungsbereit wie ältere. Der Unterschied ist ein anderer: Sie artikulieren viel deutlicher und selbstbewusster ihre eigenen Ansprüche an die Arbeitgeber und sie schauen kritisch, ob Unternehmen ihre Versprechen auch einhalten. Das Bashing der jungen Generation, das es heute nicht selten  gibt, ist fehl am Platz. Im Umkehrschlussbedeutet das übrigens auch, dass ältere Mitarbeitende noch genauso gefördert werden wollen, wie jüngere. Auch das wird allzuhäufig vergessen. Aber klar ist natürlich auch, dass das Leistungsprinzip wichtig bleibt. Nur derjenige, der Leistung erbringt, hat auch Erfolg.

Hat die Corona-Krise Auswirkungen?

Gute Unternehmen nutzen diese Krise als Chance, den Zusammenhalt weiter zu stärken. Wenn das Miteinander trotz des erzwungenen Social Distancing funktioniert, wirkt sich das positiv auf die Unternehmenskultur, Leistungsbereitschaft und den wirtschaftlichen Erfolg aus. Das sehen wir nicht zuletzt daran, dass GPTW-zertifizierte Unter-nehmen deutlich besser durch die Krise kommen als andere Unternehmen.  

Und was erwarten sie von der Zukunft?

Ich denke, das Unternehmen, Büro und Arbeitsstätte der Zukunft eine Art Kulturtankstelle sein werden. Wenn das Home-Office, wie ich glaube, in Zukunft weiterhin viel genutzt werden wird, ist das Büro, in dem man ja nicht mehr ständig ist, der Ort des Austausches von Informationen, des menschlichen Kontakts und des Netzwerkens und der Innovation. Wenn das nicht funktioniert, wird das Unternehmen darunter leiden, denn das Home-Office als solches ist ja austauschbar. Die persönliche Begegnung der Kolleginnen und Kollegen ist und bleibt sehr wichtig. Die Arbeit wird nicht ausschließlich digital ablaufen, sie wird „hybrid“ und Kultur wird sowohl im Digitalen als auch im Analogen erlebbar sein.

30. Apr 2025

|

Gesellschaft

Eine benutzerfreundliche Infrastruktur ist ein Muss für den Erfolg der Elektromobilität in Deutschland – mit Christian Heep, Vorstand im Bundesverband eMobilität (BEM)

![Christian Heep Vize-Präsident BEM Bundesverband eMobilität -Online.JPG](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Christian_Heep_Vize_Praesident_BEM_Bundesverband_e_Mobilitaet_Online_14b581b45a.JPG) ``` Christian Heep, Vorstand im Bundesverband eMobilität (BEM) ``` **Welche strategischen Bereiche stehen derzeit im Fokus des BEM?** Wir setzen auf die systemische Transformation des Mobilitätssektors. Dabei liegt unser Augenmerk auf dem flächendeckenden Ausbau der Ladeinfrastruktur, der Verknüpfung mit erneuerbaren Energien, klaren regulatorischen Rahmenbedingungen und der Stärkung der industriellen Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland. **Wie gestaltet sich der Ausbau der Ladeinfrastruktur?** Ein leistungsfähiges Ladenetz ist entscheidend für die Akzeptanz der Elektromobilität. Wir fördern eine interoperable und benutzerfreundliche Infrastruktur, die intelligente Netzintegration, bidirektionales Laden und Speicherlösungen umfasst. Bestehende Tankstellen sollen als multifunktionale Energiehubs umgerüstet werden. **In welcher Verbindung stehen E-Mobilität und erneuerbare Energien?** Elektromobilität ist nur dann nachhaltig, wenn der Strom aus Wind und Sonne kommt. Daher muss eine direkte Verbindung zwischen Ladeinfrastruktur und erneuerbaren Energien geschaffen werden – unterstützt durch intelligente Netzsteuerung, lokale Erzeugung und Speicherlösungen. Regulatorische Anreize sollen Betreibende und Nutzende dazu motivieren, verstärkt Grünstrom zu verwenden. >Die Verkehrswende ist ein zentraler Hebel, um CO₂-Emissionen zu senken und die Luftqualität zu verbessern. **Welche Rolle spielt die Verkehrswende im Klimaschutz?** Die Verkehrswende ist ein zentraler Hebel, um CO₂-Emissionen zu senken und die Luftqualität zu verbessern. Neben der Elektrifizierung des Straßenverkehrs setzen wir auf multimodale Verkehrskonzepte und die effiziente Nutzung vorhandener Infrastruktur. **Wie trägt E-Mobilität zur Stärkung der deutschen Wirtschaft bei?** Der Übergang zur Elektromobilität bietet Deutschland die Chance, sich von fossilen Technologien zu lösen und in Zukunftsbranchen zu investieren. Wichtige Bereiche sind hier die Forschung, Entwicklung und Produktion von Batterien, Ladeinfrastruktur und digitalen Mobilitätsdiensten – essenziell, um international wettbewerbsfähig zu bleiben. **Ist staatliche Förderung noch notwendig?** Ja, staatliche Förderungen bleiben essenziell, müssen aber zielgerichtet, degressiv und langfristig ausgerichtet sein. Sie sollen den Markthochlauf, den Infrastrukturausbau und die Forschung unterstützen – während gleichzeitig Subventionen für fossile Kraftstoffe reduziert werden müssen. >Statt Handelsbarrieren sollten wir unsere eigenen Stärken in der Elektromobilität ausbauen, um die Wertschöpfung in Europa zu erhöhen und langfristig eine nachhaltige Industriepolitik zu verfolgen. **Wie sollten staatliche Fördermaßnahmen gestaltet sein?** Es braucht eine Förderpolitik, die die Transformation gesamtheitlich betrachtet: Infrastruktur, Fahrzeugflotten, Speichertechnologien und Netzintegration. Gleichzeitig müssen regulatorische Hemmnisse abgebaut werden, etwa bei Netzentgelten oder Abgaben auf Eigenstromnutzung. Neben regulatorischen Rahmenbedingungen und politischer Lenkungswirkung sind sowohl monetäre als auch nicht-monetäre Förderungen notwendig. Jeder investierte Euro zahlt sich langfristig aus, indem er Innovationskraft, Arbeitsplätze, Wertschöpfung und Klimaschutz sichert. **Wie bewertet der BEM die erhöhten Zölle auf chinesische Elektroautos?** Protektionismus ist kein zielführender Ansatz. Statt Handelsbarrieren sollten wir unsere eigenen Stärken in der Elektromobilität ausbauen, um die Wertschöpfung in Europa zu erhöhen und langfristig eine nachhaltige Industriepolitik zu verfolgen. ## Factbox: **Christian Heep ist Vorstand beim BEM** und leitet Marketing, Medien, PR, Kommunikation, Politik, Messen und Events. Seine Leidenschaft für erneuerbare Energien und Elektromobilität inspiriert ihn zu innovativen Projekten für eine nachhaltige Mobilität.