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6. Aug 2020

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Wirtschaft

Bauwirtschaft im Wandel – Chancen aus Corona

Journalist: Chan Sidki-Lundius

„Die Bauwirtschaft reagiere verhalten auf den gegenwärtigen Veränderungsdruck“, sagt Thomas Kirmayr.

Thomas Kirmayr, Geschäftsführer Fraunhofer Allianz Bau, Leiter Mittelstand 4.0 Kompetenzzentrum Planen und Bauen, Foto:Presse

Auf kaum eine Branche wirken so viele Veränderungsprozesse wie auf die Bauwirtschaft. Die Digitalisierung, aber auch Themen wie Kreislaufwirtschaft, CO2-Neutralität, Smart Cities und Homes oder die verstärkteAnwendung von Sensorik unter dem Synonym des IoT liefern Potential und Treiber für erforderliche Anpassungsprozesse.

„Doch die Bauwirtschaft reagiert gewohnt verhalten auf diesen Veränderungsdruck und wähnt sich angesichts gefüllter Auftragsbücher in sicheren Gewässern“, sagt Thomas Kirmayr. Von außen ergebe sich ein anderes Bild. Große, international agierende Konzerne würden die Potentiale in der Bauwirtschaft entdecken und losgelöst von üblichen Standards beginnen, eigene Quartierskonzepte zu realisieren.

„Und neue Marktbeteiligte beweisen, dass es selbst für Quereinsteiger mit aggressiven und innovativen Konzepten möglich ist, in kurzer Zeit zu einer relevanten Marktgröße zu wachsen und moderne digitale Prozess- und Logistikstrukturen wertschöpfend einzusetzen“, berichtet Kirmayr weiter. Überall in der Welt mache man sich auf, besser, moderner und produktiver zu werden. Getragen werde diese Welle der Erneuerung nicht allein von den neuen technischen Möglichkeiten, sondern von der Bereitschaft und Begeisterung einer jungen Generation, das Planen, Bauen und Betreiben neu und innovativ zu interpretieren. „Doch die Bereitschaft zur Veränderung lässt die deutsche Bauwirtschaft vermissen, sie droht deshalb ins Abseits der Wettbewerbsfähigkeit zu gleiten“, bilanziert der Experte.

Dabei weise sie aufgrund ihrer fragmentierten, kleinteiligen Struktur die perfekte Genetik fürs digitale Zeitalter auf. Die Zeiten erfolgreicher Großkonzerne mit hierarchischen Organisationsstrukturen und langen Entscheidungswegen weiche der Agilität netzwerkartiger, digital organisierter Leistungsstrukturen, die schnell auf den wechselnden Bedarf, die neueste Soft- und Hardware und den besseren Weg zum Ziel reagieren können. „Starre Strukturen können nur solange im Wettbewerb bestehen, solange es wenig Anpassungs- und Innovationsbedarf gibt und die fragmentierten Leistungselemente nicht in der Lage sind, sich zu organisieren. Gelingt jedoch der digitale Zusammenschluss anhand zentraler Informations- und Planungsmodelle, ist das Netzwerk nicht mehr zu schlagen“, ist Kirmayr überzeugt. Die deutsche Bauwirtschaft besitze vermutlich das beste genetische Potenzial der Welt, um die Vierte Industrielle Revolution für sich zu entscheiden – und gehöre doch im internationalen Vergleich zu den Schlusslichtern der Realisierung. „Eine paradoxe Situation, die ihre Ursache in der Kombination aus dem Unwillen zur Veränderung und der guten Konjunktur in der Bauwirtschaft findet“, bilanziert Kirmayr.

Jetzt bleibe abzuwarten, ob die Kombination aus BIM als Synonym eines unvermeidbaren Digitalisierungsprozesses in Kombination mit der Unberechenbarkeit jüngster Ereignisse, wie der Corona-Krise, genug Energie erzeuge, die verhärteten Strukturen der Bauwirtschaft aufzuschmelzen. Nur dann werde es möglich sein, das breite Lösungs- und Optimierungspotenzial in die Anwendung zu bekommen. Auf jeden Fall werden jetzt die Weichen gestellt, wer in fünf bis zehn Jahren die Wertschöpfung realisiert und wer in die Reihe der Zulieferer einsortiert wird. Eines sei laut Kirmayr gewiss: Ohne weitgehend digitalisierte Prozesse werde man kaum mehr oder lediglich in Nischen erfolgreich sein können. Gleichzeitig sei der Zeitpunkt, in der es der Breite der Branche aufgrund der guten Auftragslage möglich sei, den Wandel aus eigener Kraft zu finanzieren, nie besser gewesen.

