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4. Jul 2025

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Gesellschaft

KI und Cloudanwendungen werden die medizinische Ausbildung spürbar verbessern – mit Martin Peuker

Journalist: Katja Deutsch

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Foto: Presse

An der Medizinischen Universität Lausitz – Carl Thiem werden in Kürze die ersten Studierenden der Humanmedizin ihr Studium aufnehmen. Sie erwartet eine grundlegende Transformation der medizinischen Ausbildung, bei der Künstliche Intelligenz von Anfang an integriert wird. Martin Peuker, Vorstand für Digitalisierung an der Universität, verantwortet den Aufbau der gesamten digitalen Infrastruktur der Hochschule. Er vergleicht den aktuellen Aufstieg der Künstlichen Intelligenz mit dem der Industrialisierung.

Herr Peuker, die Medizin befindet sich gerade im digitalen Umbruch. Welche Rolle spielen KI und Cloud-Technologien heute schon in der Ausbildung bei angehenden Ärztinnen und Ärzten? Künstliche Intelligenz und Cloud-Technologien haben bereits einen festen Platz in der medizinischen Ausbildung. Insgesamt ist das aber noch sehr unstrukturiert. Viele nutzen entsprechende Tools im Alltag, in der Lehre fehlt jedoch häufig die gezielte Integration. In der Radiologie beispielsweise könnten KI-gestützte Bildanalysen individuelle Lernpfade ermöglichen. Solche Systeme entstehen gerade, mit Potenzial für Bürokratieabbau, Start-up-Einbindung und das tastaturlose Krankenhaus. Das spart Kosten und steigert Effizienz in der Lehre.

Wie erleben Sie den Wandel konkret in der medizinischen Ausbildung, wo Sie gerade sind, an der entstehenden Uni Lausitz? Die medizinische Universität Lausitz befindet sich derzeit im Aufbau. Offiziell werden wir ab Oktober 2026 die ersten 34 Medizinstudierenden immatrikulieren, Ziel sind 1.200 Studierende. In Vorbereitung darauf entwickeln wir ein innovatives Curriculum für den Modellstudiengang Humanmedizin, in dem Künstliche Intelligenz und Digitalisierung eine zentrale Rolle spielen werden. Als größte Medizinschule Brandenburgs bilden wir künftig auch Gesundheitsfachberufe aus. Digitale Lösungen wie VR-Simulationen gewinnen dabei an Bedeutung. Zudem stärken wir das „Wir-Gefühl“ durch eine Alumni-Organisation und vernetzen Studierende über eine gemeinsame Cloud. Mixed-Reality ermöglicht virtuelle Simulationen klinischer und pflegerischer Szenarien, in denen Tätigkeiten und Entscheidungen mit Avataren geübt werden können.

Wie wird die Cloud-Technologie genutzt, um medizinisches Wissen oder Patientensimulationen zugänglicher zu machen? Wir haben noch sehr viel „alte Welt“, die sich noch nicht richtig „cloudifizieren“ lässt. Oft werden bisher eher Infrastrukturen in einem Cloud-Rechenzentrum genutzt. Wir arbeiten jedoch gerade zusammen mit einem Partner hier in der Modellregion Lausitz am Aufbau einer wirklich nativen, sicheren Cloud-Infrastruktur. Anfang 2026 soll die Plattform für die Medizinische Universität Lausitz einsatzbereit sein – und sie gerne anderen Partnern öffnen. Die Lausitz bietet ideale Bedingungen, um neue Versorgungsmodelle zu erproben, zum Beispiel digitale Visiten und KI-gestützte Services. Mit Partnern und Forschungseinrichtungen testen wir Hospital-at-Home-Konzepte im Reallabor.

Die Lausitz bietet ideale Bedingungen, um neue Versorgungsmodelle zu erproben, zum Beispiel digitale Visiten und KI-gestützte Services. Mit Partnern und Forschungseinrichtungen testen wir Hospital-at-Home-Konzepte im Reallabor.

Was sind dabei die größten Herausforderungen? Die Herausforderungen sind groß: Technisch fehlen oft Standards, regulatorisch bestehen Spannungsfelder bei Datenschutz und Verantwortung. Ethisch gilt es, Tierversuche zu vermeiden, Daten besser zu nutzen und prozessgesteuerte Biomaterialbanken für innovative Forschung aufzubauen, die nicht nur sammeln, sondern neuartige Forschungsvorhaben aktiv unterstützen.

