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10. Dez 2024

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Business

Auf und neben dem Platz gilt: ”Immer nach vorne!” – mit Julian Draxler

Journalist: Katja Deutsch

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Foto: Nelson Ndongala

Julian Draxler ist ganz bodenständig im Ruhrpott aufgewachsen und als Fußballer bei Schalke 04 groß geworden. Mittlerweile brennt er nicht nur für Fußball, sondern auch für Investitionen in Start-ups.

Julian, du bezeichnest Dich selbst als konservativen Anleger, hast aber auch zusammen mit Deinem Bruder eine Marketingfirma, eine Immobilien GmbH und eine Investmentfirma, mit der Ihr in Start-ups investiert. Was sind deine Kriterien für ein Ticket? Für mich ist vor allem wichtig, welche Köpfe hinter dem Unternehmen stecken: Was treibt sie an? Was sind ihre Visionen, allgemein gesprochen: Wie ticken die eigentlich? Wir prüfen natürlich auch andere Kriterien, aber die beste Idee oder das beste Produkt kann nicht erfolgreich umgesetzt werden, wenn es im Team nicht stimmt. Das ist wie im Fußball.

Darüber hinaus haben wir eine starke Präferenz für Sport-Themen, weil wir im Sport und speziell im Fußball, natürlich einerseits die größte Expertise haben. Andererseits haben wir hier ein breites Netzwerk und können den Start-ups vor allem mit Kontakten helfen, was in der Frühphase für viele junge Unternehmen sehr wichtig sein kann.

Tatsächlich gehe ich sehr konservativ mit meinem Geld um, ich lege etwa 70 Prozent regelmäßig an und gebe 30 Prozent für Lebenshaltungskosten aus. Ab und an gönne ich mir eine Uhr, die mir gefällt und bei der ich hoffe, dass sie im Wert steigt (lacht). Ganz gleich, wie begeistert ich von einem Start-up bin, gehe ich nie ein zu hohes Risiko ein.

Unter anderem investierst Du in Coachwhisperer, eine Sport-Weste mit integriertem Lautsprecher und zugehöriger App. Wie wichtig ist Dir der Fokus auf Innovationen? Im Sport passiert momentan sehr viel im Bereich der Innovationen, sei es in der TV-Übertragung oder auch durch Technik, die das Spiel fairer gestalten, wie beispielsweise die Torlinientechnik. Darüber hinaus sind auch Clubs heutzutage viel offener für technische Hilfsmittel, um das Training, die Ernährung oder die Regeneration zu optimieren. Sie verstehen inzwischen immer besser, dass nur durch Innovationen Entwicklung stattfindet, ganz gleich in welchem Bereich. So sind vor allem diejenigen Clubs gut aufgestellt, die sich durch innovative Ansätze einen Vorsprung erarbeitet haben.

**Innovationen spielen somit eine noch größere Rolle im Sport und sind damit auch für unsere Investitionen relevanter. ** Als ich das Gründerteam von Coachwhisperer auf der Founders League gehört habe, war ich direkt überzeugt von ihrer Innovation. Die Produkte von Coachwhisperer bringen nicht nur im Fußballtraining enorme Vorteile und sorgen für echte Effizienz in der Kommunikation, sondern können auch im Handball, American Football und Basketball angewendet werden.

Durchhalten, dranbleiben, immer wieder aufstehen sind drei Grundprinzipien von Leistungssportlern. Was brauchen Unternehmer zusätzlich? Die richtige Idee zum richtigen Momentum – das ist sicherlich die Basis für sehr erfolgreiche Unternehmen. Allerdings halte ich die oben genannten Grundprinzipien auch für Unternehmer sehr wichtig. Es gibt viele Momente, in denen man aufgeben will – egal ob im Training oder beispielsweise in der Gründungsphase. Genau dann muss man weiter machen und über die Schmerzgrenze gehen. Außerdem ist die Erkenntnis wichtig, dass auch Verlieren zum Gewinnen dazugehört, das ist wie im Sport. Daraus lernt man immer am meisten – und daraus entsteht Entwicklung. Verlieren macht einen stärker, man baut Erfahrung auf, man reflektiert sich stärker – und ist dann entsprechend besser auf die nächsten Herausforderungen vorbereitet.

