15. Mär 2023
|
Business
Journalist: Jakob Bratsch
|
Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa
Markus Jerger, Vorsitzender des Bundesverbandes Der Mittelstand. BVMW
Energiekrise, Fachkräftemangel, Rohstoffknappheit – noch nie waren die Herausforderungen für den deutschen Mittelstand so groß wie heute. Unsere Umfrage zum Jahresbeginn hat deutlich gemacht, wo die Unternehmen primären Handlungsbedarf der Politik sehen: In der Energiepolitik und bei der Lösung des Fachkräfteproblems. So mussten rund 80 Prozent der Mittelständler in den vergangenen zwölf Monaten teilweise drastisch gestiegene Energiekosten verkraften. Und mehr als 90 Prozent haben Schwierigkeiten, offene Positionen im Unternehmen zu besetzen. Der Personalnotstand zeigt sich mittlerweile in nahezu allen Branchen und Regionen. Gleichzeitig verschärft sich das Ungleichgewicht zwischen Erwerbstätigen und Rentnern immer weiter.
Wenn der Mittelstand auch in Zukunft erfolgreich sein will, muss er die notwendige Transformation zu einer nachhaltigen Wirtschaftsweise aktiv angehen. Dies bedeutet die langfristige Sicherung der Leistungsfähigkeit von Unternehmen unter Berücksichtigung der ökonomischen, sozialen und ökologischen Implikationen.
Zu sozialer Nachhaltigkeit gehört zum Beispiel, dass die Mitarbeitenden fair entlohnt werden oder flexible Arbeitszeitmodelle zur Verfügung stehen. Unternehmen müssen außerdem profitabel wirtschaften, um ihre Innovationsfähigkeit dauerhaft zu sichern. Ökonomische Nachhaltigkeit bedeutet auch, dass ressourcenschonend produziert wird. Das geht am besten über eine Transformation zu einer klimaneutralen Kreislaufwirtschaft.
Nachhaltiges Wirtschaften erfordert deshalb Strategien, die den Verbrauch von Primärrohstoffen drastisch senken. Damit dies gelingt, müssen wir unsere Art zu wirtschaften nicht weniger als einer Rundum-Erneuerung unterziehen. Um ökologisch nachhaltig zu sein, muss der Verbrauch sinken, die Nutzungsdauer von Produkten verlängert und Stoffkreisläufe müssen konsequent geschlossen werden –Ziel ist eine Kreislaufwirtschaft.
Auf die mittelständischen Unternehmen kommen also gewaltige neue Herausforderungen zu. Aber gerade die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass der deutsche Mittelstand, Deutschlands Wirtschafts- und Beschäftigungsmotor, sich in kurzer Zeit auf Veränderungen einstellen und seine Resilienz ausbauen konnte. Deshalb wird „Made in Germany“ auch weiterhin Erfolg haben. Umso mehr wünschen wir uns von der Bundesregierung, dass sie den Mittelstand in diesem Jahr ins Zentrum aller Entscheidungen rückt und so die großen Herausforderungen gemeinsam angegangen werden können.
Zur nachhaltigen Stärkung des Mittelstands braucht es aber auch förderliche Rahmenbedingungen für die Unternehmen. Durch bürokratische Hürden und eine verkrustete Innovationslandschaft hat der Standort Deutschland in den vergangenen Jahren erheblich an Attraktivität eingebüßt. Aktuelle Studien zeigen deutlich, dass wir auch in Sachen internationaler Wettbewerbsfähigkeit weiter an Boden verlieren. Grund genug also für die Politik, sich einer ambitionierten Mittelstandsagenda zu verschreiben und die Rahmenbedingungen deutlich zu verbessern. Das heißt im Klartext weniger Bürokratie und mehr Förderung innovativer Unternehmen.