Bieten Cloud und KI für die medizinische Lehre im Vergleich zur bisherigen klassischen Ausbildung tatsächlich Vorteile Ja, definitiv! Die Kombination aus KI und Cloud-basierten Lernumgebungen bietet großes Potenzial für die medizinische Ausbildung. Sie ermöglicht personalisiertes, jederzeit verfügbares Lernen mit unmittelbarem Feedback. Im Gegensatz zum klassischen, oft linearen Ausbildungssystem passen sich KI-gestützte Plattformen dem Tempo und dem Kompetenzniveau der Lernenden an. Zudem können seltene oder risikobehaftete Szenarien realitätsnah simuliert werden, ohne Patientinnen und Patienten zu gefährden. Das ist ein klarer Vorteil gegenüber traditionellen Ausbildungsformaten.

Wie stellen Sie sich die Medizinerausbildung im Jahr 2030 vor? Wie viel wird davon digital sein und wie viel wird analog bleiben? Bis 2030 wird medizinische und pflegerische Ausbildung hybrid sein: Diagnostik, Therapieplanung und Kommunikation werden digital und KI-gestützt trainiert, ergänzt durch analoge Lernräume für Empathie, Teamarbeit und ethisches Handeln. Wenn wir entschlossen in Infrastruktur, Didaktik und Interoperabilität investieren, könnte Deutschland hier Vorreiter werden. Wichtig finde ich auch, Bürgerinnen und Bürger mit gezielten Bildungsangeboten mitzunehmen, um digitale Gesundheitskompetenz breit zu fördern. „Digital Literacy“ ist entscheidend, um eine mündige Teilhabe zu ermöglichen.

2. Okt 2025

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Gesellschaft

Lebensmittel sind weit mehr als bloße Konsumgüter – Ein Beitrag von René Püchner, Präsident Lebensmittelverband Deutschland

Sie sind Kultur, Identität, Genuss und Spiegel gesellschaftlicher Vielfalt. Sie vereinen jahrhundertealtes Handwerk mit modernster Technik, globale Lieferketten mit regionalem Bewusstsein, individuelle Lebensstile mit kollektiver Verantwortung. Wer über Lebensmittel spricht, spricht über auch über die Art und Weise, wie wir leben, genießen und gestalten wollen. Unsere aktuellen Umfragedaten zeigen eindrücklich: Eine überwältigende Mehrheit der Bevölkerung hält Lebensmittelvielfalt für wichtig. Zwischen dem 15. und 18. Juli 2025 befragte das Meinungsforschungsinstitut forsa im Auftrag unseres Verbandes 1.037 Menschen bundesweit. Das Ergebnis: 76 Prozent beurteilen Vielfalt als „wichtig“ oder „sehr wichtig“. Besonders deutlich ist die Haltung bei Jüngeren: 94 Prozent der 18- bis 29-Jährigen betonen, wie essenziell Vielfalt für sie ist. Für 81 Prozent ist sie Ausdruck kultureller Vielfalt, für 78 Prozent integraler Bestandteil moderner Ernährung. Und 77 Prozent probieren gern Gerichte aus anderen Kulturen – ein Ausdruck von Neugier und kulinarischer Offenheit. Diese Zahlen belegen eindrucksvoll: Vielfalt ist kein Luxus, sondern eine Erwartung. Ein Grundbedürfnis in einer dynamischen, global vernetzten Gesellschaft. Die Lebensmittelwirtschaft trägt Verantwortung, diese Erwartungen nicht nur zu erfüllen, sondern aktiv zu gestalten – durch Transparenz, Qualität und Innovation. >Der Wunsch nach gezielter Ernährung – sei es vegetarisch, proteinreich, bio oder funktional – wächst. Digitalisierung und Künstliche Intelligenz eröffnen neue Möglichkeiten, beispielweise mit Blick auf Lieferketten, Rückverfolgbarkeit und der Vermeidung von Lebensmittelverlusten. Mit Blick auf soziale Teilhabe und Integration richtet sich unser Blick auch auf strukturelle Vielfalt. So hat der Lebensmittelverband gemeinsam mit der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie das „What the Food“-Forum: Diversity in the Food Industry initiiert, das am 18. September 2025 in Berlin stattfand. Unter anderem unter dem Motto „Migration als Erfolgsfaktor in der Lebensmittelbranche“ beleuchteten wir Beiträge von Menschen mit Migrationsgeschichte, diskutierten Chancengleichheit und kulturelle Sensibilität und zeigten, wie Vielfalt gelebt wird und Mehrwert schafft. Die Herausforderungen, vor denen wir in der Lebensmittelwirtschaft stehen, sind durchaus komplex: Klimawandel und Ressourcenschutz erfordern neue Wege in Produktion, Logistik und Verpackung. Der Wunsch nach gezielter Ernährung – sei es vegetarisch, proteinreich, bio oder funktional – wächst. Digitalisierung und Künstliche Intelligenz eröffnen neue Möglichkeiten, beispielweise mit Blick auf Lieferketten, Rückverfolgbarkeit und der Vermeidung von Lebensmittelverlusten. Verbraucherinnen und Verbraucher erwarten Transparenz, verlässliche Qualität, klare Informationen. Zugleich wünschen sie Vielfalt, Inspiration und genussvolle Erfahrungen. Diesen hohen Anspruch erfüllen wir. Wir setzen in Produktion, Entwicklung und Kommunikation auf qualitativ hochwertige Zutaten, klimafreundliche Verfahren, ressourcenschonende Verpackungen und kultursensible Ansätze. Als Lebensmittelverband Deutschland verstehen wir uns als Brücke: Zwischen Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Wir bieten Orientierung durch fundiertes Wissen, begleiten Trends faktenbasiert und fördern den Dialog über die Ernährung von morgen.