Dein wichtigster Tipp für junge Investorinnen und Investoren? Ich glaube, es ist wichtig, dass man für sich einen klaren Plan hat: Das sind meine Themen, das sind meine Stärken – und so kann ich diese in das Unternehmen einbringen. Außerdem ist es wichtig zu verstehen, dass Investitionen in Start-ups immer auch mit großen Risiken verbunden sind. Egal, wie viel Vorbereitung man hineinsteckt und wie viel man als potenzieller Investor recherchiert: Am Ende kann man nicht alles überblicken und das Risiko bleibt hoch. Man sollte vielleicht nicht sein gesamtes Geld überstürzt in eine einzige Idee stecken, sondern mit Beträgen anfangen, die im Falle eines Verlustes zu verschmerzen sind.

Sollten mehr Menschen investieren? Wo können sie das lernen? Viele Menschen haben die Möglichkeit zu investieren, beispielsweise in ETFs. Ich halte das für eine gute Idee, das ist ein guter Baustein für die Altersvorsorge. Das Basiswissen kann man sich dabei gut auf YouTube oder anderen Finanzratgebern wie Finanztip aneignen. Es kann nicht schaden, sich mit dem Thema zu beschäftigen, bevor man loslegt.

Warum ist gerade das Ruhrgebiet ein so großes Zentrum für Innovationen? Grundsätzlich gilt: Die Menschen im Ruhrgebiet sind echte Macher. Sie packen die Dinge gerne an, krempeln die Ärmel hoch und legen los. Außerdem haben viele im Pott noch diesen Hunger auf mehr, weil sie nicht viel haben und die alten glorreichen Zeiten lange zurückliegen. Das sehe ich vor allem bei Menschen mit Migrationshintergrund, wie bei meinem Geschäftspartner bei Haarwald. Die haben echten Drive. Durch den Strukturwandel im Ruhrgebiet resultiert somit eine Notwendigkeit: Abertausende Menschen mussten eben einfach umdenken, sind so auf neue Ideen gekommen – und sind letztlich ins unternehmerische Risiko gegangen. Mir gefällt einfach die Haltung der Leute und deswegen unterstütze ich das gerne.

27. Jun 2025

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Wirtschaft

Nachhaltig, transparent und partnerschaftlich – Im Interview mit Barbara Frenkel, Vorstandsmitglied Porsche AG

