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14. Dez 2022

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Gesundheit

„Den Mehrwert der Digitalisierung nutzen“

Journalist: Armin Fuhrer

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Foto: Presse/bvitg

Digitale Daten und Künstliche Intelligenz haben im Gesundheits- und Pflegebereich viele Vorteile, erklärt bvitg-Geschäftsführerin Melanie Wendling.

Frau Wendling, welche Rolle spielt die Digitalisierung für die Zukunft des Gesundheitswesens?Sie muss eine wichtige Rolle spielen, denn sie bietet viel Benefit, und den sollte man unbedingt nutzen. Der große Vorteil für das Gesundheitswesen ist, dass die Patientinnen und Patienten besser behandelt werden können, wenn Daten digital vorliegen und dann natürlich auch ausgewertet und genutzt werden. Daten alleine bringen nichts, erst die Auswertung und Verknüpfung bringt den großen Mehrwert. Durch eine große Datenlage kommen wir zu einer besseren Versorgung, weil Ärzte Informationen ablesen können, die ihnen bisher unbekannt waren. Ich denke da zum Beispiel an den Medikationsplan, denn für Menschen, die mehrere Medikamente nehmen müssen, ist es ein großer Vorteil, wenn hinterlegt ist, welche Medikamente sie nehmen und zum Beispiel auch gleich die Wechselwirkungen geprüft werden können.

Wie kommen diese Möglichkeiten bei den Ärzten an?
Es braucht natürlich die Bereitschaft, diese verknüpften Daten zu nutzen und da mag es an der einen oder anderen Stelle noch etwas Nachholbedarf geben. Aber das Wissen der Welt verdoppelt sich inzwischen rasant, und aus dieser Masse und der Flut an Informationen die Quintessenz herauszuziehen, das kann nur eine Künstliche Intelligenz. Das ist eine wichtige Hilfe für die praktische Arbeit des Arztes.

Die andere Seite ist eine überbordende Bürokratie. Schafft Digitalisierung an dieser Stelle nicht auch Abhilfe?
Eine sehr große Abhilfe sogar. Die Grundvoraussetzung ist aber, dass man ein Mal ordentlich alles so aufgesetzt hat, dass man anschließend damit arbeiten kann. Der Mehrwert verpufft beispielsweise, wenn man mit zwei verschiedenen Systemen arbeitet. Und nicht zuletzt müssen alle, die mit den Daten arbeiten sollen – also von Ärzten und Ärztinnen bis zu Pflegern und Arzthelferinnen – ordentlich geschult werden. Sonst bringt es keinen Mehrwert, möglicherweise sogar im Gegenteil.

Ein Brennpunkt ist der Pflegenotstand. Sehen Sie speziell in diesem Bereich in der Digitalisierung ein Mittel, um Abhilfe für überlastete Pflegekräfte zu schaffen?
Es gibt nicht genug Pflegerinnen und Pfleger. Es gibt aber trotzdem bis heute immer noch die Sorge, dass durch Digitalisierung und Künstliche Intelligenz wie Robotik Arbeitsplätze verloren gehen und Menschen überflüssig werden. In Wahrheit ist das Gegenteil der Fall. Das gilt besonders für den Pflegebereich. Einfache Leistungen erbringen, wie ein Glas Wasser reichen, kann doch auch ein Roboter. Dem Menschen verschafft das die Zeit, sich den Patientinnen und Patienten wieder viel mehr persönlich zu widmen und das Gespräch zu suchen. Emotionalität kann nur ein Mensch geben, aber derzeit haben die Pflegekräfte kaum noch Zeit für so etwas, weil sie viele Aufgaben übernehmen müssen, die auch ein Roboter erledigen kann. Wir müssen genau hinsehen, wo Digitalisierung und Robotik einen Mehrwert bringen können und wo wir den Menschen brauchen. Wenn man sie geschickt einsetzt, hat man für Pflegekräfte und Patienten eine Win-Win-Situation. Das gilt auch für die Telemedizin.

Man benötigt allerdings für die Digitalisierung eine gute digitale Infrastruktur. Hat Deutschland an dieser Stelle noch Nachholbedarf?
Richtig, man benötigt die sogenannte letzte Meile. Und da sehe ich noch einiges an Nachholbedarf. In anderen Ländern wie den skandinavischen ist man da schon weiter. Wir müssen insgesamt noch stärker umdenken und die Möglichkeiten einer digitalisierten Medizin von Anfang mitdenken. In Deutschland denken wir noch immer vom Analogen aus und wollen das dann digitalisieren. Man müsste demgegenüber viel stärker vom Versorgungsaspekt denken und überlegen, was man in einer bestimmten Region benötigt und wie man es dort hinbekommt. Digitalisierung ist übrigens Teil der Infrastruktur und die ist Aufgabe des Staates. Deshalb ist er an dieser Stelle gefordert.

Wo ist der Staat sonst in der Pflicht?
Wir sind seit 20 Jahren dabei, im Gesundheitswesen eine Telematikinfrastruktur aufzubauen und eine sichere Vernetzung hinzubekommen – aber wir haben das bis heute nicht geschafft. Das hat unter anderem damit zu tun, dass zu viele Stakeholder mitsprechen und es in Deutschland keine klare Government-Struktur gibt. Keiner hat wirklich den Überblick. Hier ist eine Straffung nötig, es darf nur einen Verantwortlichen geben.