1. Okt 2025

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Gesellschaft

3 interessante Bauprojekte: Urban-Gardening-Flächen, nachhaltige Quartiere und grüne Stadtentwicklung

**Urban-Gardening-Flächen, Miyawaki-Wälder und grüne Innenhöfe – was für ein Campus!** Auf einem ehemaligen Industriegelände in Heilbronn entsteht der Bildungscampus Heilbronn West. Schon jetzt hat er von der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) das Platin-Vorzertifikat für biodiversitätsfördernde Außenräume erhalten. Uni kann so schön sein. Das große Los haben diejenigen Studierenden gezogen, die beides haben: ein großartiges Lehrangebot und gleichzeitig großartige Gebäude. Der Bildungscampus Heilbronn am Neckarufer, der im Jahr 2030 fertiggestellt werden soll, ist solch ein Ort. Der Entwurf von pesch partner architekten stadtplaner GmbH und TOPOTEK 1 Landschaftsarchitekten versteht das neue Areal als „Wissensquartier als Stadt“. Er umfasst Forschungs- und Lehrgebäude, studentisches Wohnen, sowie Sport- und Freizeitangebote. Schon heute studieren dort über 8.000 Menschen in 16 Einrichtungen, die ein breites Spektrum für alle Phasen des lebenslangen Lernens abdecken. Nachhaltigkeit wird beim Campus Heilbronn großgeschrieben: Fassaden sollen zu einem Drittel begrünt werden, um Hitzeinseln zu vermeiden und die Aufenthaltsqualität zu steigern. Geplante Urban-Gardening-Flächen, Miyawaki-Wälder und grüne Innenhöfe versprechen Erholung und Entspannung für Geist und Seele. Der von der Dieter Schwarz Stiftung finanzierte Campus wird konsequent Biodiversität fördern: 40 Prozent des Außenraums und der Gebäudehüllen werden naturnah gestaltet, 70 bis 80 Prozent der Dächer begrünt. Retentionsgründächer verbessern den Wasserkreislauf, während Biodiversitätsbausteine wie Totholz, Kleingewässer oder Sandflächen wertvolle Lebensräume für Insekten schaffen. Trocken- und Feuchtbiotope bieten Amphibien geeignete Rückzugsräume, Baumgruppen und Hecken dienen Vögeln als Nistplätze. Uni kann eben nicht nur schön sein, sondern auch nachhaltig. ![230713_Dietenbach_Kaeserbachpark_(c)LINK3D, Stadt Freiburg Online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/230713_Dietenbach_Kaeserbachpark_c_LINK_3_D_Stadt_Freiburg_Online_b6fa12c49d.jpg) **Leben in Freiburg – bald im ambitioniertesten Nachhaltigkeitsprojekt im deutschen Wohnungsbau** Im neuen Stadtteil Dietenbach entstehen insgesamt 6.900 Wohnungen, die Hälfte davon geförderte Mietwohnungen. Der Stadtteil in Freiburg entwickelt sich so zu einem lebendigen Zuhause für rund 16.000 Menschen. Grün, cool, freundlich! Und dann noch Uni, Schwarzwald, die Schweiz und Frankreich in greifbarer Nähe! Kein Wunder, dass Freiburg seit Jahren eine der beliebtesten Städte Deutschlands ist und alle hierherziehen möchten. Die Kehrseite der Medaille: Wohnungsknappheit. Bereits in den 1990er- und 2000er-Jahren initiierte das Amt für Stadtplanung und Wohnungswesen der Stadt Freiburg deshalb einen neuen Stadtteil: Dietenbach. Auf einer bisher rein landwirtschaftlich genutzten Fläche soll ein nachhaltiger, klimaschonender