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11. Dez 2023

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Business

Auf Diversität achten

Journalist: Armin Fuhrer

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Foto: Presse

Interview mit der Business Influencerin Annahita Esmailzade

Frau Esmailzadeh, worauf sollte man als Gründerin oder Gründer bei der Teambildung achten?

Aus meiner Sicht sind verschiedene Aspekte relevant. Grundlegend ist es ein gemeinsames Verständnis der Vision. Wesentlich ist auch, dass Aufgaben- und Kompetenzbereiche allen Teammitgliedern transparent sind. Außerdem sollte das Team aus verschiedenen Persönlichkeitstypen mit verschiedenen Kompetenzen bestehen – und die Reibung, die durch diese Vielfalt entstehen kann, sollte auch zugelassen werden.

 

Studien ergeben, dass Führungskräfte bevorzugt Menschen einstellen, die ihnen ähneln. Wie kann man diesen Mechanismus durchbrechen?

Hierbei handelt es sich um das sogenannte Affinitätsprinzip – getreu dem Motto »Gleich und gleich gesellt sich gern« neigen Menschen dazu, sich bevorzugt mit Personen zu umgeben, die beispielsweise eine vergleichbare akademische Ausbildung, eine ähnliche ethnische oder soziale Herkunft oder auch die gleiche sexuelle Orientierung haben. Dieser Effekt kann auch auf subtile Weise entstehen, zum Beispiel, wenn Personen uns in ihrer Körpersprache oder Ausdrucksweise gleichen. Um das zu durchbrechen, sind zum Beispiel strukturierte Interviewprozesse sinnvoll, in denen alle Bewerberinnen und Bewerber dieselben Fragen erhalten. Auf diese Weise wird die Objektivität der Fragestellung gefördert.

 

Wie kann man verhindern, von seinen Vorurteilen geleitet zu werden?

Wir müssen als erstes akzeptieren, dass wir sie überhaupt haben. Nur wenn wir uns dessen bewusst sind, sind wir in der Lage, unsere eigenen Schubladen stetig offen zu halten, zu reflektieren und regelmäßig auszumisten.

Ich empfehle den Impliziten Assozationstest der Harvard University, um ein besseres Verständnis über unbewusste Vorlieben und Überzeugungen zu erhalten.

Außerdem plädiere ich immer für Konfrontation mit den eigenen Vorurteilen.

 

Welche Bedeutung hat für Sie Diversität im Unternehmen?

Eine sehr wichtige. Eine McKinsey-Studie aus dem Jahr 2020 belegt, dass Unternehmen mit hoher Gender-Diversität um 25 Prozent profitabler sind. Sobald zusätzlich eine hohe ethnische Diversität gegeben ist, steigt der Wert sogar auf 36 Prozent. Mit einer diversen Belegschaft geht auch eine größere Perspektivenvielfalt einher, wodurch neue Zielgruppen und Märkte erschlossen werden können. Ferner verlieren Unternehmen, die Andersdenkende und von der im Unternehmen vorherrschenden Norm abweichende Menschen benachteiligen oder gar nicht erst einstellen, vor allem Talente, die ihre Produkte, Dienstleistungen und gerade auch ihre Kultur auf eine positive Weise transformieren könnten.

 

Ist das Thema gerade in der Gründungsphase eines Unternehmens besonders wichtig? 

Definitiv. Wenn ähnliche Menschen zusammenarbeiten, ähneln sich auch die Sicht- und Arbeitsweisen. Damit ist die Wahrscheinlichkeit höher, relevante Trends, Entwicklungen und Chancen oder auch bestehende Defizite und Schwächen zu übersehen.

27. Jun 2025

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Wirtschaft

Nachhaltig, transparent und partnerschaftlich – Im Interview mit Barbara Frenkel, Vorstandsmitglied Porsche AG

