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20. Sep 2022

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Gesellschaft

Baugewerbe als Klimasünder?

Journalist: Lotta Jachalke

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Foto: Darcy Lawrey/Pexels

In allen Lebensbereichen wird Umwelt- und Klimaschutz gefordert. Auch die Bauwirtschaft – ein Sündenbock in der Klimakrise – muss sich beweisen.

Die Bauindustrie steht im Zwiespalt: Der Bedarf an Wohnungen und Infrastruktur steigt. Gleichzeitig auch die Sorgen um das Klima. Es ist kein Geheimnis, dass Bauen mit einem großen ökologischen Fußabdruck einhergeht. Insgesamt ist das Gewerbe für etwa 38 % des globalen CO2-Ausstoßes verantwortlich; allein in Deutschland werden jährlich 4,3 Millionen Tonnen CO2 freigesetzt. Was vielen nicht bewusst ist: Knapp ein Drittel aller Treibhausgasemissionen entstehen bereits vor der eigentlichen Nutzung.

Gerade auf den Baustellen gelangen viele Schadstoffe in die Atmosphäre. Mobile Geräte und schwere Maschinen mit Dieselmotor sind im Dauereinsatz. Auch die Anreise und Entsorgungswege bedeuten für viele Bauunternehmen lange Strecken. Ein Lichtblick: Die Abgasnormen für nicht-straßengebundene Maschinen und Geräte (NRMM) wurden in den letzten Jahren kontinuierlich angehoben (aktuell: Stufe V).

Doch nicht nur das Bauen selbst ist problematisch. Die sogenannten grauen Emissionen, die bei Herstellung, Transport, Verarbeitung und Entsorgung der Baustoffe entstehen, sind laut dem Weltwirtschaftsrat für nachhaltige Entwicklung nicht zu unterschätzen. Sie sind für rund die Hälfte des globalen CO2-Ausstoßes im Baugewerbe verantwortlich. Darüber hinaus entstehen bei der Produktion viele toxische Nebenprodukte.

Auch am Ende des Lebenszyklus – nach der Gebäudenutzung – leidet das Klima: Viele Altbauten werden dem Erdboden gleichgemacht und durch neue Gebäude ersetzt. Der Abriss selbst ist energieaufwendig und durch die Neuerrichtung schnellen die Emissionen und der Ressourcenverbrauch in die Höhe. Auch die Entsorgung und Deponierung der alten Baustoffe ist eine Belastung für die Umwelt. Laut dem Umweltbundesamt ist der Bausektor für rund 60 % des Abfallaufkommens in Deutschland verantwortlich.

So alarmierend die Zahlen zu CO2-Emissionen und Energieverbrauch auch sind, es gibt Hoffnung: Viele Wege führen zu einer klimaneutralen Gebäudebilanz. Umweltfreundliche Baustoffe stehen dabei ganz oben auf der Liste. Hier gibt es die Möglichkeit, nachwachsende und recycelte Baustoffe zu verwenden, die nicht übermäßig viel Abfall produzieren und vergleichsweise nachhaltig in der Herstellung sind. Interessant: Die Ideen für alternative Baumaterialien schießen wie Pilze aus dem Boden. Ob Hanf, Schadholz oder Carbonbeton; Häuser können heute aus vielen Materialien gebaut werden.

Auch das Bauen selbst kann klimafreundlicher werden. Die Transportwege werden durch lokale Zulieferer kürzer, strombetriebene Motoren stellen eine echte Alternative zum altbewährten Verbrennungsmotor dar. Am Ende des Lebenszyklus bietet die Sanierung ein enormes Potenzial zur Einsparung von Ressourcen und CO2. Viele Häuser können an den aktuellen Energiestandard angepasst werden.

Kurz gesagt: Ein Umdenken aller am Bau Beteiligten ist notwendig, um das Bauen grüner zu machen. Wenn die bisherigen Ansätze konsequent weiterverfolgt werden, kann die Branche einen großen Beitrag zu Nachhaltigkeit, Umwelt- und Klimaschutz leisten.

Factbox: Bei der Herstellung des beliebten Baustoffs Zement entstehen – vor allen durch das Brennen von Klinker und den Energieaufwand beim Heizen – 4 bis 8 % der weltweiten CO2-Emissionen. Eine erschreckende Menge: Wäre die Zementindustrie ein Staat, läge sie hinter China und den USA an dritter Stelle.