Stadtteil mit bezahlbarem Wohnraum und hoher Lebensqualität entstehen. Dietenbach gilt heute als eines der größten und ambitioniertesten Nachhaltigkeitsprojekte im deutschen Wohnungsbau. Von Beginn an wurde er unter ökologischen, sozialen und städtebaulichen Gesichtspunkten geplant. Gebäude sollen besonders energieeffizient errichtet werden, Photovoltaik auf Dächern und Fassaden, erneuerbare Nahwärme, Abwärmenutzung, Fernwärme sowie grüner Wasserstoff sichern eine nahezu emissionsfreie Versorgung. Verkehrsberuhigte Quartiere, Grünflächen und Parks steigern zusätzlich die Aufenthaltsqualität und tragen zum Klima- und Hochwasserschutz bei. Rund die Hälfte der Wohnungen soll als geförderter Mietwohnraum geschaffen werden. Schulen, Kitas, Sportflächen und Einkaufsmöglichkeiten sollen im Quartier integriert und fußläufig erreichbar sein. Auch die Grundstücksvergabe folgt einem besonderen Prinzip: Nicht das Höchstgebot entscheidet, sondern die Qualität der Konzepte, die nach sozialen, ökologischen und städtebaulichen Kriterien bewertet werden. Leben in Freiburg – so cool! ![marek-lumi-uCf0s-uDR1s-unsplash Online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/marek_lumi_u_Cf0s_u_DR_1s_unsplash_Online_3d059511cd.jpg) **Eyecatcher in der HafenCity** Die HafenCity Hamburg, eines der größten innerstädtischen Stadtentwicklungsprojekte Europas, verfolgt seit ihren Anfängen eine klare Nachhaltigkeitsstrategie. Die spektakulären, nachhaltigen Gebäude werden zu Besuchermagneten. Die HafenCity nutzt alte Hafenflächen und setzt verbindliche ökologische Standards um. Bereits 2007 wurde dafür das Umweltzeichen HafenCity geschaffen, das seit 2010 Voraussetzung für die Grundstücksvergabe ist, Neubauten müssen seit 2017 Platin erreichen. 2023 wurde das System in Kooperation mit der DGNB weitergeführt. Zu den Pionierbauten zählen der ehemalige Hauptsitz von Unilever mit seiner lichtdurchlässigen ETFE-Fassade und energieeffizienten Klimatechnik sowie die Elbarkaden mit einer der größten Solaranlagen Hamburgs. Großprojekte wie das Westfield Überseequartier mit seinen mehrfachen DGNB-Platin-Zertifizierungen zeigen, dass Nachhaltigkeit auch im Mixed-Use-Quartier umsetzbar ist. Die (begonnenen und künftigen) Bauvorhaben sollen rückbaubar, ressourcenschonend und schadstoffarm geplant werden. Holzbau spielt dabei eine zentrale Rolle, da er CO₂ speichert und durch Vorfertigung Bauzeiten verkürzt. Herausragende Beispiele sind das bereits realisierte „Roots-Projekt“ („Wildspitze“) sowie das sich im Bau befindliche „Moringa-Haus“, das als erstes Wohnhochhaus nach dem Cradle-to-Cradle-Prinzip realisiert wird. Geplant sind zudem die MSC-Deutschlandzentrale am Lohsepark mit Recyclingmaterialien und Solarenergie, das we-house Baakenhafen in Holzbauweise mit Dachgewächshaus und das Bürohochhaus New Green Home im Elbbrücken-Quartier mit begrüntem Innenhof und DGNB-Platin-Standard. Damit zeigt die HafenCity eindrucksvoll, wie konsequent Nachhaltigkeitsziele, Kreislaufwirtschaft als Eyecatcher in die Stadtentwicklung integriert werden können.