Und nicht zuletzt haben viele Deutsche Befürchtungen wegen des Datenschutzes.
Ja, und auch hier sehe ich den Staat in der Pflicht. Er muss viel besser kommunizieren. Wenn man seit 20 Jahren nur davon redet, dass unsere Daten nicht sicher sind, bekommt man auch in der Bevölkerung keine Zustimmung zur elektronischen Patientenakte. Unbestritten ist, dass der Datenschutz sehr wichtig ist, aber man muss den Menschen die Vorteile der elektronischen Patientenakte viel mehr erklären, dann werden auch sehr viele bereit sein, ihre Daten zu teilen. Der Fehler in Deutschland ist nicht zuletzt, dass wir immer gleich 120 Prozent machen wollen und uns nicht mit 100 oder vielleicht auch erst einmal mit 80 Prozent begnügen. Es muss ja nicht unbedingt sofort jeder mitmachen und man muss nicht gleich jeden erdenklichen Extremfall mitdenken. Weniger ist eben manchmal mehr – das müssen wir noch lernen.

24. Sep 2025

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Gesundheit

Bunt ist frauengesund – mit Dr. Silja Schäfer

![SiljaSchäfer_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Silja_Schaefer_online_b0806d2908.jpg) ```Dr. Silja Schäfer, Hausärztin und Ernährungsmedizinerin``` **Frau Schäfer, dass die Ernährung allgemein zum Großteil aus Obst, Gemüse und Ballaststoffen bestehen sollte, ist mittlerweile kein Geheimnis mehr. Wie jedoch können Frauen ihre Gesundheit besonders gut fördern?** Indem sie vor allem auf eine stimmige Basis achten. Wichtig ist eine ausgewogene, pflanzenorientierte Ernährungsweise mit wenig tierischen Anteilen, ebenso eine gute Tagesstruktur beim Essen. Das Motto sollte sein „Eat the rainbow“. Das bedeutet, dass wir Lebensmittel in allen Farben zu uns nehmen sollten. Wer das berücksichtigt, darf auch gern etwas zyklusorientiert essen und sich zum Beispiel während der Periode mal Schokolade oder ein Stück Kuchen gönnen, wenn das Bedürfnis da ist. **Wie stehen Sie zu Nahrungsergänzungsmitteln?** Supplemente sind da sinnvoll, wo sie benötigt werden. Bei jungen Frauen mit starker Blutung etwa ist es manchmal notwendig, Eisen zuzuführen. Wer die Pille nimmt oder auch viel Stress hat, zum Beispiel durch Kleinkinder im Haushalt, der hat oft ein einen verstärkten Bedarf an B-Vitaminen. Im Winter herrscht bei sehr vielen Frauen ein Vitamin-D-Mangel. Allerdings sollte man die Notwendigkeit für Zusatzvitamine zuerst einmal beim Hausarzt abklären und sie nicht einfach nach dem Gießkannenprinzip verteilen. Ein Zuviel an Nahrungsergänzungsmitteln kann auch schaden. Und auch hier gilt: Die allgemeine Ernährung muss ausgewogen sein. Wer drei Burger im Fast-Food-Restaurant isst und denkt, sich dann mit einer Multivitamintablette als Ausgleich etwas Gutes zu tun, liegt leider falsch. **Wie verändert sich die Ernährung in den Wechseljahren?** Die Wechseljahre bedeuten Umschwung. Die Muskulatur wird weniger, wenn man sie nicht trainiert, und der Grundumsatz sinkt. Diese Voraussetzungen führen bei vielen Frauen zu Übergewicht und ungesundem Bauchfett. Das ist oft der Beginn zukünftiger Krankheiten. Deshalb ist es wichtig, die Ernährung so einzustellen, dass man gar nicht erst ins Übergewicht kommt. Das klappt unter anderem durch regelmäßige, ausgewogene Mahlzeiten und auch mal mehrstündigen Essenspausen zwischendurch. >Wichtig ist eine ausgewogene, pflanzenorientierte Ernährungsweise mit wenig tierischen Anteilen, ebenso eine gute Tagesstruktur beim Essen. **Was können Frauen tun, wenn sie merken, dass in den 40ern die Hormone abfallen?** In den Wechseljahren nimmt erst das Progesteron, etwas später dann Östrogen, immer weiter ab. Frauen sollten jetzt darauf achten, genug Proteine zu sich zu nehmen, etwa aus Hülsenfrüchten wie Kichererbsen und Bohnen. Zucker stört den Hormonhaushalt zusätzlich und sollte so gut wie möglich gemieden werden. Wichtig ist auch: Der Mythos „Fett macht fett“ ist falsch. Gesunde Fette sind wichtig für uns Frauen. Olivenöl, Leinöl, Fisch und Algen sollten regelmäßig auf dem Speiseplan stehen und helfen ebenfalls, gut durch die Wechseljahre zu kommen. Wer vermehrt Probleme mit dem Hormonumschwung hat, kann fermentiertes Soja ausprobieren, am besten in Form von Misopaste oder Tempeh.