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28. Mär 2023

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Wirtschaft

Cem Özdemir für einen klimagerechten Konsum

Journalist: Armin Fuhrer

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Foto: BMEL/Presse

Cem Özdemir, Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft der Bundesrepublik Deutschland

Die Agrar- und Ernährungswende ist nicht von heute auf morgen umzusetzen. Der grüne Bundeslandwirtschaftsminister geht daher Schritt für Schritt voran.

Er wurde als Außen- und als Verkehrsminister gehandelt, doch schließlich bekam er nach der Bildung der neuen Ampelregierung den Posten des Landwirtschaftsministers. Erfahrung habe er auf diesem Gebiet keine, monierten sogleich seine Kritiker. Das gestand sich Özdemir selbst auch ein, aber das hinderte ihn nicht daran, sich sogleich nach der Amtsübernahme an ein großes Ziel zu machen: den Umbau der Landwirtschaft in Deutschland hin zu mehr Klimafreundlichkeit und Nachhaltigkeit. Da gibt es dicke Bretter zu bohren, denn von diesem Ziel müssen sowohl die Landwirtinnen und Landwirte als auch die Verbraucherinnen und Verbraucher überzeugt werden. Weil es um lang gepflegte gesellschaftliche Traditionen, wie den nahezu täglichen Konsum von Fleisch geht, funktioniert eine solche Wende nicht von heute auf morgen. Für die Bauernschaft aber geht es vor allem um eins: Geld.

Das weiß natürlich auch der grüne Minister und deshalb betont er immer wieder, dass den betroffenen Betrieben bei der Umstellung auf eine klimafreundliche und nachhaltige Produktionsweise finanziell unter die Arme gegriffen werden muss. Die Umstellung auf eine stärkere Beachtung des Tierwohls, gesunde Böden und sauberes Wasser sind nicht umsonst zu haben. Ohne Unterstützung bei dieser Agrarwende - weg von der umweltschädlichen Massentierhaltung - können die Betriebe diese Aufgabe aber nicht anpacken. Andernfalls besteht die Gefahr, dass in Zukunft immer mehr Bauernhöfe verschwinden und Deutschland bei seiner Versorgung zu abhängig von Importen wird. Und ebenso könnte die Landwirtschaft, die ohnedies mit einem Fachkräftemangel zu kämpfen hat, für potenzielle Nachfolgerinnen und Nachfolger immer unattraktiver werden. Schließlich ist die Lage angesichts internationaler Krisen und einer hohen Inflation schon angespannt genug.

Wenn es sich für Betriebe lohne, Tieren mehr Platz zu geben, Böden gesund und das Wasser sauber zu halten, könne die Transformation erfolgreich gestaltet werden.

So betont Özdemir zwar: „Ressourcen zu schädigen, kostet langfristig so viel mehr, als schonend mit ihnen umzugehen. “Aber er ist ebenso überzeugt  davon, „dass es auch finanziell ein Vorteil sein muss, nachhaltig zu wirtschaften.“ Wenn es sich für Betriebe lohne, Tieren mehr Platz zu geben, Böden gesund und das Wasser sauber zu halten, könne die Transformation erfolgreich gestaltet werden. Diese Ressourcen seien Grundlagen der Ernährung, und die Natur lasse sich nicht austricksen.

Als einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung wertet Özdemir die Genehmigung der deutschen Vorhaben im Zuge der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) vom vergangenen November durch die Europäische Union. Vorausgegangen war ein intensiver Diskussionsprozess, doch schließlich genehmigte die EU der Bundesregierung für eine Förderperiode bis 2027 die Freigabe von jährlich sechs Milliarden Euro für die Schaffung eines nachhaltigen und resilienten Agrar- und Landwirtschaftssystems. 

Zu Özdemirs Zielen gehört auch die Kennzeichnungspflicht für Lebensmittel. Wenn die Verbraucherinnen und Verbraucher auf der Verpackung nachlesen können, unter welchen Bedingungen das Tier gehalten wurde, würden mehr Menschen auf Produkte mit besserer Tierhaltung zurückgreifen, so die Hoffnung. Für die landwirtschaftlichen Produzenten lohne es sich dann mehr, auf bessere Bedingungen für die Tierhaltung zu setzen. „Wenn im Supermarkt-Flyer mit der Herkunft geworben wird, statt mit dem Sonderpreis, dann haben alle etwas davon“, so der Minister in einem Interview. Das sei auch eine Frage der Wertschätzung der Landwirte.

In einem ersten Schritt soll das Fleisch von Schweinen gekennzeichnet werden, anschließend soll zügig die Erweiterung auf andere Tierarten folgen. Nachdem sich die Kennzeichnungspflicht zunächst auf Lebensmitteleinzel- und -großhandel, Bedientheken, Fachgeschäfte und den Onlinehandel erstreckt, soll sie zügig auch auf die Gastronomie und verarbeitete Produkte erweitert werden. Wichtig sei ebenfalls, dass die Transortwege sichtbar gemacht werden, denn das bilde einen Baustein für einen klimagerechten Konsum.

