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1. Sep 2022

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Business

Besser zweigleisig fahren?

Journalist: Kirsten Schwieger

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Foto: Shutterstock

Batterie oder Brennstoffzelle? An dieser Frage scheiden sich noch immer die Geister. Allerdings mehren sich die Stimmen für „sowohl als auch“.

Dass die seit Jahren hitzig geführte Elektromobilitäts-Debatte so polarisiert, mag wohl auch daran liegen, dass sie sich oft nur auf einzelne Teilaspekte der beiden alternativen Antriebsformen konzentriert. Werden beispielsweise Energieeffizienz und Wirkungsgrad betrachtet, kommen viele Studien zu dem Schluss, dass die Batterie der Brennstoffzelle in den meisten Anwendungen überlegen ist. Auch in Punkto Wirtschaftlichkeit attestieren viele Experten der Batterie Kostenvorteile, sowohl im Personen- als auch im Güterverkehr. Dennoch gibt es Stimmen, die dem Wasserstoff sowohl im LKW- als auch PKW-Bereich eine Zukunft attestieren – neben dem Elektroantrieb. Und zwar nicht nur wegen der Vorteile von größerer Reichweite, kürzerer Tankzeiten und geringerem Ressourceneinsatz, sondern weil die zukünftige Verfügbarkeit von günstigem, grünen Wasserstoff noch Grund zur Hoffnung bietet. Das Argument, in Deutschland hergestellter grüner Wasserstoff sei zu teuer, verliert seine Schlagkraft, wenn dieser zu attraktiven Preisen importiert werden kann. So hat eine Vielzahl an Regierungen und Unternehmen weltweit milliardenschwere Aktionspläne für Wasserstofferzeugung, -transport und -infrastruktur auf den Weg gebracht. Auch hierzulande stehen innovative und erfolgsträchtige Konzepte für die regionale und kostengünstige Wasserstoffproduktion durch grünen Strom in den Startlöchern. 

Die Stimmen mehren sich, dass eine zügige und kostenoptimierte Abdeckung des Energiebedarfs nur mit beiden Technologien möglich ist. Laut einer VDE-Studie lassen sich die Klimaziele der EU nur mit einem „intelligenten, technologieoffenen Mix aus allen verfügbaren klimaneutralen Antriebstechnologien“ erreichen: PKWs hauptsächlich mit Batterie und der gewerbliche Güter- und Schwerlastverkehr mit einem Mix aus Batterie- und Brennstoffzellenantrieb. Auch andere Experten und Nutzfahrzeughersteller sehen die Wasserstofftechnologie als Antriebsalternative für Lkw, Züge oder Busse. Doch auch im PKW-Segment fahren einige Hersteller noch beziehungsweise wieder zweigleisig, zumindest im Flottenbetrieb. Einer, der dem Wasserstoffauto mittelfristig auch im ganz gewöhnlichen Personenverkehr eine Zukunft attestiert, ist der Forschungsleiter des Zentrums für Brennstoffzellentechnik (ZBT), Joachim Jungsbluth. Wenn die standardisierte massenhafte Produktion von grünem Wasserstoff erst einmal ins Laufen komme und die Infrastruktur ausgebaut werde, werde das Brennstoffzellenauto seiner Meinung nach gleichwertig neben dem batteriebetriebenen Elektroauto auf deutschen Straßen fahren. Noch dieses Jahr soll an vier Standorten in Deutschland das vom ZBT initiierte Innovations- und Technologiezentrum Wasserstoff (TrHy) an den Start gehen, das Start-ups, Gründern sowie kleinen und mittelständischen Unternehmen der Wasserstoffbranche eine Entwicklungs-, Forschungs- und Testumgebung ermöglicht. Am Standort Chemnitz liegt der Schwerpunkt auf Fahrzeugantriebsstrang, Brennstoffzellensystem und -stapel sowie den Einzelkomponenten von PKW, leichten Nutzfahrzeugen und Schienenfahrzeugen.

Fakten zum Wasserstoffantrieb: Beim Wasserstoffauto wird gasförmiger Wasserstoff in einem Tank mitgeführt. In einer Brennstoffzelle reagiert dieser in einem chemischen Prozess mit Sauerstoff, wodurch die im Wasserstoff gespeicherte Energie als Strom freigesetzt wird, der dann einen Elektromotor antreibt.

27. Jun 2025

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Wirtschaft

Nachhaltig, transparent und partnerschaftlich – Im Interview mit Barbara Frenkel, Vorstandsmitglied Porsche AG