23. Dez 2025

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Gesellschaft

Warum es so wichtig ist, konsequent nachhaltig zu bauen – Ein Beitrag von Dr. Christine Lemaitre, Geschäftsführender Vorstand DGNB e.V.

Nachhaltiges Bauen bedeutet weit mehr als energieeffiziente Gebäude oder den Einsatz ökologischer Materialien. Es beschreibt einen ganzheitlichen Ansatz, bei dem Gebäude über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg betrachtet werden: von der Planung über den Bau und die Nutzung bis hin zu Umbaumaßnahmen oder den Rückbau. Ziel ist es, Umweltbelastungen zu minimieren, Ressourcen zu schonen, Menschen gesunde und lebenswerte Räume zu bieten und gleichzeitig wirtschaftlich sinnvolle Lösungen zu schaffen. Stand heute ist der Bausektor nach wie vor für einen erheblichen Teil der globalen CO2-Emissionen, den Verbrauch natürlicher Ressourcen und den zunehmenden Verlust der Biodiversität verantwortlich. Gleichzeitig verbringen wir den Großteil unseres Lebens in geschlossenen Räumen, die unser Wohlbefinden stärken sollen, ohne dabei die Zukunft unseres Planeten zu gefährden. Zudem leben immer mehr Menschen in der Stadt. Der Bedarf an attraktiven und dazu noch klimaresilient gestalteten Freiräumen wächst. Nachhaltige Architektur bietet einen ganzheitlichen Ansatz, um die Klimakrise zu bekämpfen, soziale Gerechtigkeit zu fördern und langfristige wirtschaftliche Stabilität zu gewährleisten. Wie ein Perspektivwechsel in diese Richtung gelingen kann, zeigen wir noch bis zum 28. Januar 2026 mit der ersten DGNB Ausstellung „What If: A Change of Perspective“ in der Berliner Architekturgalerie Aedes. Die Ausstellung fordert Besucherinnen und Besucher dazu auf, gewohnte Denkmuster zu hinterfragen und die Themenvielfalt des nachhaltigen Bauens neu und unvoreingenommen auf sich wirken zu lassen. >Nachhaltige Architektur bietet einen ganzheitlichen Ansatz, um die Klimakrise zu bekämpfen, soziale Gerechtigkeit zu fördern und langfristige wirtschaftliche Stabilität zu gewährleisten. Anhand gebauter Beispiele wird deutlich, dass viele Lösungen bereits existieren. So erfährt der Besuchende anschaulich, wie Gebäude klima- und ressourcenschonend geplant werden können, indem Materialien im Kreislauf geführt, Energie effizient genutzt oder sogar erzeugt wird und der gesamte Lebenszyklus eines Gebäudes berücksichtigt bleibt. Ebenso thematisiert werden Klimaanpassung und Resilienz: durch kluge Gestaltung, Begrünung und Freiräume können Gebäude und Städte besser mit Hitze, Starkregen oder Trockenperioden umgehen. Ein weiterer Fokus liegt auf dem Menschen. Nachhaltiges Bauen stellt das Wohlbefinden, die Gesundheit und das soziale Miteinander in den Mittelpunkt. Architektur kann Begegnung fördern, Identität stiften und bezahlbaren Wohnraum schaffen, ohne dabei die Umwelt aus dem Blick zu verlieren. Auch der verantwortungsvolle Umgang mit bestehenden Gebäuden spielt eine zentrale Rolle. Sanieren, Umnutzen und Weiterbauen im Bestand werden als Strategien gezeigt, um Flächen zu schützen und Ressourcen zu sparen. Nicht zuletzt wird klar, dass Nachhaltigkeit keine Kostenspirale sein muss. Ganzheitlich geplante Gebäude sind oft wirtschaftlicher, weil sie langfristig Betriebskosten senken, Risiken minimieren und ihren Wert erhalten oder steigern. Nachhaltiges Bauen ist kein abstraktes Expertenthema und schon gar keine Zukunftsvision, sondern eine konkrete Chance. Für lebenswerte Städte, für gesunde Räume und für eine gebaute Umwelt, die den Herausforderungen unserer Zeit gewachsen ist. Als inhaltlich getriebener Non-Profit-Verein begreifen wir das nachhaltige Bauen seit unserer Gründung vor 18 Jahren als gesellschaftliche Aufgabe, nach der wir unser Handeln ausrichten. Mit der Ausstellung laden wir jeden einzelnen ein, genauer hinzusehen, weiterzudenken und selbst Teil des Wandels zu werden. Weitere Informationen gibt es unter www.dgnb.de/aedes