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7. Jun 2022

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Business

„Das Bedürfnis nach Wohneigentum hat sich verstärkt“

Journalist: Thomas Soltau

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Foto: Hernan Lucio/unsplash, Presse

Der Schweizer Immobilienmarkt ist in Bewegung. Martin Tschirren, Direktor Bundesamt für Wohnungswesen, über Zukunft, Förderung und Forschung.

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Martin Tschirren, Direktor Bundesamt für Wohnungswesen

Wo liegen die Probleme beim Erwerb eines Eigenheimes?

Der Zugang zu Wohneigentum ist in den letzten Jahren tatsächlich schwieriger geworden. So ging die Eigentumsquote seit 2015 von 38,4 Prozent auf 36,2 Prozent (2020) zurück. Die Nachfrage übersteigt das Angebot deutlich und die Preise für Wohneigentum sind in den letzten 15 Jahren um gut 80 Prozent gestiegen.

Die Negativzinsen haben viele Anleger dazu gebracht, mangels Alternativen in den Immobilienmarkt zu investieren. Auch werden mehr Miet- als Eigentumswohnungen gebaut, weil erstere eine stetige Rendite versprechen. Und die Pandemie scheint das Bedürfnis nach Sicherheit und den Wunsch nach Wohneigentum verstärkt zu haben.

Welche Lösungsansätze gibt es für diese Probleme?

Die Suche nach Lösungen ist anspruchsvoll. Diese sollten den Preisanstieg nicht weiter anheizen und gleichzeitig ressourcenschonend sein. Wenn zudem staatliche Fördergelder zur Diskussion stehen, sollten diese möglichst zielgenau denjenigen zugutekommen, die man unterstützen möchte.

Ist der Wunsch nach Wohneigentum abhängig vom Alter – und welche Gruppe interessiert sich intensiv für den Kauf?

Eine kürzlich durchgeführte Studie im Auftrag des BWO und weiteren Partnern hat dies durchaus bestätigt: 46 Prozent der in der Studie befragten Personen zwischen 30 und 49 Jahren sind derzeit aktiv auf der Suche nach einem Eigenheim. Bei den 18- bis 29-Jährigen sind es rund ein Viertel, wobei weitere 54 Prozent langfristig Wohneigentum erwerben wollen. Hingegen möchten drei Fünftel der 50- bis 69-jährigen Mietende bleiben. 

Welche Möglichkeiten finanzieller oder anderer Unterstützung des Staates gibt es?  

Ausgehend von Artikel 108 der Bundesverfassung, der eine Förderung des selbstbewohnten Wohneigentums vorsieht, richtete der Bund lange Direktdarlehen und Bürgschaften aus. Diese Unterstützung wurde eingestellt. Hingegen haben einzelne Kantone noch eigene Fördermodelle.

Einen Fördereffekt haben zudem auch steuerliche Massnahmen, sei es bei der Wohneigentumsbesteuerung oder dem Vorbezug von Geldern aus der 2. und 3. Säule für den Erwerb von Wohneigentum.

Wie beschäftigt sich das BWO mit dem Thema – etwa in der Forschung?

Mit seinem Forschungsprogramm will das BWO dazu beizutragen, neue Ansätze für den Zugang zu Wohneigentum zu fördern und bekannt zu machen.

Interessante Ansätze sind das Wohneigentum auf Zeit oder das kleine Wohneigentum. Beim ersten geht es darum, dass man Wohneigentum nur für eine bestimmte Lebensphase erwirbt, beim zweiten, dass sich das Eigentum nur auf die Wohnung an sich und nicht auf die übrigen Teile des Hauses beschränkt.

Im Moment läuft zudem ein Forschungsprojekt, das auslotet, wie Wohneigentum mit dem Gedanken der Gemeinnützigkeit verbunden werden kann.

Die Baufläche ist begrenzt. Wie könnte Eigentum in der Zukunft aussehen? 

Angesichts des Baulandbeschränkung dürfte wichtiger werden, dass man die benötigte Wohnfläche je nach Lebensphase flexibel anpassen kann. Dafür braucht es ein vielfältiges Wohnungsangebot in der Umgebung und vielleicht eine Wohnungsbörse, um den Wechsel in eine passende Wohnung zu erleichtern.