Zuletzt hat Cem Özdemir auch mit seinem geplanten Verbot von Werbung für zuckerhaltige Süßigkeiten und andere Dickmacher, die sich direkt an Kinder wendet, Aufmerksamkeit erregt. Ein Plan, mit dem er erneut Zustimmung findet, aber auch auf Kritik stößt. Ohnehin gehen seine Maßnahmen zur Ernährungswende den Einen zu weit, den Anderen hingegen nicht weit genug.

In Deutschland geht der Konsum von Fleisch seit Jahren zurück. Im Jahr 2021 verzehrten Verbraucher rund 55 Kilogramm pro Kopf. Am häufigsten wird nach wie vor Schweinefleisch - mit einem Anteil von mehr als der Hälfte am Gesamtverbrauch - verzehrt. Seit 1991 ist der durchschnittliche Konsum allerdings um rund acht Kilogramm zurückgegangen.

4. Jul 2025

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Wirtschaft

Chancen für die Zukunft der Versorgung – mit Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus & Dr. Johannes Danckert

![Dr_Johannes_Danckert_Copyright_Kevin_Kuka_Vivantes_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Dr_Johannes_Danckert_Copyright_Kevin_Kuka_Vivantes_online_6e3b6d01f5.jpg) ``` Dr. Johannes Danckert, Vorsitzender der Geschäftsführung, Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH ``` **Dr. Johannes Danckert, Vorsitzender der Geschäftsführung, Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH** Digitalisierung kann die Patientenversorgung schneller, besser und sicherer machen. Immer öfter werden dabei auch die traditionellen Grenzen zwischen ambulanten und stationären Bereichen sowie einzelnen Versorgungseinrichtungen abgebaut. So kann die ‚Patient Journey‘, also der gesamte Behandlungsweg eines Patienten von Diagnose bis Nachsorge, zu einer vernetzten Gesundheitsregion verbunden werden. Trotz deutlicher digitaler Fortschritte haben deutsche Krankenhäuser allerdings weiterhin erheblichen Entwicklungsbedarf, bedingt vor allem durch kleinteilige Strukturen und unzureichende Finanzierung. Denn die Implementierung innovativer Lösungen setzt bereits einen hohen Digitalisierungsgrad voraus. Bei Vivantes wurden zentrale Prozesse wie die Patientenkurve, Medikation, Pflegeprozesssteuerung sowie Anforderungs- und Befundungsprozesse digitalisiert. Auch große Teile der Medizintechnik sind eingebunden. KI-gestützte Systeme helfen uns, Frakturen und Embolien schneller zu erkennen oder warnen vor Komplikationen wie Delir oder Nierenversagen. Künstliche Intelligenz unterstützt uns auch dabei, Patientendaten direkt aus dem Rettungswagen in das Klinik-Informationssystem (KIS) zu übertragen, sodass die Krankenakte bei Ankunft bereits angelegt ist. Eine von uns entwickelte, interoperable Datenplattform ermöglicht zudem den automatisierten Datenaustausch von inzwischen 15 Klinikträgern in der Region Berlin-Brandenburg. Damit entstehen telemedizinische Versorgungskonzepte weit über Berlin hinaus. ![prof.dr.dr.jurgendebus_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/prof_dr_dr_jurgendebus_online_d7f732ea04.jpg) ``` Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus, Vorstandsvorsitzender und Leitender Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Heidelberg ``` **Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus, Vorstandsvorsitzender und Leitender Ärztlicher Direktor Universitätsklinikum Heidelberg** Smarte Technologien und eine optimale Datennutzung verbessern den Klinikalltag und die Patientenversorgung. Das zukünftige Herzzentrum am Universitätsklinikum Heidelberg planen wir als Smart Hospital: Dort werden z. B. OPs gefilmt und das KI-System warnt automatisch bei Veränderungen des Patienten oder ungewöhnlichen Vorgängen. So werden Risiken früh erkannt und die Sicherheit erhöht. Dank verknüpfter Patientendaten und digitalem Terminmanagement läuft auch die Vorbereitung auf Eingriffe effizienter, da benötigte Ressourcen wie CT-Termine frühzeitig ersichtlich sind. Ein smartes Entlassmanagement stellt relevante Dokumente für den Patienten automatisch bereit und koordiniert Sozialdienst, Pflege und Medikamentenbedarf, sodass der Übergang in die weitere Versorgung optimal organisiert ist. In all diesen Algorithmen und Systemen steckt das gebündelte Wissen von Ärztinnen und Ärzten, Pflegepersonal und Forschenden. Die meisten KI-Anwendungen basieren auf maschinellen Lernmodellen, die mit Patientendaten trainiert werden, um Muster zu erkennen. Je größer der verfügbare Datensatz, desto exakter fallen Diagnosen und Prognosen aus – ein wichtiger Faktor angesichts des steigenden Versorgungsbedarfs bei gleichzeitig sinkender Zahl an Fachkräften. Smarte Technologien helfen, diese Lücke zu schließen und die Versorgung weiterhin auf hohem Niveau zu gewährleisten. Damit es nicht bei Insellösungen bleibt, treiben wir die übergreifende Datenintegration voran, ähnlich wie sie in der internationalen Forschung etabliert ist.