**Warum bekommt die Beschaffung oft so wenig Aufmerksamkeit – obwohl so viel von ihr abhängt?** Weil Beschaffung meist im Hintergrund läuft – und erst dann in den Blickpunkt rückt, wenn etwas fehlt. Das kennt jeder aus dem Alltag: Fehlt beim Kochen eine Zutat oder beim Möbelaufbau eine Schraube, steht meist alles still. Im industriellen Maßstab kann das bedeuten: keine Teile, kein Auto. Unsere Lieferketten sind heute hochgradig komplex, global und auf Effizienz ausgelegt. Fällt ein einziges Teil aus, sei es durch eine Naturkatastrophe, einen Cyberangriff oder geopolitische Span-nungen, kann dies die Produktion gefährden. Deshalb denken wir bei Porsche Be-schaffung heute anders: vorausschauender, vernetzter und deutlich resilienter. **Welche Strategie verfolgen Sie, um Lieferketten auch in Krisenzeiten stabil und widerstandsfähig zu halten?** Entscheidend ist die Transparenz in der gesamten Lieferkette – also über unsere direkten Lieferanten hinaus. Uns interessiert: Wer sind die Partner dahinter? Wo haben sie ihre Standorte und welchen Risiken sind sie ausgesetzt? Dabei simulie-ren wir beispielsweise Wetterereignisse oder Cyberattacken. Wir bewerten globale Rohstoffverfügbarkeiten und identifizieren Single-Source-Situationen. Über allem steht die Frage: Wo könnte ein möglicher Ausfall besonders kritisch für uns sein? **Und welche konkreten Maßnahmen ergreifen Sie, um Risiken zu minimieren?** Hier braucht es ein ganzes Maßnahmenbündel. Als vergleichsweise kleiner Her-steller können wir nicht überall auf eine Zwei-Lieferanten-Strategie setzen. Statt-dessen überlegen wir uns etwa, wo wir bei kritischen Materialien gezielt Lagerbe-stände in Werksnähe aufbauen. Oder wir beauftragen zusätzliche Werkzeugsätze, die bei Bedarf schnell aktiviert werden können. **Wie wählen Sie Lieferanten aus, welche Kriterien sind dabei besonders wichtig?** Die Auswahl unserer Lieferanten ist immer Teamwork. Beschaffung, Entwicklung und Produktion arbeiten eng zusammen. Häufig entwickeln wir die Lösungen ge-meinsam mit unseren Lieferanten. Hierbei spielt die technische Bewertung in en-ger Abstimmung mit unserer Entwicklung eine wichtige Rolle. Die Produktion wie-derum achtet sehr stark auf die Logistik. Jeder potenzielle Partner durchläuft ein umfassendes Auditverfahren. Dabei geht es um Qualitäts- und Machbarkeitsaudits. Aber auch um eine umfassende Risikoanalyse. Ein fester Bestandteil bei der Aus-wahl sind zudem Kriterien bei der Nachhaltigkeit. Also rechtliche, ethische und ökologische Standards. >Viele unserer Fahrzeuge sind stark individualisiert – das erfordert flexible, anpas-sungsfähige Partner. Viele Mittelständler aus Deutschland bieten genau diese Qualität. **Wie wichtig ist Ihnen die Einbindung mittelständischer Lieferanten in Ihrer Lie-ferkette?** Viele unserer Fahrzeuge sind stark individualisiert – das erfordert flexible, anpas-sungsfähige Partner. Viele Mittelständler aus Deutschland bieten genau diese Qualität. Vor allem, wenn sie sich in unmittelbarer Werksnähe befinden. Vorteile sind kurze Wege und schnelle Reaktionszeiten. Als in Deutschland verwurzeltes Unternehmen ist uns zudem daran gelegen, die heimische und europäische Lie-ferkette zu stärken. **Sie haben die Nachhaltigkeit bereits angesprochen. Nochmals konkret: Wie integrieren Sie diese Kriterien in den Beschaffungsprozess?** Wie gesagt, wir denken hier ganzheitlich und in drei Dimensionen: ökologisch, so-zial und ethisch. Im ökologischen Bereich legen wir besonderen Wert auf den CO₂-Fußabdruck in der Lieferkette. Hier entscheiden der Energiemix, die verwendeten Rohstoffe und der Anteil an recyceltem Material. Auch der Wasserverbrauch wird immer wichtiger. Soziale und ethische Aspekte sind ebenfalls von Bedeutung. Wir erwarten, dass internationale Arbeitsstandards eingehalten und faire Löhne ge-zahlt werden. **Wie haben Sie Einkaufprozesse bzw. das Lieferantenmanagement erfolgreich verbessert?** Rund 80 Prozent der Wertschöpfung entsteht bei uns in der Lieferkette. Entspre-chend hoch ist die Bedeutung eines effizienten und partnerschaftlich ausgerichte-ten Lieferantenmanagements. Deshalb setzen wir bewusst früh an: Bereits in der Entwicklungsphase binden wir Lieferanten eng in unsere Prozesse ein. Gemein-sam können wir Kosten optimieren, die Umsetzung garantieren und verlässliche Qualität reproduzieren. Über diesen engen Austausch entstehen belastbare Part-nerschaften – von Anfang an. **Wie reagieren Sie auf regionale Marktanforderungen?** Angesichts fragmentierter Märkte gewinnt die regionale Verankerung an Bedeu-tung. In China arbeiten wir beispielsweise gezielt mit starken lokalen Partnern zu-sammen. Mit dem Ziel, marktgerechte Lösungen zu entwickeln – etwa beim Info-tainment. Auch regulatorische Anforderungen erfordern spezifische Lösungen, das Aufspüren innovativer Technologien und innovativer Partner. Immer mehr handelt es sich dabei auch um Start-ups aus branchenfremden Bereichen, etwa beim au-tonomen Fahren, der Konnektivität oder Software. >Bereits in der Entwicklungsphase binden wir Lieferanten eng in unsere Prozesse ein. Gemeinsam können wir Kosten optimieren, die Umsetzung garantieren und verlässliche Qualität reproduzieren. ## Infos zur Person Barbara Frenkel: Als Kind wollte sie Astronautin werden. Heute leitet Barbara Frenkel das Vor-standsressort Beschaffung der Porsche AG. Frenkel war die erste Frau im Vorstand des Sportwagenherstellers. Sie blickt auf eine mehr als 20-jährige Management-karriere bei Porsche zurück. Zuvor war sie bei verschiedenen Automobilzulieferern tätig. Barbara Frenkel (62) scheidet zum 19. August 2025 auf eigenen Wunsch aus dem Porsche-Vorstand aus und übergibt ihre Verantwortung an Joachim Schar-nagl (49), der ihre Nachfolge antritt. Privat genießt sie Ausfahrten mit ihrem Oldti-mer, einem 911 G-Modell. Sie ist begeisterte Taucherin und unternimmt gerne Aus-flüge mit ihrem Hund in die Natur.