 

9. Jul 2025

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Gesellschaft

Die Herausforderungen des Wohnens heute und morgen – ein Beitrag vin Dr. Christine Lemaitre

Kaum ein Bereich des Lebens ist so individuell und emotional behaftet wie das Wohnen. Die Gestaltung des eigenen Zuhauses spiegelt unsere Persönlichkeit wider, zeigt, worauf wir Wert legen und was wir bereits erlebt haben. Die eigenen vier Wände bieten Sicherheit und sind Orte der Entspannung. Nun rückt das Thema Wohnen in der aktuellen Debatte immer wieder in den Fokus. Es herrscht ein Mangel insbesondere an bezahlbarem Wohnraum und das in allen Schichten der Gesellschaft. Gründe dafür gibt es viele, darunter der Bevölkerungswachstum, Binnenwanderung und gestiegene Baukosten. Lösungsansätze sind vorhanden, die nicht nur angesichts der politischen Klimaziele im Einklang mit Nachhaltigkeit und Klimaschutz umgesetzt werden müssen. Denn die Auswirkungen des Klimawandels sind längst spürbar. Die Baubranche steht als einer der Hauptverursacher klar in der Pflicht, Gebäude und Außenräume wieder für den Menschen zu planen und auf eine langfristige, qualitätsvolle Nutzung auszulegen. Das größte Potenzial, um Ressourcen und CO2 einzusparen, bieten der Erhalt und bei Bedarf die Umnutzung bestehender Gebäude, wodurch auch gleich die baukulturelle Identität des Ortes bewahrt wird. Gerade in Städten, wo der Wohnraum besonders knapp ist, stehen Flächen leer deren ursprünglich vorgesehene Nutzung nicht mehr benötigt wird. Durch Offenheit und Mut kann hier etwas ganz Besonderes entstehen. Nachhaltige Strategien wie Suffizienz und Lowtech bieten sowohl im Neubau als auch im Bestand reizvolles Innovationspotenzial. Mit dem Suffizienz-Gedanken geht die Frage einher, wie viel genug ist. Sie sollte immer wieder gestellt werden, um abzuwägen, was bezüglich Fläche, Material und Gebäudetechnik wirklich gebraucht wird. Wer hier einspart, übernimmt Verantwortung. Das gesparte Geld lässt sich an anderer Stelle beispielsweise zugunsten einer hohen Qualität und guter Gestaltung sinnvoll investieren. Ein weiterer wichtiger Punkt ist Flexibilität, um auf sich ändernde Lebenssituationen reagieren zu können. Diese Ansätze sind wie geschaffen für einen neuen, zukunftsweisenden Trend beim Planen, Bauen und Erhalten von Gebäuden. Hilfestellung zur Umsetzung kann das speziell für kleine Wohngebäude entwickelte Zertifizierungssystem der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen geben. Neben Klimaschutz, Kreislauf- und Zukunftsfähigkeit stehen bei der Planung, beim Bau und bei der Sanierung nachhaltiger Wohngebäude der akustische, thermische und visuelle Komfort, sprich die Wohnqualität und das Wohlbefinden der Nutzenden im Mittelpunkt. Neben dem ganz eigenen, individuellen Rückzugsraum, bestückt mit liebgewonnenen Möbelstücken und Accessoires, entsteht dadurch ein besonderer Wert, nämlich der der körperlichen und geistigen Gesundheit. >Neben Klimaschutz, Kreislauf- und Zukunftsfähigkeit stehen bei der Planung, beim Bau und bei der Sanierung nachhaltiger Wohngebäude der akustische, thermische und visuelle Komfort, sprich die Wohnqualität und das Wohlbefinden der Nutzenden im Mittelpunkt. Als Non-Profit-Verein setzen wir uns bei der DGNB für die nachhaltige Transformation der Bau- und Immobilienwirtschaft ein. Wir klären auf, leisten Hilfestellung und sensibilisieren für ein verantwortungs- und qualitätvolles Bauen und Betreiben von Gebäuden. Das DGNB-Zertifizierungssystem verhilft dabei allen am Bau Beteiligten zu einem gemeinsamen Verständnis darüber, welche Möglich- aber auch Notwendigkeiten das nachhaltige Bauen mit sich bringt, um einen positiven Beitrag für Mensch, Umwelt und Wirtschaftlichkeit zu leisten.