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1. Mär 2025

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Gesellschaft

Beim Flaschenpfand geht noch mehr

Journalist: Armin Fuhrer

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Foto: Lacey Williams/unsplash

Die Eidgenossen recyceln fleissig, aber durch ein einheitliches und umfassenderes System wie in Deutschland könnten die Quoten weiter gesteigert werden.

Das Einsammeln von Flaschen zur Wiederverwendung oder zum Recyceln stellt einen wichtigen Bestandteil bei der Vermeidung von Verpackungsmüll dar. In der Schweiz existiert allerdings nur für Mehrwegflaschen ein Pfand. Er hat eine unterschiedliche Höhe und kann bis zu 1 CHF betragen. Für PET-Flaschen und Dosen gibt es dagegen kein umfassendes Pfandsystem. Kosten für Recylinggebühren sind oft in den Verkaufspreisen bereits eingespeist.

Das Schweizer System basiert also viel stärker als in den Nachbarländern Deutschland und Österreich auf Eigeninitiative und Eigenverantwortung der Konsumenten. Doch trotz eines fehlenden umfassenden Pfandsystems kann die Schweiz auf erstaunlich hohe Recyclingquoten verweisen. Das deutet auf ein ausgeprägtes Bewusstsein der Konsumenten für das Recycling hin, wird aber auch durch ein gut ausgebautes Sammelsystem erzielt. Verteilt über das ganze Land gibt es rund 100‘000 Sammelstellen, an denen Konsumenten ihre Flaschen und Dosen loswerden können.

Das deutschlandweit einheitliche System hat sich als sehr effizient erwiesen.

Aber trotz dieser auf Freiwilligkeit basierenden Erfolge, wird teilweise die Forderung erhoben – ähnlich wie in den anderen deutschsprachigen Ländern – ein umfassenderes Pfandsystem zu errichten, um die Recyclingquoten noch weiter zu erhöhen. Deutschland verfügt über eines der am besten ausgebauten Pfandsysteme weltweit, das auf grosse Erfolge verweisen kann. Beim Nachbarn im Norden wird zum Beispiel auf Einwegflaschen wie PET-Flaschen ein Pfand von 25 Cent erhoben. Für Mehrwegflaschen und bestimmte Kunststoffflaschen müssen die Konsumenten einen Pfand in Höhe von acht Cent bis 0.5 Liter und 15 Cent für grössere Flaschen entrichten. Die Verbrauchenden können die leere Pfandflaschen und -dosen an Rückgabeautomaten in Supermärkten und direkt beim Getränkehandel zurückgeben. Händler mit einer Verkaufsfläche von mehr als 200 Quadratmetern haben eine allgemeine Rücknahmepflicht, kleinere Geschäfte müssen die Verpackungen derjenigen Marken zurücknehmen, die sie selbst verkaufen. Das deutschlandweit einheitliche System hat sich als sehr effizient erwiesen. Heute werden 99 Prozent aller PET-Flaschen recycelt. Österreich hat zum Beginn diesen Jahres ein Pfandsystem eingeführt, das sich grundsätzlich am deutschen orientiert.

Verteilt über das ganze Land gibt es rund 100‘000 Sammelstellen, an denen Konsumenten ihre Flaschen und Dosen loswerden können.

Obwohl die Effizienz des deutschen Systems unbestritten ist, gibt es in der Schweiz auch Kritiker, die vor einer Übernahme hierzulande warnen. Sie befürchten einen grossen infrastrukturellen Aufwand, dessen Kosten möglicherweise den Nutzen überwiegen könnten. Andererseits ist jede weitere Reduzierung des Müllaufkommens zu begrüssen und ebenso könnte die Schweizer Wirtschaft von einer weiteren Steigerung der Recycling- und Mehrwegquote profitieren, da dadurch wiederum Kosten reduziert werden könnten. Die EU ist im vergangenen Jahr sogar einen Schritt weiter gegangen, indem fest an der Flasche angebrachte Verschlüsse vorgeschrieben werden. Das Ziel ist, die hohe Zahl von Flaschenverschlüssen in der Umwelt deutlich zu senken. Das scheint nötig – so wurden beispielsweise vor der Einführung an Stränden der Nordsee auf 100 Metern durchschnittlich mehr als 40 lose Deckel gefunden.