30. Apr 2025

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Wirtschaft

Bidirektionales Laden spart Milliarden , Elektroautos können viel mehr, als „nur“ leise und ohne Abgase zu fahren

Mit bidirektionaler Ladetechnologie (BiDi) können sie Strom speichern und ins Netz zurückspeisen. Eine aktuelle Studie von Transport & Environment (T&E) zeigt, dass dies für Europas Energieversorger und Autofahrer Einsparungen in Milliardenhöhe ermöglichen könnte. Die Einsparungen resultieren aus einer effizienteren Nutzung der Erzeugungskapazitäten und einem geringeren Kraftstoffverbrauch. Um das Potenzial dieser Technologie zu nutzen, sind jedoch geeignete regulatorische Rahmenbedingungen notwendig. Laut der T&E-Studie könnte das Einsparpotenzial für Energieversorger und Verbraucher in der EU bis zu 22 Milliarden Euro jährlich betragen, was etwa acht Prozent der Kosten für das EU-Energiesystem entspricht. Von 2030 bis 2040 könnte die BiDi-Technik EU-weit mehr als 100 Milliarden Euro einsparen, allein in Deutschland bis zu 8,4 Milliarden Euro jährlich. Ein Grund für die hohen Einsparungen ist die Möglichkeit, mehr Strom aus erneuerbaren Quellen, insbesondere Solarstrom, in das Energiesystem zu integrieren. Die Nutzung der Fahrzeugakkus könnte den Bedarf an teureren stationären Speichern in der EU um bis zu 92 Prozent senken und die installierte PV-Leistung um bis zu 40 Prozent steigern. Die Halter von Elektrofahrzeugen profitieren direkt vom bidirektionalen Laden, da sie mit geringeren Stromkosten rechnen können. Zudem dürfte die Lebensdauer der Fahrzeugakkus durch optimiertes Laden steigen. In Frankreich haben The Mobility House und Renault beispielsweise das erste Vehicle-to-Grid (V2G)-Angebot eingeführt. Besitzer eines V2G-fähigen Renault 5 können mit einer speziellen Wallbox kostenfrei laden und ihren Fahrzeugakku ins Energiesystem einspeisen. Dieses Angebot soll bald auch in Deutschland und dem Vereinigten Königreich verfügbar sein. Im deutschen Markt gibt es jedoch noch Herausforderungen, wie den langsamen Roll-out von Smart Metern und die Notwendigkeit, einen passenden rechtlichen Rahmen zu schaffen. Der zweite Europäische Gipfel für bidirektionales Laden hat klare Handlungsempfehlungen ausgesprochen, die nun umgesetzt werden müssen. Dazu gehört die Abschaffung der Doppelbelastung von zwischengespeichertem Strom durch Netzentgelte und die Sicherstellung, dass „grüner“ Strom seine Förderansprüche auch bei Zwischenspeicherung im Akku behält. Die Messe „The smarter E Europe“ 2025 wird dem Thema eine eigene Sonderschau widmen, um Chancen und Herausforderungen für die Mobilitäts- und Energiebranche aufzuzeigen. Die Veranstaltung findet vom 7. bis 9. Mai 2025 in München statt und vereint vier Fachmessen: Intersolar Europe, ees Europe, Power2Drive Europe und EM-Power Europe. Die Sonderschau auf „The smarter E Europe“ wird dabei Produkte und Lösungen für das bidirektionale Laden präsentieren und Raum für Austausch und Networking bieten. ## Factbox The smarter E Europe vereint als Europas größte Messeallianz für die Energiewirtschaft vier Fachmessen (Intersolar Europe, ees Europe, Power2Drive Europe und EM-Power Europe) und findet vom 7. bis 9. Mai 2025 auf der Messe München statt. https://www.powertodrive.de/home