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27. Feb 2019

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Gesellschaft

Bildung im digitalen Zeitalter

Journalist: Kirsten Schwieger

Interview mit dem Bitkom-Vizepräsidenten Ulrich Dietz über die Zukunft von E-Learning und die Schaffung einer nachhaltigen digitalen Infrastruktur.

Wie entwickelt sich der Markt der E-Learning-Anbieter?

Der E-Learning Markt ist weiter auf Wachstumskurs. Die Potenziale sind immens, zumal Weiterbildung und lebenslanges Lernen im digitalen Zeitalter immer mehr an Bedeutung gewinnen. Acht von zehn Unternehmen stehen laut aktueller Bitkom-Studie E-Learning aufgeschlossen gegenüber. Lernangebote werden immer mobiler, individueller und vernetzter. Vor allem im und für den non-formalen Bereich, den privaten Weiterbildungs- oder „Nachmittagsmarkt“ entstehen viele digitale Bildungsprodukte.

Wie steht es um die schulformübergreifende Durchdringung von mobilem Lernen?

Es fehlt nicht an der Erkenntnis, aber an der Umsetzung. Denn nur jedes dritte Unternehmen setzt digitale Angebote auch tatsächlich in der Praxis ein. Auch in Schulen, Berufsschulen und Hochschulen gibt es großen Nachholbedarf. Was wir brauchen, sind Smart Schools mit digitaler Infrastruktur, digitalen pädagogischen Konzepten und digitalkompetenten Lehrenden. Die Hochschulen sind hier noch am besten aufgestellt, aber es fehlt oft an einer digitalen Strategie.

Wird Künstliche Intelligenz irgendwann menschliche Lehrer ersetzen?

Learning Analytics und Lernbots halten schon heute Einzug in unser Bildungssystem und bringen vielen Chancen mit sich. Den Lehrer werden sie aber nicht ersetzen. Vielmehr wird sich die Rolle des Lehrers verändern: weg vom reinen Wissensvermittler, hin zum Coach und Lernbegleiter.

Werden die Schüler von morgen nur noch durch Games und interaktive Videos zum Lernen motiviert?

Digitale Lernangebote können die Motivation steigern, sind aber auch kein Allheilmittel. Vielmehr muss der Unterricht grundsätzlich neu gedacht werden. Schule muss ein kreativer Lernort werden, an dem Schüler die Möglichkeit haben, sich auszuprobieren, sich im Team Wissen zu erarbeiten und anzuwenden. Digitale Lernangebote können dabei unterstützen.

Ist Social Learning oder kontextbasiertes Microlearning das nächste „große Ding“?

Microlearning und Social Learning liegen im Trend. Das ist aber nicht wirklich neu, in der E-Learning-Szene wird darüber schon länger diskutiert.

Gibt es noch weitere Trends bei Formaten, Prozessen oder Inhalten?

Lernen mittels Augmented und Virtual Reality setzt sich mehr und mehr durch und eröffnet ganz neue Möglichkeiten von Lernwelten. Das Thema Künstliche Intelligenz im Bildungsbereich wird in den nächsten Jahren weiter an Bedeutung gewinnen, um Lernangebote noch individueller zu gestalten.

Woran erkennt man gute E-Learning-Angebote und wie findet man sie?

Bildung ist ein Erfahrungs- und Vertrauensgut: Die wahre Qualität zeigt sich erst nach dem „Konsum“, und oft nicht einmal dann. Nutzer ziehen Bewertungen anderer heran, um sich zu orientieren. Insgesamt ist der E-Learning-Markt – und auch der gesamte Weiterbildungsmarkt – recht unübersichtlich, was es nicht leichter macht, ein passendes Angebot zu finden.

Wie lernt die Menschheit im Jahr 2030?

Auch im Jahr 2030 wird das noch mit Mühe und Anstrengung verbunden und ein guter Lehrer selbstverständlich nach wie vor wichtig sein. Aber digitale Technologien werden entscheidend dazu beitragen, dass Lernen flexibler, individueller und anschaulicher sein wird. 

27. Jun 2025

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Gesellschaft

Wahlfach Informatik: Zu wenig für Europas digitale Souveränität – mit Christine Regitz

![ChristineRegitz_c_MikeAuerbach_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Christine_Regitz_c_Mike_Auerbach_online_d5622666e2.jpg) ```Christine Regitz ist Präsidentin der Gesellschaft für Informatik e. V. (GI)``` Inmitten einer Zeitenwende, in der wirtschaftliche Stärke zunehmend durch digitale Kompetenz definiert wird, ist informatische Bildung ein entscheidender Hebel für Souveränität und Wirtschaftswachstum. Deutschland braucht nicht nur mehr IT-Fachkräfte – es braucht insgesamt eine digital gebildete Gesellschaft. Denn ohne breite informatische Grundbildung wird die digitale Transformation zur Abhängigkeit statt zur Chance. Informatikkompetenz ist kein Nice-to-have mehr, sondern Grundlage für wirtschaftliche Resilienz. Sie entscheidet darüber, ob wir technologische Entwicklungen mitgestalten oder ihnen hinterherlaufen. Das gilt auch für den Bereich der Künstlichen Intelligenz. Wer KI nur konsumiert, bleibt abhängig – von den Infrastrukturen, Werten und wirtschaftlichen Interessen anderer. Wenn Europa bei der Entwicklung eigener KI-Systeme den Anschluss verliert, verlieren wir mehr als nur Marktanteile: Wir verlieren unsere digitale Selbstbestimmung. Fachkräftesicherung beginnt nicht erst an der Hochschule, sondern bereits in der Grundschule. Informatik muss flächendeckend als Pflichtfach und praxisnah unterrichtet werden – nicht nur, um Lücken am Arbeitsmarkt zu schließen, sondern um die nächste Generation zum aktiven Gestalten zu befähigen. Nur so entsteht ein Arbeitsmarkt, der auf Augenhöhe mit der Technologie agiert. >Wenn Europa bei der Entwicklung eigener KI-Systeme den Anschluss verliert, verlieren wir mehr als nur Marktanteile: Wir verlieren unsere digitale Selbstbestimmung. Deshalb hat die Gesellschaft für Informatik e. V. die Allianz für informatische Bildung ins Leben gerufen. Unser Ziel: den Informatikunterricht flächendeckend stärken, auch schon im Primarbereich. Denn wer heute nicht in digitale Bildung investiert, riskiert morgen, dass Innovation, Wertschöpfung und technologische Kontrolle dauerhaft in Übersee stattfinden. Europa braucht eigene Modelle, eigene Infrastrukturen und vor allem: eigene Menschen, die sie bauen können.