Factbox:

Die Errichtung eines effizienten Pfandsystems in der Schweiz würde zunächst Investitionen erfordern. So müsste die Infrastruktur mit Pfandautomaten und ein Logistiksystem für den Transport und die Lagerung von Pfandflaschen weiter auf- und ausgebaut werden. Auf Dauer aber würden die Kosten wieder eingefangen.

2. Okt 2025

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Gesellschaft

Lebensmittel sind weit mehr als bloße Konsumgüter – Ein Beitrag von René Püchner, Präsident Lebensmittelverband Deutschland

Sie sind Kultur, Identität, Genuss und Spiegel gesellschaftlicher Vielfalt. Sie vereinen jahrhundertealtes Handwerk mit modernster Technik, globale Lieferketten mit regionalem Bewusstsein, individuelle Lebensstile mit kollektiver Verantwortung. Wer über Lebensmittel spricht, spricht über auch über die Art und Weise, wie wir leben, genießen und gestalten wollen. Unsere aktuellen Umfragedaten zeigen eindrücklich: Eine überwältigende Mehrheit der Bevölkerung hält Lebensmittelvielfalt für wichtig. Zwischen dem 15. und 18. Juli 2025 befragte das Meinungsforschungsinstitut forsa im Auftrag unseres Verbandes 1.037 Menschen bundesweit. Das Ergebnis: 76 Prozent beurteilen Vielfalt als „wichtig“ oder „sehr wichtig“. Besonders deutlich ist die Haltung bei Jüngeren: 94 Prozent der 18- bis 29-Jährigen betonen, wie essenziell Vielfalt für sie ist. Für 81 Prozent ist sie Ausdruck kultureller Vielfalt, für 78 Prozent integraler Bestandteil moderner Ernährung. Und 77 Prozent probieren gern Gerichte aus anderen Kulturen – ein Ausdruck von Neugier und kulinarischer Offenheit. Diese Zahlen belegen eindrucksvoll: Vielfalt ist kein Luxus, sondern eine Erwartung. Ein Grundbedürfnis in einer dynamischen, global vernetzten Gesellschaft. Die Lebensmittelwirtschaft trägt Verantwortung, diese Erwartungen nicht nur zu erfüllen, sondern aktiv zu gestalten – durch Transparenz, Qualität und Innovation. >Der Wunsch nach gezielter Ernährung – sei es vegetarisch, proteinreich, bio oder funktional – wächst. Digitalisierung und Künstliche Intelligenz eröffnen neue Möglichkeiten, beispielweise mit Blick auf Lieferketten, Rückverfolgbarkeit und der Vermeidung von Lebensmittelverlusten. Mit Blick auf soziale Teilhabe und Integration richtet sich unser Blick auch auf strukturelle Vielfalt. So hat der Lebensmittelverband gemeinsam mit der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie das „What the Food“-Forum: Diversity in the Food Industry initiiert, das am 18. September 2025 in Berlin stattfand. Unter anderem unter dem Motto „Migration als Erfolgsfaktor in der Lebensmittelbranche“ beleuchteten wir Beiträge von Menschen mit Migrationsgeschichte, diskutierten Chancengleichheit und kulturelle Sensibilität und zeigten, wie Vielfalt gelebt wird und Mehrwert schafft. Die Herausforderungen, vor denen wir in der Lebensmittelwirtschaft stehen, sind durchaus komplex: Klimawandel und Ressourcenschutz erfordern neue Wege in Produktion, Logistik und Verpackung. Der Wunsch nach gezielter Ernährung – sei es vegetarisch, proteinreich, bio oder funktional – wächst. Digitalisierung und Künstliche Intelligenz eröffnen neue Möglichkeiten, beispielweise mit Blick auf Lieferketten, Rückverfolgbarkeit und der Vermeidung von Lebensmittelverlusten. Verbraucherinnen und Verbraucher erwarten Transparenz, verlässliche Qualität, klare Informationen. Zugleich wünschen sie Vielfalt, Inspiration und genussvolle Erfahrungen. Diesen hohen Anspruch erfüllen wir. Wir setzen in Produktion, Entwicklung und Kommunikation auf qualitativ hochwertige Zutaten, klimafreundliche Verfahren, ressourcenschonende Verpackungen und kultursensible Ansätze. Als Lebensmittelverband Deutschland verstehen wir uns als Brücke: Zwischen Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Wir bieten Orientierung durch fundiertes Wissen, begleiten Trends faktenbasiert und fördern den Dialog über die Ernährung von morgen.