**Warum bekommt die Beschaffung oft so wenig Aufmerksamkeit – obwohl so viel von ihr abhängt?** Weil Beschaffung meist im Hintergrund läuft – und erst dann in den Blickpunkt rückt, wenn etwas fehlt. Das kennt jeder aus dem Alltag: Fehlt beim Kochen eine Zutat oder beim Möbelaufbau eine Schraube, steht meist alles still. Im industriellen Maßstab kann das bedeuten: keine Teile, kein Auto. Unsere Lieferketten sind heute hochgradig komplex, global und auf Effizienz ausgelegt. Fällt ein einziges Teil aus, sei es durch eine Naturkatastrophe, einen Cyberangriff oder geopolitische Spannungen, kann dies die Produktion gefährden. Deshalb denken wir bei Porsche Beschaffung heute anders: vorausschauender, vernetzter und deutlich resilienter. **Welche Strategie verfolgen Sie, um Lieferketten auch in Krisenzeiten stabil und widerstandsfähig zu halten?** Entscheidend ist die Transparenz in der gesamten Lieferkette – also über unsere direkten Lieferanten hinaus. Uns interessiert: Wer sind die Partner dahinter? Wo haben sie ihre Standorte und welchen Risiken sind sie ausgesetzt? Dabei simulieren wir beispielsweise Wetterereignisse oder Cyberattacken. Wir bewerten globale Rohstoffverfügbarkeiten und identifizieren Single-Source-Situationen. Über allem steht die Frage: Wo könnte ein möglicher Ausfall besonders kritisch für uns sein? **Und welche konkreten Maßnahmen ergreifen Sie, um Risiken zu minimieren?** Hier braucht es ein ganzes Maßnahmenbündel. Als vergleichsweise kleiner Hersteller können wir nicht überall auf eine Zwei-Lieferanten-Strategie setzen. Stattdessen überlegen wir uns etwa, wo wir bei kritischen Materialien gezielt Lagerbestände in Werksnähe aufbauen. Oder wir beauftragen zusätzliche Werkzeugsätze, die bei Bedarf schnell aktiviert werden können. **Wie wählen Sie Lieferanten aus, welche Kriterien sind dabei besonders wichtig?** Die Auswahl unserer Lieferanten ist immer Teamwork. Beschaffung, Entwicklung und Produktion arbeiten eng zusammen. Häufig entwickeln wir die Lösungen gemeinsam mit unseren Lieferanten. Hierbei spielt die technische Bewertung in enger Abstimmung mit unserer Entwicklung eine wichtige Rolle. Die Produktion wiederum achtet sehr stark auf die Logistik. Jeder potenzielle Partner durchläuft ein umfassendes Auditverfahren. Dabei geht es um Qualitäts- und Machbarkeitsaudits. Aber auch um eine umfassende Risikoanalyse. Ein fester Bestandteil bei der Auswahl sind zudem Kriterien bei der Nachhaltigkeit. Also rechtliche, ethische und ökologische Standards. >Viele unserer Fahrzeuge sind stark individualisiert – das erfordert flexible, anpassungsfähige Partner. Viele Mittelständler aus Deutschland bieten genau diese Qualität. **Wie wichtig ist Ihnen die Einbindung mittelständischer Lieferanten in Ihrer Lieferkette?** Viele unserer Fahrzeuge sind stark individualisiert – das erfordert flexible, anpassungsfähige Partner. Viele Mittelständler aus Deutschland bieten genau diese Qualität. Vor allem, wenn sie sich in unmittelbarer Werksnähe befinden. Vorteile sind kurze Wege und schnelle Reaktionszeiten. Als in Deutschland verwurzeltes Unternehmen ist uns zudem daran gelegen, die heimische und europäische Lieferkette zu stärken. **Sie haben die Nachhaltigkeit bereits angesprochen. Nochmals konkret: Wie integrieren Sie diese Kriterien in den Beschaffungsprozess?** Wie gesagt, wir denken hier ganzheitlich und in drei Dimensionen: ökologisch, sozial und ethisch. Im ökologischen Bereich legen wir besonderen Wert auf den CO₂-Fußabdruck in der Lieferkette. Hier entscheiden der Energiemix, die verwendeten Rohstoffe und der Anteil an recyceltem Material. Auch der Wasserverbrauch wird immer wichtiger. Soziale und ethische Aspekte sind ebenfalls von Bedeutung. Wir erwarten, dass internationale Arbeitsstandards eingehalten und faire Löhne gezahlt werden. **Wie haben Sie Einkaufprozesse bzw. das Lieferantenmanagement erfolgreich verbessert?** Rund 80 Prozent der Wertschöpfung entsteht bei uns in der Lieferkette. Entsprechend hoch ist die Bedeutung eines effizienten und partnerschaftlich ausgerichteten Lieferantenmanagements. Deshalb setzen wir bewusst früh an: Bereits in der Entwicklungsphase binden wir Lieferanten eng in unsere Prozesse ein. Gemeinsam können wir Kosten optimieren, die Umsetzung garantieren und verlässliche Qualität reproduzieren. Über diesen engen Austausch entstehen belastbare Partnerschaften – von Anfang an. **Wie reagieren Sie auf regionale Marktanforderungen?** Angesichts fragmentierter Märkte gewinnt die regionale Verankerung an Bedeu-tung. In China arbeiten wir beispielsweise gezielt mit starken lokalen Partnern zusammen. Mit dem Ziel, marktgerechte Lösungen zu entwickeln – etwa beim Infotainment. Auch regulatorische Anforderungen erfordern spezifische Lösungen, das Aufspüren innovativer Technologien und innovativer Partner. Immer mehr handelt es sich dabei auch um Start-ups aus branchenfremden Bereichen, etwa beim autonomen Fahren, der Konnektivität oder Software. >Bereits in der Entwicklungsphase binden wir Lieferanten eng in unsere Prozesse ein. Gemeinsam können wir Kosten optimieren, die Umsetzung garantieren und verlässliche Qualität reproduzieren. ## Infos zur Person Barbara Frenkel: Als Kind wollte sie Astronautin werden. Heute leitet Barbara Frenkel das Vorstandsressort Beschaffung der Porsche AG. Frenkel war die erste Frau im Vorstand des Sportwagenherstellers. Sie blickt auf eine mehr als 20-jährige Managementkarriere bei Porsche zurück. Zuvor war sie bei verschiedenen Automobilzulieferern tätig. Barbara Frenkel (62) scheidet zum 19. August 2025 auf eigenen Wunsch aus dem Porsche-Vorstand aus und übergibt ihre Verantwortung an Joachim Schar-nagl (49), der ihre Nachfolge antritt. Privat genießt sie Ausfahrten mit ihrem Oldtimer, einem 911 G-Modell. Sie ist begeisterte Taucherin und unternimmt gerne Ausflüge mit ihrem Hund in die Natur.