**Warum bekommt die Beschaffung oft so wenig Aufmerksamkeit – obwohl so viel von ihr abhängt?** Weil Beschaffung meist im Hintergrund läuft – und erst dann in den Blickpunkt rückt, wenn etwas fehlt. Das kennt jeder aus dem Alltag: Fehlt beim Kochen eine Zutat oder beim Möbelaufbau eine Schraube, steht meist alles still. Im industriellen Maßstab kann das bedeuten: keine Teile, kein Auto. Unsere Lieferketten sind heute hochgradig komplex, global und auf Effizienz ausgelegt. Fällt ein einziges Teil aus, sei es durch eine Naturkatastrophe, einen Cyberangriff oder geopolitische Spannungen, kann dies die Produktion gefährden. Deshalb denken wir bei Porsche Beschaffung heute anders: vorausschauender, vernetzter und deutlich resilienter. **Welche Strategie verfolgen Sie, um Lieferketten auch in Krisenzeiten stabil und widerstandsfähig zu halten?** Entscheidend ist die Transparenz in der gesamten Lieferkette – also über unsere direkten Lieferanten hinaus. Uns interessiert: Wer sind die Partner dahinter? Wo haben sie ihre Standorte und welchen Risiken sind sie ausgesetzt? Dabei simulieren wir beispielsweise Wetterereignisse oder Cyberattacken. Wir bewerten globale Rohstoffverfügbarkeiten und identifizieren Single-Source-Situationen. Über allem steht die Frage: Wo könnte ein möglicher Ausfall besonders kritisch für uns sein? **Und welche konkreten Maßnahmen ergreifen Sie, um Risiken zu minimieren?** Hier braucht es ein ganzes Maßnahmenbündel. Als vergleichsweise kleiner Hersteller können wir nicht überall auf eine Zwei-Lieferanten-Strategie setzen. Stattdessen überlegen wir uns etwa, wo wir bei kritischen Materialien gezielt Lagerbestände in Werksnähe aufbauen. Oder wir beauftragen zusätzliche Werkzeugsätze, die bei Bedarf schnell aktiviert werden können. **Wie wählen Sie Lieferanten aus, welche Kriterien sind dabei besonders wichtig?** Die Auswahl unserer Lieferanten ist immer Teamwork. Beschaffung, Entwicklung und Produktion arbeiten eng zusammen. Häufig entwickeln wir die Lösungen gemeinsam mit unseren Lieferanten. Hierbei spielt die technische Bewertung in enger Abstimmung mit unserer Entwicklung eine wichtige Rolle. Die Produktion wiederum achtet sehr stark auf die Logistik. Jeder potenzielle Partner durchläuft ein umfassendes Auditverfahren. Dabei geht es um Qualitäts- und Machbarkeitsaudits. Aber auch um eine umfassende Risikoanalyse. Ein fester Bestandteil bei der Auswahl sind zudem Kriterien bei der Nachhaltigkeit. Also rechtliche, ethische und ökologische Standards. >Viele unserer Fahrzeuge sind stark individualisiert – das erfordert flexible, anpassungsfähige Partner. Viele Mittelständler aus Deutschland bieten genau diese Qualität. **Wie wichtig ist Ihnen die Einbindung mittelständischer Lieferanten in Ihrer Lieferkette?** Viele unserer Fahrzeuge sind stark individualisiert – das erfordert flexible, anpassungsfähige Partner. Viele Mittelständler aus Deutschland bieten genau diese Qualität. Vor allem, wenn sie sich in unmittelbarer Werksnähe befinden. Vorteile sind kurze Wege und schnelle Reaktionszeiten. Als in Deutschland verwurzeltes Unternehmen ist uns zudem daran gelegen, die heimische und europäische Lieferkette zu stärken. **Sie haben die Nachhaltigkeit bereits angesprochen. Nochmals konkret: Wie integrieren Sie diese Kriterien in den Beschaffungsprozess?** Wie gesagt, wir denken hier ganzheitlich und in drei Dimensionen: ökologisch, sozial und ethisch. Im ökologischen Bereich legen wir besonderen Wert auf den CO₂-Fußabdruck in der Lieferkette. Hier entscheiden der Energiemix, die verwendeten Rohstoffe und der Anteil an recyceltem Material. Auch der Wasserverbrauch wird immer wichtiger. Soziale und ethische Aspekte sind ebenfalls von Bedeutung. Wir erwarten, dass internationale Arbeitsstandards eingehalten und faire Löhne gezahlt werden. **Wie haben Sie Einkaufprozesse bzw. das Lieferantenmanagement erfolgreich verbessert?** Rund 80 Prozent der Wertschöpfung entsteht bei uns in der Lieferkette. Entsprechend hoch ist die Bedeutung eines effizienten und partnerschaftlich ausgerichteten Lieferantenmanagements. Deshalb setzen wir bewusst früh an: Bereits in der Entwicklungsphase binden wir Lieferanten eng in unsere Prozesse ein. Gemeinsam können wir Kosten optimieren, die Umsetzung garantieren und verlässliche Qualität reproduzieren. Über diesen engen Austausch entstehen belastbare Partnerschaften – von Anfang an. **Wie reagieren Sie auf regionale Marktanforderungen?** Angesichts fragmentierter Märkte gewinnt die regionale Verankerung an Bedeu-tung. In China arbeiten wir beispielsweise gezielt mit starken lokalen Partnern zusammen. Mit dem Ziel, marktgerechte Lösungen zu entwickeln – etwa beim Infotainment. Auch regulatorische Anforderungen erfordern spezifische Lösungen, das Aufspüren innovativer Technologien und innovativer Partner. Immer mehr handelt es sich dabei auch um Start-ups aus branchenfremden Bereichen, etwa beim autonomen Fahren, der Konnektivität oder Software. >Bereits in der Entwicklungsphase binden wir Lieferanten eng in unsere Prozesse ein. Gemeinsam können wir Kosten optimieren, die Umsetzung garantieren und verlässliche Qualität reproduzieren. ## Infos zur Person Barbara Frenkel: Als Kind wollte sie Astronautin werden. Heute leitet Barbara Frenkel das Vorstandsressort Beschaffung der Porsche AG. Frenkel war die erste Frau im Vorstand des Sportwagenherstellers. Sie blickt auf eine mehr als 20-jährige Managementkarriere bei Porsche zurück. Zuvor war sie bei verschiedenen Automobilzulieferern tätig. Barbara Frenkel (62) scheidet zum 19. August 2025 auf eigenen Wunsch aus dem Porsche-Vorstand aus und übergibt ihre Verantwortung an Joachim Schar-nagl (49), der ihre Nachfolge antritt. Privat genießt sie Ausfahrten mit ihrem Oldtimer, einem 911 G-Modell. Sie ist begeisterte Taucherin und unternimmt gerne Ausflüge mit ihrem Hund in die Natur.